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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771.

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II Th. Nervenk. 2 Kap. des äuß. sinnl. Eindr.
Einfluß habe, lehret die Erfahrung nicht nur in allen den
Fällen, wo die Gewohnheit die äußern Empfindungen durch
die Verminderung oder Vertilgung des äußern sinnlichen
Eindrucks und durch die Hemmung seines Fortgangs im
Nerven hindert, §. 51. N. 1 -- 4. da eben dieses
schon hinreichend ist, auch die Nervenwirkungen des äu-
ßern sinnlichen Eindrucks aufzuheben, §. 430. N. 1 -- 3.
sondern auch in allen Fällen, wo der äußere sinnliche Ein-
druck nicht empfunden wird. So ist es z. E. mit den äu-
ßern sinnlichen Eindrücken, welche Speisen, Getränke,
Arzneyen, Gifte etc. im Magen und in den Gedärmen er-
regen, und wovon die wenigsten empfunden werden. §. 48.
Die Bewegungen, welche auf ihren Genuß entstehen, ehe
man ihrer gewohnt ist, sind gemeiniglich Nervenwirkun-
gen vom äußern sinnlichen Eindrucke, und bleiben es, un-
geachtet sie auch zugleich empfunden werden. §. 364. N. 2.
Diese Bewegungen hören aber durch die Gewohnheit oft
auf. Speisen und Getränke, die anfänglich die Fäserchen
zum Zusammenziehen reizen, thun es, durch die Gewohn-
heit, nicht mehr. Arzneyen und Gifte, die Magenkrampf,
oder Erbrechen, oder Durchlauf verursachen, werden durch
die Gewohnheit in ihrer Wirkung geschwächet, und wirken
dieß zuletzt auch nicht mehr.

§. 432.

Die Körper der Thiere, deren von Nerven durchdrun-
gene Theile überhaupt in Vergleichung mit den Körpern
andrer Thiere ein sehr lebhaftes äußeres Gefühl haben,
(§. 417.) nennet man reizbare Körper, (Thiere,) die
gegentheiligen aber, träge, unreizbare. Die Empfind-
lichkeit kann mit der Reizbarkeit, und die Unempfindlich-
keit mit der Unreizbarkeit bestehen. Doch kann man nicht
von der Reizbarkeit auf die Empfindlichkeit, am wenigsten
bey einzelnen Theilen thierischer Körper, schließen: denn
ein sehr reizbarer Theil, z. E. das Herz, oder der Magen.
kann weniger Empfindlichkeit haben, als andre, z. E. die

Zunge,

II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr.
Einfluß habe, lehret die Erfahrung nicht nur in allen den
Faͤllen, wo die Gewohnheit die aͤußern Empfindungen durch
die Verminderung oder Vertilgung des aͤußern ſinnlichen
Eindrucks und durch die Hemmung ſeines Fortgangs im
Nerven hindert, §. 51. N. 1 — 4. da eben dieſes
ſchon hinreichend iſt, auch die Nervenwirkungen des aͤu-
ßern ſinnlichen Eindrucks aufzuheben, §. 430. N. 1 — 3.
ſondern auch in allen Faͤllen, wo der aͤußere ſinnliche Ein-
druck nicht empfunden wird. So iſt es z. E. mit den aͤu-
ßern ſinnlichen Eindruͤcken, welche Speiſen, Getraͤnke,
Arzneyen, Gifte ꝛc. im Magen und in den Gedaͤrmen er-
regen, und wovon die wenigſten empfunden werden. §. 48.
Die Bewegungen, welche auf ihren Genuß entſtehen, ehe
man ihrer gewohnt iſt, ſind gemeiniglich Nervenwirkun-
gen vom aͤußern ſinnlichen Eindrucke, und bleiben es, un-
geachtet ſie auch zugleich empfunden werden. §. 364. N. 2.
Dieſe Bewegungen hoͤren aber durch die Gewohnheit oft
auf. Speiſen und Getraͤnke, die anfaͤnglich die Faͤſerchen
zum Zuſammenziehen reizen, thun es, durch die Gewohn-
heit, nicht mehr. Arzneyen und Gifte, die Magenkrampf,
oder Erbrechen, oder Durchlauf verurſachen, werden durch
die Gewohnheit in ihrer Wirkung geſchwaͤchet, und wirken
dieß zuletzt auch nicht mehr.

§. 432.

Die Koͤrper der Thiere, deren von Nerven durchdrun-
gene Theile uͤberhaupt in Vergleichung mit den Koͤrpern
andrer Thiere ein ſehr lebhaftes aͤußeres Gefuͤhl haben,
(§. 417.) nennet man reizbare Koͤrper, (Thiere,) die
gegentheiligen aber, traͤge, unreizbare. Die Empfind-
lichkeit kann mit der Reizbarkeit, und die Unempfindlich-
keit mit der Unreizbarkeit beſtehen. Doch kann man nicht
von der Reizbarkeit auf die Empfindlichkeit, am wenigſten
bey einzelnen Theilen thieriſcher Koͤrper, ſchließen: denn
ein ſehr reizbarer Theil, z. E. das Herz, oder der Magen.
kann weniger Empfindlichkeit haben, als andre, z. E. die

Zunge,
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[434/0458] II Th. Nervenk. 2 Kap. des aͤuß. ſinnl. Eindr. Einfluß habe, lehret die Erfahrung nicht nur in allen den Faͤllen, wo die Gewohnheit die aͤußern Empfindungen durch die Verminderung oder Vertilgung des aͤußern ſinnlichen Eindrucks und durch die Hemmung ſeines Fortgangs im Nerven hindert, §. 51. N. 1 — 4. da eben dieſes ſchon hinreichend iſt, auch die Nervenwirkungen des aͤu- ßern ſinnlichen Eindrucks aufzuheben, §. 430. N. 1 — 3. ſondern auch in allen Faͤllen, wo der aͤußere ſinnliche Ein- druck nicht empfunden wird. So iſt es z. E. mit den aͤu- ßern ſinnlichen Eindruͤcken, welche Speiſen, Getraͤnke, Arzneyen, Gifte ꝛc. im Magen und in den Gedaͤrmen er- regen, und wovon die wenigſten empfunden werden. §. 48. Die Bewegungen, welche auf ihren Genuß entſtehen, ehe man ihrer gewohnt iſt, ſind gemeiniglich Nervenwirkun- gen vom aͤußern ſinnlichen Eindrucke, und bleiben es, un- geachtet ſie auch zugleich empfunden werden. §. 364. N. 2. Dieſe Bewegungen hoͤren aber durch die Gewohnheit oft auf. Speiſen und Getraͤnke, die anfaͤnglich die Faͤſerchen zum Zuſammenziehen reizen, thun es, durch die Gewohn- heit, nicht mehr. Arzneyen und Gifte, die Magenkrampf, oder Erbrechen, oder Durchlauf verurſachen, werden durch die Gewohnheit in ihrer Wirkung geſchwaͤchet, und wirken dieß zuletzt auch nicht mehr. §. 432. Die Koͤrper der Thiere, deren von Nerven durchdrun- gene Theile uͤberhaupt in Vergleichung mit den Koͤrpern andrer Thiere ein ſehr lebhaftes aͤußeres Gefuͤhl haben, (§. 417.) nennet man reizbare Koͤrper, (Thiere,) die gegentheiligen aber, traͤge, unreizbare. Die Empfind- lichkeit kann mit der Reizbarkeit, und die Unempfindlich- keit mit der Unreizbarkeit beſtehen. Doch kann man nicht von der Reizbarkeit auf die Empfindlichkeit, am wenigſten bey einzelnen Theilen thieriſcher Koͤrper, ſchließen: denn ein ſehr reizbarer Theil, z. E. das Herz, oder der Magen. kann weniger Empfindlichkeit haben, als andre, z. E. die Zunge,

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Zitationshilfe: Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/458>, abgerufen am 21.11.2024.