renden Nerven, daß man einen besondern Geruch oder Geschmack zu empfinden glaubet, der nicht vorhanden und auch von keiner Vorstellung veranlasset worden ist.
§. 378.
Es ist oben §. 150. angemerket worden, daß zuwei- len wahre äußere Empfindungen für unächte angesehen wer- den können, wenn wirklich ein äußerer sinnlicher Eindruck in die Empfindungsnerven, aber von einem Gegenstande gemachet wird, der sich innerhalb den Gliedmaßen der äu- ßern Sinne befindet; z. E. wenn man von einer Entzün- dung des Auges, oder von verschlossener Luft im Ohre, Er- scheinungen sieht oder höret, die doch nicht so wahr sind, wie man sie sich vorstellet. Man könnte dieß unächte äu- ßere Empfindungen aus einem irrigen Urtheile, die vorigen, §. 377. solche, aus innern sinnlichen Ein- drücken ohne Vorstellungen, und die §. 148. solche, von innern sinnlichen Eindrücken der Vorstellungen nennen. Blos aus Unachtsamkeit könnte man verleitet werden, die ersten mit den zweyten für einerley zu halten, und hieraus zu schließen, daß die von innern sinnlichen Eindrücken ohne Vorstellungen, §. 377. allerdings, wie die ersten, §. 150. von Vorstellungen kämen, und innere sinnliche Eindrücke der wahren äußern Empfindungen wä- ren, welche ein Gegenstand im Auge oder Ohre hervorge- bracht hätte: denn in den §. 377. angeführten Fällen ist in den Gliedmaßen der Sinne nichts, das einen äußern sinnlichen Eindruck machen könnte, sondern der Eindruck geschieht entweder im Gehirne selbst, oder tief im Marke des Nervenstammes. Von jeder Anhäufung des Bluts, auch wenn man nur das Athemholen verspätet, können diese Erscheinungen entstehen.
Anmerkung. Beyläufig verdienet hier eine Folge- rung angemerket zu werden, die in der Pathologie ihren Nutzen hat. Da nämlich diese Erscheinungen von drey verschiedenen Ursachen, und zwar desto leichter und leb-
hafter
II Th. Nervenkraͤfte.
renden Nerven, daß man einen beſondern Geruch oder Geſchmack zu empfinden glaubet, der nicht vorhanden und auch von keiner Vorſtellung veranlaſſet worden iſt.
§. 378.
Es iſt oben §. 150. angemerket worden, daß zuwei- len wahre aͤußere Empfindungen fuͤr unaͤchte angeſehen wer- den koͤnnen, wenn wirklich ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck in die Empfindungsnerven, aber von einem Gegenſtande gemachet wird, der ſich innerhalb den Gliedmaßen der aͤu- ßern Sinne befindet; z. E. wenn man von einer Entzuͤn- dung des Auges, oder von verſchloſſener Luft im Ohre, Er- ſcheinungen ſieht oder hoͤret, die doch nicht ſo wahr ſind, wie man ſie ſich vorſtellet. Man koͤnnte dieß unaͤchte aͤu- ßere Empfindungen aus einem irrigen Urtheile, die vorigen, §. 377. ſolche, aus innern ſinnlichen Ein- druͤcken ohne Vorſtellungen, und die §. 148. ſolche, von innern ſinnlichen Eindruͤcken der Vorſtellungen nennen. Blos aus Unachtſamkeit koͤnnte man verleitet werden, die erſten mit den zweyten fuͤr einerley zu halten, und hieraus zu ſchließen, daß die von innern ſinnlichen Eindruͤcken ohne Vorſtellungen, §. 377. allerdings, wie die erſten, §. 150. von Vorſtellungen kaͤmen, und innere ſinnliche Eindruͤcke der wahren aͤußern Empfindungen waͤ- ren, welche ein Gegenſtand im Auge oder Ohre hervorge- bracht haͤtte: denn in den §. 377. angefuͤhrten Faͤllen iſt in den Gliedmaßen der Sinne nichts, das einen aͤußern ſinnlichen Eindruck machen koͤnnte, ſondern der Eindruck geſchieht entweder im Gehirne ſelbſt, oder tief im Marke des Nervenſtammes. Von jeder Anhaͤufung des Bluts, auch wenn man nur das Athemholen verſpaͤtet, koͤnnen dieſe Erſcheinungen entſtehen.
Anmerkung. Beylaͤufig verdienet hier eine Folge- rung angemerket zu werden, die in der Pathologie ihren Nutzen hat. Da naͤmlich dieſe Erſcheinungen von drey verſchiedenen Urſachen, und zwar deſto leichter und leb-
hafter
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II Th. Nervenkraͤfte.
renden Nerven, daß man einen beſondern Geruch oder
Geſchmack zu empfinden glaubet, der nicht vorhanden und
auch von keiner Vorſtellung veranlaſſet worden iſt.
§. 378.
Es iſt oben §. 150. angemerket worden, daß zuwei-
len wahre aͤußere Empfindungen fuͤr unaͤchte angeſehen wer-
den koͤnnen, wenn wirklich ein aͤußerer ſinnlicher Eindruck
in die Empfindungsnerven, aber von einem Gegenſtande
gemachet wird, der ſich innerhalb den Gliedmaßen der aͤu-
ßern Sinne befindet; z. E. wenn man von einer Entzuͤn-
dung des Auges, oder von verſchloſſener Luft im Ohre, Er-
ſcheinungen ſieht oder hoͤret, die doch nicht ſo wahr ſind,
wie man ſie ſich vorſtellet. Man koͤnnte dieß unaͤchte aͤu-
ßere Empfindungen aus einem irrigen Urtheile, die
vorigen, §. 377. ſolche, aus innern ſinnlichen Ein-
druͤcken ohne Vorſtellungen, und die §. 148. ſolche,
von innern ſinnlichen Eindruͤcken der Vorſtellungen
nennen. Blos aus Unachtſamkeit koͤnnte man verleitet
werden, die erſten mit den zweyten fuͤr einerley zu halten,
und hieraus zu ſchließen, daß die von innern ſinnlichen
Eindruͤcken ohne Vorſtellungen, §. 377. allerdings, wie
die erſten, §. 150. von Vorſtellungen kaͤmen, und innere
ſinnliche Eindruͤcke der wahren aͤußern Empfindungen waͤ-
ren, welche ein Gegenſtand im Auge oder Ohre hervorge-
bracht haͤtte: denn in den §. 377. angefuͤhrten Faͤllen iſt
in den Gliedmaßen der Sinne nichts, das einen aͤußern
ſinnlichen Eindruck machen koͤnnte, ſondern der Eindruck
geſchieht entweder im Gehirne ſelbſt, oder tief im Marke
des Nervenſtammes. Von jeder Anhaͤufung des Bluts,
auch wenn man nur das Athemholen verſpaͤtet, koͤnnen
dieſe Erſcheinungen entſtehen.
Anmerkung. Beylaͤufig verdienet hier eine Folge-
rung angemerket zu werden, die in der Pathologie ihren
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/400>, abgerufen am 23.11.2024.
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