5. Die Hervorbringung der vollständigen Empfin- dung, oder der Befriedigung des Triebes, §. 275. wenn er erfüllet wird, wozu in den eigentlichen Trieben ein äu- ßerer sinnlicher Eindruck in die Nerven erfodert wird, der seine Wirkungen für sich äußern kann. §. 275.
Weil die Seele die meisten Triebe nicht eigenmächtig befriedigen kann, sondern dazu einen äußern sinnlichen Ein- druck erwarten muß, welcher unmöglich stets sogleich er- folgen kann; §. 276. N. 1. so erhellet hieraus der Grund, warum die Triebe, und überhaupt alle übrige sinnliche Be- gierden und Verabscheuungen, zu deren Befriedigung ein äußerlicher sinnlicher Eindruck gehöret, oft ein so langes und vergebliches Bestreben der Seele, und eine so beharr- liche Anstrengung der thierischen Seelenkräfte erfodern, da- hingegen andre, z. E. die zur willkührlichen Bewegung, (S. §. 283.) und die Begierden und Verabscheuungen des Willens, weit geruhiger, und dem Anscheine nach fast oh- ne alle Anstrengung der Vorstellungs- und Bewegungs- kräfte, zur Befriedigung gelangen, (indem man z. E. ein Glied freywillig bewegen kann, so bald man nur will,) in so fern die befriedigende Empfindung derselben keine äuße- re Empfindung, sondern eine eigenmächtige Vorstellung der Seele ist, zu deren vollständiger Hervorbringung kein äußerlicher sinnlicher Eindruck in die Nerven erwartet wer- den darf. (Vergl. §. 336.)
§. 278.
Nach dieser allgemeinen Betrachtung der sinnlichen Triebe haben wir nun auch die verschiedenen Arten dersel- ben insbesondre zu betrachten, um zu erforschen, in wel- chen mechanischen Maschinen jede Art Seelenwirkungen äu- ßere, was für welche dieß seyn, nach welchen Gesetzen sie erfolgen, und was für hauptsächliche Folgen sie in der thie- rischen Oeconomie, vermöge des Zusammenhangs der phy- sischen, mechanischen und thierischen Kräfte der Theile, in die sie wirken, haben. Da aber eine jede dieser Arten sinn-
licher
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
5. Die Hervorbringung der vollſtaͤndigen Empfin- dung, oder der Befriedigung des Triebes, §. 275. wenn er erfuͤllet wird, wozu in den eigentlichen Trieben ein aͤu- ßerer ſinnlicher Eindruck in die Nerven erfodert wird, der ſeine Wirkungen fuͤr ſich aͤußern kann. §. 275.
Weil die Seele die meiſten Triebe nicht eigenmaͤchtig befriedigen kann, ſondern dazu einen aͤußern ſinnlichen Ein- druck erwarten muß, welcher unmoͤglich ſtets ſogleich er- folgen kann; §. 276. N. 1. ſo erhellet hieraus der Grund, warum die Triebe, und uͤberhaupt alle uͤbrige ſinnliche Be- gierden und Verabſcheuungen, zu deren Befriedigung ein aͤußerlicher ſinnlicher Eindruck gehoͤret, oft ein ſo langes und vergebliches Beſtreben der Seele, und eine ſo beharr- liche Anſtrengung der thieriſchen Seelenkraͤfte erfodern, da- hingegen andre, z. E. die zur willkuͤhrlichen Bewegung, (S. §. 283.) und die Begierden und Verabſcheuungen des Willens, weit geruhiger, und dem Anſcheine nach faſt oh- ne alle Anſtrengung der Vorſtellungs- und Bewegungs- kraͤfte, zur Befriedigung gelangen, (indem man z. E. ein Glied freywillig bewegen kann, ſo bald man nur will,) in ſo fern die befriedigende Empfindung derſelben keine aͤuße- re Empfindung, ſondern eine eigenmaͤchtige Vorſtellung der Seele iſt, zu deren vollſtaͤndiger Hervorbringung kein aͤußerlicher ſinnlicher Eindruck in die Nerven erwartet wer- den darf. (Vergl. §. 336.)
§. 278.
Nach dieſer allgemeinen Betrachtung der ſinnlichen Triebe haben wir nun auch die verſchiedenen Arten derſel- ben insbeſondre zu betrachten, um zu erforſchen, in wel- chen mechaniſchen Maſchinen jede Art Seelenwirkungen aͤu- ßere, was fuͤr welche dieß ſeyn, nach welchen Geſetzen ſie erfolgen, und was fuͤr hauptſaͤchliche Folgen ſie in der thie- riſchen Oeconomie, vermoͤge des Zuſammenhangs der phy- ſiſchen, mechaniſchen und thieriſchen Kraͤfte der Theile, in die ſie wirken, haben. Da aber eine jede dieſer Arten ſinn-
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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
5. Die Hervorbringung der vollſtaͤndigen Empfin-
dung, oder der Befriedigung des Triebes, §. 275. wenn
er erfuͤllet wird, wozu in den eigentlichen Trieben ein aͤu-
ßerer ſinnlicher Eindruck in die Nerven erfodert wird, der
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Weil die Seele die meiſten Triebe nicht eigenmaͤchtig
befriedigen kann, ſondern dazu einen aͤußern ſinnlichen Ein-
druck erwarten muß, welcher unmoͤglich ſtets ſogleich er-
folgen kann; §. 276. N. 1. ſo erhellet hieraus der Grund,
warum die Triebe, und uͤberhaupt alle uͤbrige ſinnliche Be-
gierden und Verabſcheuungen, zu deren Befriedigung ein
aͤußerlicher ſinnlicher Eindruck gehoͤret, oft ein ſo langes
und vergebliches Beſtreben der Seele, und eine ſo beharr-
liche Anſtrengung der thieriſchen Seelenkraͤfte erfodern, da-
hingegen andre, z. E. die zur willkuͤhrlichen Bewegung,
(S. §. 283.) und die Begierden und Verabſcheuungen des
Willens, weit geruhiger, und dem Anſcheine nach faſt oh-
ne alle Anſtrengung der Vorſtellungs- und Bewegungs-
kraͤfte, zur Befriedigung gelangen, (indem man z. E. ein
Glied freywillig bewegen kann, ſo bald man nur will,) in
ſo fern die befriedigende Empfindung derſelben keine aͤuße-
re Empfindung, ſondern eine eigenmaͤchtige Vorſtellung
der Seele iſt, zu deren vollſtaͤndiger Hervorbringung kein
aͤußerlicher ſinnlicher Eindruck in die Nerven erwartet wer-
den darf. (Vergl. §. 336.)
§. 278.
Nach dieſer allgemeinen Betrachtung der ſinnlichen
Triebe haben wir nun auch die verſchiedenen Arten derſel-
ben insbeſondre zu betrachten, um zu erforſchen, in wel-
chen mechaniſchen Maſchinen jede Art Seelenwirkungen aͤu-
ßere, was fuͤr welche dieß ſeyn, nach welchen Geſetzen ſie
erfolgen, und was fuͤr hauptſaͤchliche Folgen ſie in der thie-
riſchen Oeconomie, vermoͤge des Zuſammenhangs der phy-
ſiſchen, mechaniſchen und thieriſchen Kraͤfte der Theile, in
die ſie wirken, haben. Da aber eine jede dieſer Arten ſinn-
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/286>, abgerufen am 21.12.2024.
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