wir selbst durch Einmischung unsrer eigenmächtigen Vor- stellungen die Absichten der Natur bey unsern Trieben hin- dern und ihre Wirkungen verderben, solches erhellet aus der großen Unzuverläßigkeit derselben bey den Menschen überhaupt, und aus ihrer viel größern Zuverlässigkeit bey allen Thieren, die ihnen ohne Künsteley, blind folgen, ins- besondre aber in Krankheiten, wo wir so oft für einen Trieb der Natur halten, was nur eine Folge eigenmächtiger Be- gierden ist, und in den Ausschweifungen der Wollüste, zu welchen wir uns eigenmächtig reizen, da solches die Thiere nicht thun.
§. 268.
Wenn die von der Natur vorbestimmten Veranlassun- gen der thierischen Triebe ihres Zwecks nicht verfehlen sol- len, so müssen sie diejenige Lust oder Unlust verursachen, welche eine gewisse vorhergesehene künftige angenehme oder unangenehme Empfindung hervorbringen wird. §. 94. 262. Diese sinnlichen Triebfedern bringen das Bestreben hervor, welches der Trieb selbst ist, §. 80. 83. dessen Be- friedigung die Natur hernach auch durch vorbereitete Bey- hülfe vermittelt. §. 263. Jn dieser Entwickelung unter- scheiden sich aufs deutlichste die natürlichen Veranlassungen der Triebe von ihren sinnlichen Reizungen, diese, von ih- nen selbst, und diese von ihrer Befriedigung. So finden wir nun auch den ganzen Ablauf der Triebe wirklich in der Natur, und eben so folgen die Seelenwirkungen derselben in den mechanischen Maschinen auf einander. Um die Thiere anzuhalten, an ihre Ernährung zu denken, entle- diget sich in gesetzten Zeiten der Magen von allen empfan- genen Speisen, und von dieser Entledigung entsteht im Magen eine unangenehme äußere Empfindung, die man Uebligkeit, Nüchternheit nennt. Diese ist die sinnliche Reizung des Triebes des Hungers, die der Seele, durch die Entledigung des Magens, natürlich nothwendiger Wei- se, ja selbst wider ihr Belieben, beygebracht wird. §. 27.
Diese
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
wir ſelbſt durch Einmiſchung unſrer eigenmaͤchtigen Vor- ſtellungen die Abſichten der Natur bey unſern Trieben hin- dern und ihre Wirkungen verderben, ſolches erhellet aus der großen Unzuverlaͤßigkeit derſelben bey den Menſchen uͤberhaupt, und aus ihrer viel groͤßern Zuverlaͤſſigkeit bey allen Thieren, die ihnen ohne Kuͤnſteley, blind folgen, ins- beſondre aber in Krankheiten, wo wir ſo oft fuͤr einen Trieb der Natur halten, was nur eine Folge eigenmaͤchtiger Be- gierden iſt, und in den Ausſchweifungen der Wolluͤſte, zu welchen wir uns eigenmaͤchtig reizen, da ſolches die Thiere nicht thun.
§. 268.
Wenn die von der Natur vorbeſtimmten Veranlaſſun- gen der thieriſchen Triebe ihres Zwecks nicht verfehlen ſol- len, ſo muͤſſen ſie diejenige Luſt oder Unluſt verurſachen, welche eine gewiſſe vorhergeſehene kuͤnftige angenehme oder unangenehme Empfindung hervorbringen wird. §. 94. 262. Dieſe ſinnlichen Triebfedern bringen das Beſtreben hervor, welches der Trieb ſelbſt iſt, §. 80. 83. deſſen Be- friedigung die Natur hernach auch durch vorbereitete Bey- huͤlfe vermittelt. §. 263. Jn dieſer Entwickelung unter- ſcheiden ſich aufs deutlichſte die natuͤrlichen Veranlaſſungen der Triebe von ihren ſinnlichen Reizungen, dieſe, von ih- nen ſelbſt, und dieſe von ihrer Befriedigung. So finden wir nun auch den ganzen Ablauf der Triebe wirklich in der Natur, und eben ſo folgen die Seelenwirkungen derſelben in den mechaniſchen Maſchinen auf einander. Um die Thiere anzuhalten, an ihre Ernaͤhrung zu denken, entle- diget ſich in geſetzten Zeiten der Magen von allen empfan- genen Speiſen, und von dieſer Entledigung entſteht im Magen eine unangenehme aͤußere Empfindung, die man Uebligkeit, Nuͤchternheit nennt. Dieſe iſt die ſinnliche Reizung des Triebes des Hungers, die der Seele, durch die Entledigung des Magens, natuͤrlich nothwendiger Wei- ſe, ja ſelbſt wider ihr Belieben, beygebracht wird. §. 27.
Dieſe
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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
wir ſelbſt durch Einmiſchung unſrer eigenmaͤchtigen Vor-
ſtellungen die Abſichten der Natur bey unſern Trieben hin-
dern und ihre Wirkungen verderben, ſolches erhellet aus
der großen Unzuverlaͤßigkeit derſelben bey den Menſchen
uͤberhaupt, und aus ihrer viel groͤßern Zuverlaͤſſigkeit bey
allen Thieren, die ihnen ohne Kuͤnſteley, blind folgen, ins-
beſondre aber in Krankheiten, wo wir ſo oft fuͤr einen Trieb
der Natur halten, was nur eine Folge eigenmaͤchtiger Be-
gierden iſt, und in den Ausſchweifungen der Wolluͤſte, zu
welchen wir uns eigenmaͤchtig reizen, da ſolches die Thiere
nicht thun.
§. 268.
Wenn die von der Natur vorbeſtimmten Veranlaſſun-
gen der thieriſchen Triebe ihres Zwecks nicht verfehlen ſol-
len, ſo muͤſſen ſie diejenige Luſt oder Unluſt verurſachen,
welche eine gewiſſe vorhergeſehene kuͤnftige angenehme oder
unangenehme Empfindung hervorbringen wird. §. 94.
262. Dieſe ſinnlichen Triebfedern bringen das Beſtreben
hervor, welches der Trieb ſelbſt iſt, §. 80. 83. deſſen Be-
friedigung die Natur hernach auch durch vorbereitete Bey-
huͤlfe vermittelt. §. 263. Jn dieſer Entwickelung unter-
ſcheiden ſich aufs deutlichſte die natuͤrlichen Veranlaſſungen
der Triebe von ihren ſinnlichen Reizungen, dieſe, von ih-
nen ſelbſt, und dieſe von ihrer Befriedigung. So finden
wir nun auch den ganzen Ablauf der Triebe wirklich in der
Natur, und eben ſo folgen die Seelenwirkungen derſelben
in den mechaniſchen Maſchinen auf einander. Um die
Thiere anzuhalten, an ihre Ernaͤhrung zu denken, entle-
diget ſich in geſetzten Zeiten der Magen von allen empfan-
genen Speiſen, und von dieſer Entledigung entſteht im
Magen eine unangenehme aͤußere Empfindung, die man
Uebligkeit, Nuͤchternheit nennt. Dieſe iſt die ſinnliche
Reizung des Triebes des Hungers, die der Seele, durch
die Entledigung des Magens, natuͤrlich nothwendiger Wei-
ſe, ja ſelbſt wider ihr Belieben, beygebracht wird. §. 27.
Dieſe
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/272>, abgerufen am 21.11.2024.
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