de Nervis. §. 44. S. 44. und werden durch sie keineswe- ges bewerkstelliget. "Tragen die Schlagadern etwas zu "der Bewegung der Muskeln bey? Folget dieses aus dem "Beweise der Lähmung der untern Gliedmaßen, die auf "das Unterbinden der großen Schlagader folget? Weiter "folget nichts, als daß die Schlagadern den vollkommenen "Zustand des Muskels, und das richtige Verhältniß der "Theile gegen einander erhalten, die Feuchtigkeit und den "Dunst absondern, und ernähren. Denn wenn schon eine "Schlagader zugebunden oder abgeschnitten wird, so wird "der Muskel erst lange hernach gelähmet, wenn der Brand "die Muskeln zerstöret. Eine gereizte Schlagader ändert "nichts in dem Muskel. Es kann auch die Bewegung "besonderer Muskeln aus keiner Ursache hergeleitet werden, "die aus dem Herzen kömmt, und mit gleicher Kraft in "dem ganzen Körper wirket. Endlich besitzt auch der Wil- "le eine Herrschaft über die Nerven, nicht aber über die "Schlagadern, noch auf die festen Theile des Körpers." H. P. §. 406.
§. 162.
Diese Wirkung der Nerven in die Muskeln läßt sich aus keinen mechanischen Bewegungsgesetzen erklären. "Der "höchst einfache Bau der Muskeln macher es schwer zu be- "greifen, wie diese weichen und kleinen Fasern so heftige "Bewegungen, sowohl in dem Menschen, als insonderheit "in den mit Schaalen bedeckten Jnsekten, mit so großer "Gewalt hervorbringen können. H. P. §. 394. Es erhel- "let aus allen Berechnungen, daß die Kraft, die in der "Bewegung der Muskeln angewandt wird, ungemein groß "sey, und aus keinen mechanischen Kräften erkläret werden "könne. -- Die Ursache der thierischen Bewegung muß "unsäglich seyn, da ihre Kraft in einem so kleinen Werk- "zeuge etlichen tausend Pfunden gleich ist, und lange, ja "sogar ganze Tage hinter einander wirken kann: sie scheint "auch nicht anders erkläret werden zu können, als durch die
unglaub-
I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
de Nervis. §. 44. S. 44. und werden durch ſie keineswe- ges bewerkſtelliget. „Tragen die Schlagadern etwas zu „der Bewegung der Muskeln bey? Folget dieſes aus dem „Beweiſe der Laͤhmung der untern Gliedmaßen, die auf „das Unterbinden der großen Schlagader folget? Weiter „folget nichts, als daß die Schlagadern den vollkommenen „Zuſtand des Muskels, und das richtige Verhaͤltniß der „Theile gegen einander erhalten, die Feuchtigkeit und den „Dunſt abſondern, und ernaͤhren. Denn wenn ſchon eine „Schlagader zugebunden oder abgeſchnitten wird, ſo wird „der Muskel erſt lange hernach gelaͤhmet, wenn der Brand „die Muskeln zerſtoͤret. Eine gereizte Schlagader aͤndert „nichts in dem Muskel. Es kann auch die Bewegung „beſonderer Muskeln aus keiner Urſache hergeleitet werden, „die aus dem Herzen koͤmmt, und mit gleicher Kraft in „dem ganzen Koͤrper wirket. Endlich beſitzt auch der Wil- „le eine Herrſchaft uͤber die Nerven, nicht aber uͤber die „Schlagadern, noch auf die feſten Theile des Koͤrpers.“ H. P. §. 406.
§. 162.
Dieſe Wirkung der Nerven in die Muskeln laͤßt ſich aus keinen mechaniſchen Bewegungsgeſetzen erklaͤren. „Der „hoͤchſt einfache Bau der Muskeln macher es ſchwer zu be- „greifen, wie dieſe weichen und kleinen Faſern ſo heftige „Bewegungen, ſowohl in dem Menſchen, als inſonderheit „in den mit Schaalen bedeckten Jnſekten, mit ſo großer „Gewalt hervorbringen koͤnnen. H. P. §. 394. Es erhel- „let aus allen Berechnungen, daß die Kraft, die in der „Bewegung der Muskeln angewandt wird, ungemein groß „ſey, und aus keinen mechaniſchen Kraͤften erklaͤret werden „koͤnne. — Die Urſache der thieriſchen Bewegung muß „unſaͤglich ſeyn, da ihre Kraft in einem ſo kleinen Werk- „zeuge etlichen tauſend Pfunden gleich iſt, und lange, ja „ſogar ganze Tage hinter einander wirken kann: ſie ſcheint „auch nicht anders erklaͤret werden zu koͤnnen, als durch die
unglaub-
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I Th. Th. Seel. 3 Kap. Jhr Einfl. in den Mechan.
de Nervis. §. 44. S. 44. und werden durch ſie keineswe-
ges bewerkſtelliget. „Tragen die Schlagadern etwas zu
„der Bewegung der Muskeln bey? Folget dieſes aus dem
„Beweiſe der Laͤhmung der untern Gliedmaßen, die auf
„das Unterbinden der großen Schlagader folget? Weiter
„folget nichts, als daß die Schlagadern den vollkommenen
„Zuſtand des Muskels, und das richtige Verhaͤltniß der
„Theile gegen einander erhalten, die Feuchtigkeit und den
„Dunſt abſondern, und ernaͤhren. Denn wenn ſchon eine
„Schlagader zugebunden oder abgeſchnitten wird, ſo wird
„der Muskel erſt lange hernach gelaͤhmet, wenn der Brand
„die Muskeln zerſtoͤret. Eine gereizte Schlagader aͤndert
„nichts in dem Muskel. Es kann auch die Bewegung
„beſonderer Muskeln aus keiner Urſache hergeleitet werden,
„die aus dem Herzen koͤmmt, und mit gleicher Kraft in
„dem ganzen Koͤrper wirket. Endlich beſitzt auch der Wil-
„le eine Herrſchaft uͤber die Nerven, nicht aber uͤber die
„Schlagadern, noch auf die feſten Theile des Koͤrpers.“
H. P. §. 406.
§. 162.
Dieſe Wirkung der Nerven in die Muskeln laͤßt ſich
aus keinen mechaniſchen Bewegungsgeſetzen erklaͤren. „Der
„hoͤchſt einfache Bau der Muskeln macher es ſchwer zu be-
„greifen, wie dieſe weichen und kleinen Faſern ſo heftige
„Bewegungen, ſowohl in dem Menſchen, als inſonderheit
„in den mit Schaalen bedeckten Jnſekten, mit ſo großer
„Gewalt hervorbringen koͤnnen. H. P. §. 394. Es erhel-
„let aus allen Berechnungen, daß die Kraft, die in der
„Bewegung der Muskeln angewandt wird, ungemein groß
„ſey, und aus keinen mechaniſchen Kraͤften erklaͤret werden
„koͤnne. — Die Urſache der thieriſchen Bewegung muß
„unſaͤglich ſeyn, da ihre Kraft in einem ſo kleinen Werk-
„zeuge etlichen tauſend Pfunden gleich iſt, und lange, ja
„ſogar ganze Tage hinter einander wirken kann: ſie ſcheint
„auch nicht anders erklaͤret werden zu koͤnnen, als durch die
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/180>, abgerufen am 21.11.2024.
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