nach fortgehende Aufmerksamkeit auf die Theile einer gan- zen Vorstellung oder Erkenntniß, heißt das Nachdenken. (die Reflexion.) Beym Abstrahiren hören also viele ma- terielle Jdeen im Gehirne auf, oder werden schwächer, und zwar desto schwächer, je stärker sie ist. §. 26. Beym Reflektiren folgt eine von ihnen beständig auf die andre, und wird von der vorhergehenden unmittelbar bestimmet.
§. 78.
Wenn die materiellen Jdeen des Verstandes in der thierischen Oeconomie des Körpers Wirkungen hervorbrin- gen, so muß die Abstraktion viele derselben, die vorher zugleich erfolgeten, vermindern, oder vernichten; die Auf- merksamkeit muß gewisse insbesondre vermehren und unter- halten, und das Nachdenken wird einige besondere nach und nach auf einander hervorbringen. §. 77.
§. 79.
Es wäre unnütz für die Arzneykunst, sich in die Be- schreibung der verschiedenen Arten der Verstandeskräfte und der Vernunft einzulassen, da wir schlechterdings nichts mehr davon wissen, als daß eine jede Vorstellung des Ver- standes mit geheimen Bewegungen im Gehirne, vermuth- lich in den Lebensgeistern, vergesellschaftet sey, von deren Wirkungen in die thierische Oeconomie wir, wie unten er- hellen wird, §. 330. so wenig als von ihrer Natur verste- hen, und es zu dem, was wir davon etwa sagen können, hinlänglich ist, nur bloß ihr Daseyn zu wissen.
Das sinnliche Vergnügen und Misvergnügen.
§. 80.
Die Seele hat ein eignes Gefühl ihres gegenwärtigen Zustandes, eine Empfindung ihrer eignen Vorstellungen, welche man den innerlichen Sinn (das eigentliche Be- wußtseyn, innerliche Empfindung, das Gewissen,
das
I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
nach fortgehende Aufmerkſamkeit auf die Theile einer gan- zen Vorſtellung oder Erkenntniß, heißt das Nachdenken. (die Reflexion.) Beym Abſtrahiren hoͤren alſo viele ma- terielle Jdeen im Gehirne auf, oder werden ſchwaͤcher, und zwar deſto ſchwaͤcher, je ſtaͤrker ſie iſt. §. 26. Beym Reflektiren folgt eine von ihnen beſtaͤndig auf die andre, und wird von der vorhergehenden unmittelbar beſtimmet.
§. 78.
Wenn die materiellen Jdeen des Verſtandes in der thieriſchen Oeconomie des Koͤrpers Wirkungen hervorbrin- gen, ſo muß die Abſtraktion viele derſelben, die vorher zugleich erfolgeten, vermindern, oder vernichten; die Auf- merkſamkeit muß gewiſſe insbeſondre vermehren und unter- halten, und das Nachdenken wird einige beſondere nach und nach auf einander hervorbringen. §. 77.
§. 79.
Es waͤre unnuͤtz fuͤr die Arzneykunſt, ſich in die Be- ſchreibung der verſchiedenen Arten der Verſtandeskraͤfte und der Vernunft einzulaſſen, da wir ſchlechterdings nichts mehr davon wiſſen, als daß eine jede Vorſtellung des Ver- ſtandes mit geheimen Bewegungen im Gehirne, vermuth- lich in den Lebensgeiſtern, vergeſellſchaftet ſey, von deren Wirkungen in die thieriſche Oeconomie wir, wie unten er- hellen wird, §. 330. ſo wenig als von ihrer Natur verſte- hen, und es zu dem, was wir davon etwa ſagen koͤnnen, hinlaͤnglich iſt, nur bloß ihr Daſeyn zu wiſſen.
Das ſinnliche Vergnuͤgen und Misvergnuͤgen.
§. 80.
Die Seele hat ein eignes Gefuͤhl ihres gegenwaͤrtigen Zuſtandes, eine Empfindung ihrer eignen Vorſtellungen, welche man den innerlichen Sinn (das eigentliche Be- wußtſeyn, innerliche Empfindung, das Gewiſſen,
das
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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
nach fortgehende Aufmerkſamkeit auf die Theile einer gan-
zen Vorſtellung oder Erkenntniß, heißt das Nachdenken.
(die Reflexion.) Beym Abſtrahiren hoͤren alſo viele ma-
terielle Jdeen im Gehirne auf, oder werden ſchwaͤcher, und
zwar deſto ſchwaͤcher, je ſtaͤrker ſie iſt. §. 26. Beym
Reflektiren folgt eine von ihnen beſtaͤndig auf die andre,
und wird von der vorhergehenden unmittelbar beſtimmet.
§. 78.
Wenn die materiellen Jdeen des Verſtandes in der
thieriſchen Oeconomie des Koͤrpers Wirkungen hervorbrin-
gen, ſo muß die Abſtraktion viele derſelben, die vorher
zugleich erfolgeten, vermindern, oder vernichten; die Auf-
merkſamkeit muß gewiſſe insbeſondre vermehren und unter-
halten, und das Nachdenken wird einige beſondere nach
und nach auf einander hervorbringen. §. 77.
§. 79.
Es waͤre unnuͤtz fuͤr die Arzneykunſt, ſich in die Be-
ſchreibung der verſchiedenen Arten der Verſtandeskraͤfte
und der Vernunft einzulaſſen, da wir ſchlechterdings nichts
mehr davon wiſſen, als daß eine jede Vorſtellung des Ver-
ſtandes mit geheimen Bewegungen im Gehirne, vermuth-
lich in den Lebensgeiſtern, vergeſellſchaftet ſey, von deren
Wirkungen in die thieriſche Oeconomie wir, wie unten er-
hellen wird, §. 330. ſo wenig als von ihrer Natur verſte-
hen, und es zu dem, was wir davon etwa ſagen koͤnnen,
hinlaͤnglich iſt, nur bloß ihr Daſeyn zu wiſſen.
Das ſinnliche Vergnuͤgen und Misvergnuͤgen.
§. 80.
Die Seele hat ein eignes Gefuͤhl ihres gegenwaͤrtigen
Zuſtandes, eine Empfindung ihrer eignen Vorſtellungen,
welche man den innerlichen Sinn (das eigentliche Be-
wußtſeyn, innerliche Empfindung, das Gewiſſen,
das
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/112>, abgerufen am 21.12.2024.
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