kennen einer Vorstellung jederzeit eine besondre Operation der Vorstellungskraft, (des Witzes,) welche von ihren eignen materiellen Jdeen im Gehirne begleitet wird, die wir nicht kennen, und wovon wir auch in der übrigen thieri- schen Oeconomie keine Wirkung sehen. Gesetzt aber, daß eine gewisse Fortdauer der Vorstellungen zu den Erinne- rungen des Gedächtnisses erfodert würde, so werden auch die materiellen Jdeen dieser fortdaurenden Vorstellungen im Gehirne fortwähren, §. 26. und dieß ist der gewöhn- liche Begriff, welchen man sich von den Vorstellungen des Gedächtnisses zu machen pflegt. Allein eine Vorstellung mag hundert Jahr in der Seele fortdauren, so wird sie doch das Gedächtniß der Seele nicht eher wieder erinnern, als bis sie die neue Vorstellung formiret, daß dieses dieselbe wieder sey, die ehemals war. Vergl. d. A. 3 B. 147. St.
§. 72.
Das sinnliche Gedächtniß veranlasset durch seine Erin- nerungen solche materielle Jdeen im Gehirne, welche mit den ehemaligen materiellen Empfindungen etwas gemein haben, §. 71. 66. und in so fern es durch dieselben thie- rische Wirkungen im Körper äußern möchte, würden sie mit denen der ehemaligen äußern Empfindungen oder Ein- bildungen in etwas überein kommen.
Vorhersehungen. Erwartungen.
§. 73.
Die sinnlichen Vorhersehungen und Erwartungen der Seele entstehen aus wahren gegenwärtigen äußern, und aus der Wiederholung ehemaliger Empfindungen, (Ein- bildungen §. 67.) die einen Theil miteinander gemein ha- ben, in welchen die Seele das, worinn beyde verschieden sind, als etwas Zukünftiges betrachtet, das ist, vorher- sieht, und wenn sie es mit dem, was sie künftig wirklich empfinden wird, für einerley hält, erwartet.B. M. §. 444.
454.
F 3
3 Abſchn. der Nerven. Vorherſehungen.
kennen einer Vorſtellung jederzeit eine beſondre Operation der Vorſtellungskraft, (des Witzes,) welche von ihren eignen materiellen Jdeen im Gehirne begleitet wird, die wir nicht kennen, und wovon wir auch in der uͤbrigen thieri- ſchen Oeconomie keine Wirkung ſehen. Geſetzt aber, daß eine gewiſſe Fortdauer der Vorſtellungen zu den Erinne- rungen des Gedaͤchtniſſes erfodert wuͤrde, ſo werden auch die materiellen Jdeen dieſer fortdaurenden Vorſtellungen im Gehirne fortwaͤhren, §. 26. und dieß iſt der gewoͤhn- liche Begriff, welchen man ſich von den Vorſtellungen des Gedaͤchtniſſes zu machen pflegt. Allein eine Vorſtellung mag hundert Jahr in der Seele fortdauren, ſo wird ſie doch das Gedaͤchtniß der Seele nicht eher wieder erinnern, als bis ſie die neue Vorſtellung formiret, daß dieſes dieſelbe wieder ſey, die ehemals war. Vergl. d. A. 3 B. 147. St.
§. 72.
Das ſinnliche Gedaͤchtniß veranlaſſet durch ſeine Erin- nerungen ſolche materielle Jdeen im Gehirne, welche mit den ehemaligen materiellen Empfindungen etwas gemein haben, §. 71. 66. und in ſo fern es durch dieſelben thie- riſche Wirkungen im Koͤrper aͤußern moͤchte, wuͤrden ſie mit denen der ehemaligen aͤußern Empfindungen oder Ein- bildungen in etwas uͤberein kommen.
Vorherſehungen. Erwartungen.
§. 73.
Die ſinnlichen Vorherſehungen und Erwartungen der Seele entſtehen aus wahren gegenwaͤrtigen aͤußern, und aus der Wiederholung ehemaliger Empfindungen, (Ein- bildungen §. 67.) die einen Theil miteinander gemein ha- ben, in welchen die Seele das, worinn beyde verſchieden ſind, als etwas Zukuͤnftiges betrachtet, das iſt, vorher- ſieht, und wenn ſie es mit dem, was ſie kuͤnftig wirklich empfinden wird, fuͤr einerley haͤlt, erwartet.B. M. §. 444.
454.
F 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0109"n="85"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">3 Abſchn. der Nerven. Vorherſehungen.</hi></fw><lb/>
kennen einer Vorſtellung jederzeit eine beſondre Operation<lb/>
der Vorſtellungskraft, (des <hirendition="#fr">Witzes,</hi>) welche von ihren<lb/>
eignen materiellen Jdeen im Gehirne begleitet wird, die wir<lb/>
nicht kennen, und wovon wir auch in der uͤbrigen thieri-<lb/>ſchen Oeconomie keine Wirkung ſehen. Geſetzt aber, daß<lb/>
eine gewiſſe Fortdauer der Vorſtellungen zu den Erinne-<lb/>
rungen des <hirendition="#fr">Gedaͤchtniſſes</hi> erfodert wuͤrde, ſo werden auch<lb/>
die materiellen Jdeen dieſer fortdaurenden Vorſtellungen<lb/>
im Gehirne fortwaͤhren, §. 26. und dieß iſt der gewoͤhn-<lb/>
liche Begriff, welchen man ſich von den Vorſtellungen des<lb/>
Gedaͤchtniſſes zu machen pflegt. Allein eine Vorſtellung<lb/>
mag hundert Jahr in der Seele fortdauren, ſo wird ſie<lb/>
doch das Gedaͤchtniß der Seele nicht eher wieder erinnern,<lb/>
als bis ſie die neue Vorſtellung formiret, daß dieſes dieſelbe<lb/>
wieder ſey, die ehemals war. Vergl. d. A. 3 B. 147. St.</p></div><lb/><divn="5"><head>§. 72.</head><lb/><p>Das ſinnliche Gedaͤchtniß veranlaſſet durch ſeine Erin-<lb/>
nerungen ſolche materielle Jdeen im Gehirne, welche mit<lb/>
den ehemaligen materiellen Empfindungen etwas gemein<lb/>
haben, §. 71. 66. und in ſo fern es durch dieſelben thie-<lb/>
riſche Wirkungen im Koͤrper aͤußern moͤchte, wuͤrden ſie<lb/>
mit denen der ehemaligen aͤußern Empfindungen oder Ein-<lb/>
bildungen in etwas uͤberein kommen.</p></div></div><lb/><divn="4"><head><hirendition="#b">Vorherſehungen. Erwartungen.</hi></head><lb/><divn="5"><head>§. 73.</head><lb/><p>Die ſinnlichen Vorherſehungen und Erwartungen der<lb/>
Seele entſtehen aus wahren gegenwaͤrtigen aͤußern, und<lb/>
aus der Wiederholung ehemaliger Empfindungen, (Ein-<lb/>
bildungen §. 67.) die einen Theil miteinander gemein ha-<lb/>
ben, in welchen die Seele das, worinn beyde verſchieden<lb/>ſind, als etwas Zukuͤnftiges betrachtet, das iſt, <hirendition="#fr">vorher-<lb/>ſieht,</hi> und wenn ſie es mit dem, was ſie kuͤnftig wirklich<lb/>
empfinden wird, fuͤr einerley haͤlt, <hirendition="#fr">erwartet.</hi><hirendition="#aq">B. M.</hi> §. 444.<lb/><fwplace="bottom"type="sig">F 3</fw><fwplace="bottom"type="catch">454.</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[85/0109]
3 Abſchn. der Nerven. Vorherſehungen.
kennen einer Vorſtellung jederzeit eine beſondre Operation
der Vorſtellungskraft, (des Witzes,) welche von ihren
eignen materiellen Jdeen im Gehirne begleitet wird, die wir
nicht kennen, und wovon wir auch in der uͤbrigen thieri-
ſchen Oeconomie keine Wirkung ſehen. Geſetzt aber, daß
eine gewiſſe Fortdauer der Vorſtellungen zu den Erinne-
rungen des Gedaͤchtniſſes erfodert wuͤrde, ſo werden auch
die materiellen Jdeen dieſer fortdaurenden Vorſtellungen
im Gehirne fortwaͤhren, §. 26. und dieß iſt der gewoͤhn-
liche Begriff, welchen man ſich von den Vorſtellungen des
Gedaͤchtniſſes zu machen pflegt. Allein eine Vorſtellung
mag hundert Jahr in der Seele fortdauren, ſo wird ſie
doch das Gedaͤchtniß der Seele nicht eher wieder erinnern,
als bis ſie die neue Vorſtellung formiret, daß dieſes dieſelbe
wieder ſey, die ehemals war. Vergl. d. A. 3 B. 147. St.
§. 72.
Das ſinnliche Gedaͤchtniß veranlaſſet durch ſeine Erin-
nerungen ſolche materielle Jdeen im Gehirne, welche mit
den ehemaligen materiellen Empfindungen etwas gemein
haben, §. 71. 66. und in ſo fern es durch dieſelben thie-
riſche Wirkungen im Koͤrper aͤußern moͤchte, wuͤrden ſie
mit denen der ehemaligen aͤußern Empfindungen oder Ein-
bildungen in etwas uͤberein kommen.
Vorherſehungen. Erwartungen.
§. 73.
Die ſinnlichen Vorherſehungen und Erwartungen der
Seele entſtehen aus wahren gegenwaͤrtigen aͤußern, und
aus der Wiederholung ehemaliger Empfindungen, (Ein-
bildungen §. 67.) die einen Theil miteinander gemein ha-
ben, in welchen die Seele das, worinn beyde verſchieden
ſind, als etwas Zukuͤnftiges betrachtet, das iſt, vorher-
ſieht, und wenn ſie es mit dem, was ſie kuͤnftig wirklich
empfinden wird, fuͤr einerley haͤlt, erwartet. B. M. §. 444.
454.
F 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/109>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.