Die Nerven der Nase sind besondrer äußerlicher sinnli- cher Eindrücke von den Ausdünstungen der Körper fähig, die kein andrer Nerve davon hat, und diese Empfindlich- keit der Nase heißt der Sinn des Geruchs. Bey man- chen Thieren, die durch den Geruch ihre Nahrung suchen und erkennen müssen, ist die Nase von weit größerer Em- pfindlichkeit, als bey uns, (§ 44.) und unterscheidet Dün- ste, die wir nicht unterscheiden.
§. 59.
Wir unterscheiden, sowohl durch den Geschmack, als Geruch, die salzigen und öligen Theile der Körper, und daher haben diese Sinne eine große Verwandtschaft, und sind sich auch in allen Thieren, die beyde besitzen, aufs nächste benachbart. Die Natur scheint sie bestimmt zu ha- ben, um die Thiere den Unterschied der ihnen dienlichen und schädlichen Nahrungsmittel zu lehren, worauf ihre Erhaltung größtentheils ankömmt. "Der Geruch aber "unterscheidet mehr das Flüchtigere, der Geschmack hinge- "gen das Dichtere. Vielleicht ist es die schleimigte Ober- "haut, die die Zunge bedecket, was die Wirkung der zar- "tern Salze hindert, die die minder bedeckten und weichern "Nerven der Nase leichter rühren. Die Wirkung der Ge- "rüche ist groß, aber von kurzer Dauer, da die entblößten "Nerven in einer so kleinen Entfernung vom Gehirne von "so äußerst seinen Theilchen berühret werden. Daher "kömmt die vergiftende oder aufmunternde Kraft der Ge- "rüche, durch die Ohnmächtige und andre scheinbar Todte "so kräftig wieder erwecket werden." H. P. §. 467.
§. 60.
Die Nerven im Ohre sind gewisser äußerlicher sinnli- cher Eindrücke vom Schalle fähig, die kein andrer Nerve auf solche Weise empfängt, und diese Empfindlichkeit des Ohrs heißt der Sinn des Gehörs. Das ganze Ohr ist
dazu
I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
§. 58.
Die Nerven der Naſe ſind beſondrer aͤußerlicher ſinnli- cher Eindruͤcke von den Ausduͤnſtungen der Koͤrper faͤhig, die kein andrer Nerve davon hat, und dieſe Empfindlich- keit der Naſe heißt der Sinn des Geruchs. Bey man- chen Thieren, die durch den Geruch ihre Nahrung ſuchen und erkennen muͤſſen, iſt die Naſe von weit groͤßerer Em- pfindlichkeit, als bey uns, (§ 44.) und unterſcheidet Duͤn- ſte, die wir nicht unterſcheiden.
§. 59.
Wir unterſcheiden, ſowohl durch den Geſchmack, als Geruch, die ſalzigen und oͤligen Theile der Koͤrper, und daher haben dieſe Sinne eine große Verwandtſchaft, und ſind ſich auch in allen Thieren, die beyde beſitzen, aufs naͤchſte benachbart. Die Natur ſcheint ſie beſtimmt zu ha- ben, um die Thiere den Unterſchied der ihnen dienlichen und ſchaͤdlichen Nahrungsmittel zu lehren, worauf ihre Erhaltung groͤßtentheils ankoͤmmt. „Der Geruch aber „unterſcheidet mehr das Fluͤchtigere, der Geſchmack hinge- „gen das Dichtere. Vielleicht iſt es die ſchleimigte Ober- „haut, die die Zunge bedecket, was die Wirkung der zar- „tern Salze hindert, die die minder bedeckten und weichern „Nerven der Naſe leichter ruͤhren. Die Wirkung der Ge- „ruͤche iſt groß, aber von kurzer Dauer, da die entbloͤßten „Nerven in einer ſo kleinen Entfernung vom Gehirne von „ſo aͤußerſt ſeinen Theilchen beruͤhret werden. Daher „koͤmmt die vergiftende oder aufmunternde Kraft der Ge- „ruͤche, durch die Ohnmaͤchtige und andre ſcheinbar Todte „ſo kraͤftig wieder erwecket werden.“ H. P. §. 467.
§. 60.
Die Nerven im Ohre ſind gewiſſer aͤußerlicher ſinnli- cher Eindruͤcke vom Schalle faͤhig, die kein andrer Nerve auf ſolche Weiſe empfaͤngt, und dieſe Empfindlichkeit des Ohrs heißt der Sinn des Gehoͤrs. Das ganze Ohr iſt
dazu
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I Th. Thier. Seelenkr. 2 Kap. An ſich betr.
§. 58.
Die Nerven der Naſe ſind beſondrer aͤußerlicher ſinnli-
cher Eindruͤcke von den Ausduͤnſtungen der Koͤrper faͤhig,
die kein andrer Nerve davon hat, und dieſe Empfindlich-
keit der Naſe heißt der Sinn des Geruchs. Bey man-
chen Thieren, die durch den Geruch ihre Nahrung ſuchen
und erkennen muͤſſen, iſt die Naſe von weit groͤßerer Em-
pfindlichkeit, als bey uns, (§ 44.) und unterſcheidet Duͤn-
ſte, die wir nicht unterſcheiden.
§. 59.
Wir unterſcheiden, ſowohl durch den Geſchmack, als
Geruch, die ſalzigen und oͤligen Theile der Koͤrper, und
daher haben dieſe Sinne eine große Verwandtſchaft, und
ſind ſich auch in allen Thieren, die beyde beſitzen, aufs
naͤchſte benachbart. Die Natur ſcheint ſie beſtimmt zu ha-
ben, um die Thiere den Unterſchied der ihnen dienlichen
und ſchaͤdlichen Nahrungsmittel zu lehren, worauf ihre
Erhaltung groͤßtentheils ankoͤmmt. „Der Geruch aber
„unterſcheidet mehr das Fluͤchtigere, der Geſchmack hinge-
„gen das Dichtere. Vielleicht iſt es die ſchleimigte Ober-
„haut, die die Zunge bedecket, was die Wirkung der zar-
„tern Salze hindert, die die minder bedeckten und weichern
„Nerven der Naſe leichter ruͤhren. Die Wirkung der Ge-
„ruͤche iſt groß, aber von kurzer Dauer, da die entbloͤßten
„Nerven in einer ſo kleinen Entfernung vom Gehirne von
„ſo aͤußerſt ſeinen Theilchen beruͤhret werden. Daher
„koͤmmt die vergiftende oder aufmunternde Kraft der Ge-
„ruͤche, durch die Ohnmaͤchtige und andre ſcheinbar Todte
„ſo kraͤftig wieder erwecket werden.“ H. P. §. 467.
§. 60.
Die Nerven im Ohre ſind gewiſſer aͤußerlicher ſinnli-
cher Eindruͤcke vom Schalle faͤhig, die kein andrer Nerve
auf ſolche Weiſe empfaͤngt, und dieſe Empfindlichkeit des
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Unzer, Johann August: Erste Gründe einer Physiologie der eigentlichen thierischen Natur thierischer Körper. Leipzig, 1771, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unzer_erstegruende_1771/100>, abgerufen am 21.11.2024.
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