Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Königssohn, zu wissen,
Ob Leben in dem Bild,
Thät seine Lippen schließen
An ihren Mund so mild.
Er hat es bald empfunden
Am Odem, süß und warm,
Und als sie ihn umwunden,
Noch schlummernd, mit dem Arm.
Sie streifte die goldnen Locken
Aus ihrem Angesicht,
Sie hob, so süß erschrocken,
Ihr blaues Augenlicht.
Und in den Nischen allen
Erwachen Ritter und Frau,
Die alten Lieder hallen
Im weiten Fürstenbau.
Ein Morgen, roth und golden,
Hat uns den Mai gebracht;
Da trat mit seiner Holden
Der Prinz aus Waldesnacht.
Es schreiten die alten Meister
In hehrem, stolzem Gang,
Wie riesenhafte Geister,
Mit fremdem Wundersang.
Der Königsſohn, zu wiſſen,
Ob Leben in dem Bild,
Thät ſeine Lippen ſchließen
An ihren Mund ſo mild.
Er hat es bald empfunden
Am Odem, ſüß und warm,
Und als ſie ihn umwunden,
Noch ſchlummernd, mit dem Arm.
Sie ſtreifte die goldnen Locken
Aus ihrem Angeſicht,
Sie hob, ſo ſüß erſchrocken,
Ihr blaues Augenlicht.
Und in den Niſchen allen
Erwachen Ritter und Frau,
Die alten Lieder hallen
Im weiten Fürſtenbau.
Ein Morgen, roth und golden,
Hat uns den Mai gebracht;
Da trat mit ſeiner Holden
Der Prinz aus Waldesnacht.
Es ſchreiten die alten Meiſter
In hehrem, ſtolzem Gang,
Wie rieſenhafte Geiſter,
Mit fremdem Wunderſang.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <pb facs="#f0355" n="349"/>
            <lg n="25">
              <l>Der Königs&#x017F;ohn, zu wi&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
              <l>Ob Leben in dem Bild,</l><lb/>
              <l>Thät &#x017F;eine Lippen &#x017F;chließen</l><lb/>
              <l>An ihren Mund &#x017F;o mild.</l><lb/>
              <l>Er hat es bald empfunden</l><lb/>
              <l>Am Odem, &#x017F;üß und warm,</l><lb/>
              <l>Und als &#x017F;ie ihn umwunden,</l><lb/>
              <l>Noch &#x017F;chlummernd, mit dem Arm.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="26">
              <l>Sie &#x017F;treifte die goldnen Locken</l><lb/>
              <l>Aus ihrem Ange&#x017F;icht,</l><lb/>
              <l>Sie hob, &#x017F;o &#x017F;üß er&#x017F;chrocken,</l><lb/>
              <l>Ihr blaues Augenlicht.</l><lb/>
              <l>Und in den Ni&#x017F;chen allen</l><lb/>
              <l>Erwachen Ritter und Frau,</l><lb/>
              <l>Die alten Lieder hallen</l><lb/>
              <l>Im weiten Für&#x017F;tenbau.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="27">
              <l>Ein Morgen, roth und golden,</l><lb/>
              <l>Hat uns den Mai gebracht;</l><lb/>
              <l>Da trat mit &#x017F;einer Holden</l><lb/>
              <l>Der Prinz aus Waldesnacht.</l><lb/>
              <l>Es &#x017F;chreiten die alten Mei&#x017F;ter</l><lb/>
              <l>In hehrem, &#x017F;tolzem Gang,</l><lb/>
              <l>Wie rie&#x017F;enhafte Gei&#x017F;ter,</l><lb/>
              <l>Mit fremdem Wunder&#x017F;ang.</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[349/0355] Der Königsſohn, zu wiſſen, Ob Leben in dem Bild, Thät ſeine Lippen ſchließen An ihren Mund ſo mild. Er hat es bald empfunden Am Odem, ſüß und warm, Und als ſie ihn umwunden, Noch ſchlummernd, mit dem Arm. Sie ſtreifte die goldnen Locken Aus ihrem Angeſicht, Sie hob, ſo ſüß erſchrocken, Ihr blaues Augenlicht. Und in den Niſchen allen Erwachen Ritter und Frau, Die alten Lieder hallen Im weiten Fürſtenbau. Ein Morgen, roth und golden, Hat uns den Mai gebracht; Da trat mit ſeiner Holden Der Prinz aus Waldesnacht. Es ſchreiten die alten Meiſter In hehrem, ſtolzem Gang, Wie rieſenhafte Geiſter, Mit fremdem Wunderſang.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/355
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/355>, abgerufen am 26.04.2024.