Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Tells Platte. Hier ist das Felsenriff, drauf Tell aus der Barke gesprungen; Sieh! ein ewiges Mal hebet dem Kühnen sich hier. Nicht die Kapelle dort, wo sie jährliche Messen ihm singen! Nein! des Mannes Gestalt, siehst du, wie herrlich sie steht? Schon mit dem einen Fuße betrat er die heilige Erde, Stößt mit dem andern hinaus weit das verzweifelnde Schiff. Nicht aus Stein ist das Bild, noch von Erz, nicht Arbeit der Hände, Nur dem geistigen Blick Freier erscheinet es klar; Und je wilder der Sturm, je höher brauset die Brandung, Um so mächtiger nur hebt sich die Heldengestalt. Die Ruinen. Wandre[r]! es ziemet dir wohl, in der Burg Ruinen zu schlummern, Träumend baust du vielleicht herrlich sie wieder dir auf. Begräbniß. Als des Gerechten Sarg mit heiliger Erde bedeckt war, Deckte der Himmel darauf freundlich den silbernen Schnee Tells Platte. Hier iſt das Felſenriff, drauf Tell aus der Barke geſprungen; Sieh! ein ewiges Mal hebet dem Kühnen ſich hier. Nicht die Kapelle dort, wo ſie jährliche Meſſen ihm ſingen! Nein! des Mannes Geſtalt, ſiehſt du, wie herrlich ſie ſteht? Schon mit dem einen Fuße betrat er die heilige Erde, Stößt mit dem andern hinaus weit das verzweifelnde Schiff. Nicht aus Stein iſt das Bild, noch von Erz, nicht Arbeit der Hände, Nur dem geiſtigen Blick Freier erſcheinet es klar; Und je wilder der Sturm, je höher brauſet die Brandung, Um ſo mächtiger nur hebt ſich die Heldengeſtalt. Die Ruinen. Wandre[r]! es ziemet dir wohl, in der Burg Ruinen zu ſchlummern, Träumend bauſt du vielleicht herrlich ſie wieder dir auf. Begräbniß. Als des Gerechten Sarg mit heiliger Erde bedeckt war, Deckte der Himmel darauf freundlich den ſilbernen Schnee <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0093" n="87"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Tells Platte</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Hier iſt das Felſenriff, drauf Tell aus der Barke geſprungen;</l><lb/> <l>Sieh! ein ewiges Mal hebet dem Kühnen ſich hier.</l><lb/> <l>Nicht die Kapelle dort, wo ſie jährliche Meſſen ihm ſingen!</l><lb/> <l>Nein! des Mannes Geſtalt, ſiehſt du, wie herrlich ſie ſteht?</l><lb/> <l>Schon mit dem einen Fuße betrat er die heilige Erde,</l><lb/> <l>Stößt mit dem andern hinaus weit das verzweifelnde Schiff.</l><lb/> <l>Nicht aus Stein iſt das Bild, noch von Erz, nicht Arbeit der</l><lb/> <l>Hände,</l><lb/> <l>Nur dem geiſtigen Blick Freier erſcheinet es klar;</l><lb/> <l>Und je wilder der Sturm, je höher brauſet die Brandung,</l><lb/> <l>Um ſo mächtiger nur hebt ſich die Heldengeſtalt.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Die Ruinen</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Wandre<supplied>r</supplied>! es ziemet dir wohl, in der Burg Ruinen zu</l><lb/> <l>ſchlummern,</l><lb/> <l>Träumend bauſt du vielleicht herrlich ſie wieder dir auf.</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Begräbniß</hi>.</head><lb/> <lg type="poem"> <l>Als des Gerechten Sarg mit heiliger Erde bedeckt war,</l><lb/> <l>Deckte der Himmel darauf freundlich den ſilbernen Schnee</l> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0093]
Tells Platte.
Hier iſt das Felſenriff, drauf Tell aus der Barke geſprungen;
Sieh! ein ewiges Mal hebet dem Kühnen ſich hier.
Nicht die Kapelle dort, wo ſie jährliche Meſſen ihm ſingen!
Nein! des Mannes Geſtalt, ſiehſt du, wie herrlich ſie ſteht?
Schon mit dem einen Fuße betrat er die heilige Erde,
Stößt mit dem andern hinaus weit das verzweifelnde Schiff.
Nicht aus Stein iſt das Bild, noch von Erz, nicht Arbeit der
Hände,
Nur dem geiſtigen Blick Freier erſcheinet es klar;
Und je wilder der Sturm, je höher brauſet die Brandung,
Um ſo mächtiger nur hebt ſich die Heldengeſtalt.
Die Ruinen.
Wandrer! es ziemet dir wohl, in der Burg Ruinen zu
ſchlummern,
Träumend bauſt du vielleicht herrlich ſie wieder dir auf.
Begräbniß.
Als des Gerechten Sarg mit heiliger Erde bedeckt war,
Deckte der Himmel darauf freundlich den ſilbernen Schnee
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