Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.Er schlägt mit starkem Arm die Flut Und fürchtet die Wellen wenig, Trägt hoch das Haupt mit goldner Kron', Er dünkt mir wohl ein König. Jüngling. Ein Königssohn, mir aber ist Die Heimath längst verloreu. Erst hat die schwache Mutter mich, Die irdische, geboren. Doch nun gebar die zweite Mutter, Das starke Meer, mich wieder. In Riesenarmen wiegte sie Mich selbst und meine Brüder. Die Andern all ertrugen's nicht, Mich brachte sie hier zum Strande. Zum Reiche wohl erkor sie mir All diese weiten Lande. 4. Fischer. Was spähest du nach der Angel Vom Morgen bis zur Nacht, Und hast mit aller Mühe doch Kein Fischlein aufgebracht? Er ſchlägt mit ſtarkem Arm die Flut Und fürchtet die Wellen wenig, Trägt hoch das Haupt mit goldner Kron’, Er dünkt mir wohl ein König. Jüngling. Ein Königsſohn, mir aber iſt Die Heimath längſt verloreu. Erſt hat die ſchwache Mutter mich, Die irdiſche, geboren. Doch nun gebar die zweite Mutter, Das ſtarke Meer, mich wieder. In Rieſenarmen wiegte ſie Mich ſelbſt und meine Brüder. Die Andern all ertrugen’s nicht, Mich brachte ſie hier zum Strande. Zum Reiche wohl erkor ſie mir All dieſe weiten Lande. 4. Fiſcher. Was ſpäheſt du nach der Angel Vom Morgen bis zur Nacht, Und haſt mit aller Mühe doch Kein Fiſchlein aufgebracht? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0336" n="330"/> <lg n="2"> <l>Er ſchlägt mit ſtarkem Arm die Flut</l><lb/> <l>Und fürchtet die Wellen wenig,</l><lb/> <l>Trägt hoch das Haupt mit goldner Kron’,</l><lb/> <l>Er dünkt mir wohl ein König.</l> </lg> </lg><lb/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Jüngling</hi>.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ein Königsſohn, mir aber iſt</l><lb/> <l>Die Heimath längſt verloreu.</l><lb/> <l>Erſt hat die ſchwache Mutter mich,</l><lb/> <l>Die irdiſche, geboren.</l> </lg><lb/> <lg n="2"> <l>Doch nun gebar die zweite Mutter,</l><lb/> <l>Das ſtarke Meer, mich wieder.</l><lb/> <l>In Rieſenarmen wiegte ſie</l><lb/> <l>Mich ſelbſt und meine Brüder.</l> </lg><lb/> <lg n="3"> <l>Die Andern all ertrugen’s nicht,</l><lb/> <l>Mich brachte ſie hier zum Strande.</l><lb/> <l>Zum Reiche wohl erkor ſie mir</l><lb/> <l>All dieſe weiten Lande.</l> </lg> </lg> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head>4.</head><lb/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Fiſcher</hi>.</hi> </p><lb/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was ſpäheſt du nach der Angel</l><lb/> <l>Vom Morgen bis zur Nacht,</l><lb/> <l>Und haſt mit aller Mühe doch</l><lb/> <l>Kein Fiſchlein aufgebracht?</l> </lg> </lg><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [330/0336]
Er ſchlägt mit ſtarkem Arm die Flut
Und fürchtet die Wellen wenig,
Trägt hoch das Haupt mit goldner Kron’,
Er dünkt mir wohl ein König.
Jüngling.
Ein Königsſohn, mir aber iſt
Die Heimath längſt verloreu.
Erſt hat die ſchwache Mutter mich,
Die irdiſche, geboren.
Doch nun gebar die zweite Mutter,
Das ſtarke Meer, mich wieder.
In Rieſenarmen wiegte ſie
Mich ſelbſt und meine Brüder.
Die Andern all ertrugen’s nicht,
Mich brachte ſie hier zum Strande.
Zum Reiche wohl erkor ſie mir
All dieſe weiten Lande.
4.
Fiſcher.
Was ſpäheſt du nach der Angel
Vom Morgen bis zur Nacht,
Und haſt mit aller Mühe doch
Kein Fiſchlein aufgebracht?
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