Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Klein Roland.

Frau Berta saß in der Felsenkluft,
Sie klagt' ihr bittres Loos.
Klein Roland spielt' in freier Luft,
Deß Klage war nicht groß.
"O König Karl, mein Bruder hehr!
O daß ich floh von dir!
Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr',
Nun zürnst du schrecklich mir.
O Milon, mein Gemahl so süß!
Die Flut verschlang mir dich.
Die ich um Liebe Alles ließ,
Nun läßt die Liebe mich.
Klein Roland, du mein theures Kind!
Nun Ehr' und Liebe mir!
Klein Roland, komm herein geschwind!
Mein Trost kommt all von dir.
Klein Roland, geh zur Stadt hinab,
Zu bitten um Speis' und Trank,
Und wer dir gibt eine kleine Gab',
Dem wünsche Gottes Dank!"
Klein Roland.

Frau Berta ſaß in der Felſenkluft,
Sie klagt’ ihr bittres Loos.
Klein Roland ſpielt’ in freier Luft,
Deß Klage war nicht groß.
„O König Karl, mein Bruder hehr!
O daß ich floh von dir!
Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr’,
Nun zürnſt du ſchrecklich mir.
O Milon, mein Gemahl ſo ſüß!
Die Flut verſchlang mir dich.
Die ich um Liebe Alles ließ,
Nun läßt die Liebe mich.
Klein Roland, du mein theures Kind!
Nun Ehr’ und Liebe mir!
Klein Roland, komm herein geſchwind!
Mein Troſt kommt all von dir.
Klein Roland, geh zur Stadt hinab,
Zu bitten um Speiſ’ und Trank,
Und wer dir gibt eine kleine Gab’,
Dem wünſche Gottes Dank!“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0299" n="293"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Klein Roland</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Frau Berta &#x017F;aß in der Fel&#x017F;enkluft,</l><lb/>
              <l>Sie klagt&#x2019; ihr bittres Loos.</l><lb/>
              <l>Klein Roland &#x017F;pielt&#x2019; in freier Luft,</l><lb/>
              <l>Deß Klage war nicht groß.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>&#x201E;O König Karl, mein Bruder hehr!</l><lb/>
              <l>O daß ich floh von dir!</l><lb/>
              <l>Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Nun zürn&#x017F;t du &#x017F;chrecklich mir.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>O Milon, mein Gemahl &#x017F;o &#x017F;üß!</l><lb/>
              <l>Die Flut ver&#x017F;chlang mir dich.</l><lb/>
              <l>Die ich um Liebe Alles ließ,</l><lb/>
              <l>Nun läßt die Liebe mich.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Klein Roland, du mein theures Kind!</l><lb/>
              <l>Nun Ehr&#x2019; und Liebe mir!</l><lb/>
              <l>Klein Roland, komm herein ge&#x017F;chwind!</l><lb/>
              <l>Mein Tro&#x017F;t kommt all von dir.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Klein Roland, geh zur Stadt hinab,</l><lb/>
              <l>Zu bitten um Spei&#x017F;&#x2019; und Trank,</l><lb/>
              <l>Und wer dir gibt eine kleine Gab&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Dem wün&#x017F;che Gottes Dank!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293/0299] Klein Roland. Frau Berta ſaß in der Felſenkluft, Sie klagt’ ihr bittres Loos. Klein Roland ſpielt’ in freier Luft, Deß Klage war nicht groß. „O König Karl, mein Bruder hehr! O daß ich floh von dir! Um Liebe ließ ich Pracht und Ehr’, Nun zürnſt du ſchrecklich mir. O Milon, mein Gemahl ſo ſüß! Die Flut verſchlang mir dich. Die ich um Liebe Alles ließ, Nun läßt die Liebe mich. Klein Roland, du mein theures Kind! Nun Ehr’ und Liebe mir! Klein Roland, komm herein geſchwind! Mein Troſt kommt all von dir. Klein Roland, geh zur Stadt hinab, Zu bitten um Speiſ’ und Trank, Und wer dir gibt eine kleine Gab’, Dem wünſche Gottes Dank!“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/299
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/299>, abgerufen am 22.12.2024.