Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815.

Bild:
<< vorherige Seite
Abschied.

Was klinget und singet die Straß' herauf?
Ihr Jungfern, machet die Fenster auf!
Es ziehet der Bursch in die Weite,
Sie geben ihm das Geleite.
Wohl jauchzen die Andern und schwingen die Hüt',
Viel Bänder darauf und viel edle Blüth',
Doch dem Burschen gefällt nicht die Sitte,
Geht still und bleich in der Mitte.
Wohl klingen die Kannen, wohl funkelt der Wein;
"Trink aus und trink wieder, lieb Bruder mein!"
"Mit dem Abschiedsweine nur fliehet,
Der da innen mir brennet und glühet!"
Und draußen am allerletzten Haus,
Da gucket ein Mägdlein zum Fenster heraus,
Sie möcht' ihre Thränen verdecken
Mit Gelbveiglein und Rosenstöcken.
Und draußen am allerletzten Haus,
Da schlägt der Bursche die Augen auf,
Und schlägt sie nieder mit Schmerze
Und leget die Hand auf's Herze.
Uhlands Gedichte. 12
Abſchied.

Was klinget und ſinget die Straß’ herauf?
Ihr Jungfern, machet die Fenſter auf!
Es ziehet der Burſch in die Weite,
Sie geben ihm das Geleite.
Wohl jauchzen die Andern und ſchwingen die Hüt’,
Viel Bänder darauf und viel edle Blüth’,
Doch dem Burſchen gefällt nicht die Sitte,
Geht ſtill und bleich in der Mitte.
Wohl klingen die Kannen, wohl funkelt der Wein;
„Trink aus und trink wieder, lieb Bruder mein!“
„Mit dem Abſchiedsweine nur fliehet,
Der da innen mir brennet und glühet!“
Und draußen am allerletzten Haus,
Da gucket ein Mägdlein zum Fenſter heraus,
Sie möcht’ ihre Thränen verdecken
Mit Gelbveiglein und Roſenſtöcken.
Und draußen am allerletzten Haus,
Da ſchlägt der Burſche die Augen auf,
Und ſchlägt ſie nieder mit Schmerze
Und leget die Hand auf’s Herze.
Uhlands Gedichte. 12
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0183" n="177"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chied</hi>.</head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <lg type="poem">
            <lg n="1">
              <l>Was klinget und &#x017F;inget die Straß&#x2019; herauf?</l><lb/>
              <l>Ihr Jungfern, machet die Fen&#x017F;ter auf!</l><lb/>
              <l>Es ziehet der Bur&#x017F;ch in die Weite,</l><lb/>
              <l>Sie geben ihm das Geleite.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="2">
              <l>Wohl jauchzen die Andern und &#x017F;chwingen die Hüt&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Viel Bänder darauf und viel edle Blüth&#x2019;,</l><lb/>
              <l>Doch dem Bur&#x017F;chen gefällt nicht die Sitte,</l><lb/>
              <l>Geht &#x017F;till und bleich in der Mitte.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="3">
              <l>Wohl klingen die Kannen, wohl funkelt der Wein;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Trink aus und trink wieder, lieb Bruder mein!&#x201C;</l><lb/>
              <l>&#x201E;Mit dem Ab&#x017F;chiedsweine nur fliehet,</l><lb/>
              <l>Der da innen mir brennet und glühet!&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="4">
              <l>Und draußen am allerletzten Haus,</l><lb/>
              <l>Da gucket ein Mägdlein zum Fen&#x017F;ter heraus,</l><lb/>
              <l>Sie möcht&#x2019; ihre Thränen verdecken</l><lb/>
              <l>Mit Gelbveiglein und Ro&#x017F;en&#x017F;töcken.</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="5">
              <l>Und draußen am allerletzten Haus,</l><lb/>
              <l>Da &#x017F;chlägt der Bur&#x017F;che die Augen auf,</l><lb/>
              <l>Und &#x017F;chlägt &#x017F;ie nieder mit Schmerze</l><lb/>
              <l>Und leget die Hand auf&#x2019;s Herze.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">Uhlands Gedichte. 12</fw><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[177/0183] Abſchied. Was klinget und ſinget die Straß’ herauf? Ihr Jungfern, machet die Fenſter auf! Es ziehet der Burſch in die Weite, Sie geben ihm das Geleite. Wohl jauchzen die Andern und ſchwingen die Hüt’, Viel Bänder darauf und viel edle Blüth’, Doch dem Burſchen gefällt nicht die Sitte, Geht ſtill und bleich in der Mitte. Wohl klingen die Kannen, wohl funkelt der Wein; „Trink aus und trink wieder, lieb Bruder mein!“ „Mit dem Abſchiedsweine nur fliehet, Der da innen mir brennet und glühet!“ Und draußen am allerletzten Haus, Da gucket ein Mägdlein zum Fenſter heraus, Sie möcht’ ihre Thränen verdecken Mit Gelbveiglein und Roſenſtöcken. Und draußen am allerletzten Haus, Da ſchlägt der Burſche die Augen auf, Und ſchlägt ſie nieder mit Schmerze Und leget die Hand auf’s Herze. Uhlands Gedichte. 12

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/183
Zitationshilfe: Uhland, Ludwig: Gedichte. Stuttgart u. a., 1815, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/uhland_gedichte_1815/183>, abgerufen am 23.11.2024.