Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727.

Bild:
<< vorherige Seite

Die XII. Anmerckung. (u)
mercken, was in den Krahm entweder haupt-
sächlich, oder nur einiger massen zum Haupt-
oder Neben-Zweck dienen kan, und täglich
etwan des Abends, oder wenn man Zeit hat,
in das darzu gewiedmete Reise-Journal or-Ein Reise-
Journal
halten.

dentlich eintragen, nicht aber alle Bagatellen,
als: wenn man Holländischen Käse gegessen,
geboselt, einen Sperling geschossen, oder
mit seinem Diener sich gezanckt hat, und was
dergleichen abgeschmackte Dinge mehr sind.
Memoria hominum est labilis. Wer gleich
alles besiehet, nichts aber davon aufzeichnet,
dem gehet es wie demjenigen, der sein Gesicht
im Spiegel beschauet, nehmlich daß er alles
in kurtzer Zeit wieder vergist, und ihm nach
wenig Jahren seine gantze Reisen als ein an-
muthiger Traum, von welchem er nur con-
fuse Ideen
hat, vorkommen, und nachge-
hends niemanden davon solide Raisons und
Nachrichten geben kan. Die hierbey ge-dessen Nu-
tzen erwe-
gen;

habte Mühe wird durch einen vielfältigen
Nutzen gewiß vergolten werden.

Jch habe auf meinen Reisen eines ums
Vater-Land höchst verdienten Cavaliers aushierinnen
einem gu-
ten Exem-
pel nach-
folgen.

Sachsen, zwey Herren Söhne angetroffen,
die beyde gute Studia hatten, und sich auf
Reisen ungemein qualificiret, und allbereits,
wie man mir gesagt hat, ansehnliche Chargen,
als Belohnungen ihrer Verdienste, über-
kommen haben. Diese musten ihr ordentli-
ches Journal halten, und dero Herrn Vater

daraus

Die XII. Anmerckung. (u)
mercken, was in den Krahm entweder haupt-
ſaͤchlich, oder nur einiger maſſen zum Haupt-
oder Neben-Zweck dienen kan, und taͤglich
etwan des Abends, oder wenn man Zeit hat,
in das darzu gewiedmete Reiſe-Journal or-Ein Reiſe-
Journal
halten.

dentlich eintragen, nicht aber alle Bagatellen,
als: wenn man Hollaͤndiſchen Kaͤſe gegeſſen,
geboſelt, einen Sperling geſchoſſen, oder
mit ſeinem Diener ſich gezanckt hat, und was
dergleichen abgeſchmackte Dinge mehr ſind.
Memoria hominum eſt labilis. Wer gleich
alles beſiehet, nichts aber davon aufzeichnet,
dem gehet es wie demjenigen, der ſein Geſicht
im Spiegel beſchauet, nehmlich daß er alles
in kurtzer Zeit wieder vergiſt, und ihm nach
wenig Jahren ſeine gantze Reiſen als ein an-
muthiger Traum, von welchem er nur con-
fuſe Idéen
hat, vorkommen, und nachge-
hends niemanden davon ſolide Raiſons und
Nachrichten geben kan. Die hierbey ge-deſſen Nu-
tzen erwe-
gen;

habte Muͤhe wird durch einen vielfaͤltigen
Nutzen gewiß vergolten werden.

Jch habe auf meinen Reiſen eines ums
Vater-Land hoͤchſt verdienten Cavaliers aushierinnen
einem gu-
ten Exem-
pel nach-
folgen.

Sachſen, zwey Herren Soͤhne angetroffen,
die beyde gute Studia hatten, und ſich auf
Reiſen ungemein qualificiret, und allbereits,
wie man mir geſagt hat, anſehnliche Chargen,
als Belohnungen ihrer Verdienſte, uͤber-
kommen haben. Dieſe muſten ihr ordentli-
ches Journal halten, und dero Herrn Vater

daraus
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0147" n="125"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die <hi rendition="#aq">XII.</hi> Anmerckung. <hi rendition="#aq">(u)</hi></hi></fw><lb/>
mercken, was in den Krahm entweder haupt-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;chlich, oder nur einiger ma&#x017F;&#x017F;en zum Haupt-<lb/>
oder Neben-Zweck dienen kan, und ta&#x0364;glich<lb/>
etwan des Abends, oder wenn man Zeit hat,<lb/>
in das darzu gewiedmete Rei&#x017F;e-<hi rendition="#aq">Journal</hi> or-<note place="right">Ein Rei&#x017F;e-<lb/><hi rendition="#aq">Journal</hi><lb/>
halten.</note><lb/>
dentlich eintragen, nicht aber alle <hi rendition="#aq">Bagatellen,</hi><lb/>
als: wenn man Holla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ka&#x0364;&#x017F;e gege&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
gebo&#x017F;elt, einen Sperling ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en, oder<lb/>
mit &#x017F;einem Diener &#x017F;ich gezanckt hat, und was<lb/>
dergleichen abge&#x017F;chmackte Dinge mehr &#x017F;ind.<lb/><hi rendition="#aq">Memoria hominum e&#x017F;t labilis.</hi> Wer gleich<lb/>
alles be&#x017F;iehet, nichts aber davon aufzeichnet,<lb/>
dem gehet es wie demjenigen, der &#x017F;ein Ge&#x017F;icht<lb/>
im Spiegel be&#x017F;chauet, nehmlich daß er alles<lb/>
in kurtzer Zeit wieder vergi&#x017F;t, und ihm nach<lb/>
wenig Jahren &#x017F;eine gantze Rei&#x017F;en als ein an-<lb/>
muthiger Traum, von welchem er nur <hi rendition="#aq">con-<lb/>
fu&#x017F;e Idéen</hi> hat, vorkommen, und nachge-<lb/>
hends niemanden davon <hi rendition="#aq">&#x017F;olide Rai&#x017F;ons</hi> und<lb/>
Nachrichten geben kan. Die hierbey ge-<note place="right">de&#x017F;&#x017F;en Nu-<lb/>
tzen erwe-<lb/>
gen;</note><lb/>
habte Mu&#x0364;he wird durch einen vielfa&#x0364;ltigen<lb/>
Nutzen gewiß vergolten werden.</p><lb/>
            <p>Jch habe auf meinen Rei&#x017F;en eines ums<lb/>
Vater-Land ho&#x0364;ch&#x017F;t verdienten <hi rendition="#aq">Cavaliers</hi> aus<note place="right">hierinnen<lb/>
einem gu-<lb/>
ten Exem-<lb/>
pel nach-<lb/>
folgen.</note><lb/>
Sach&#x017F;en, zwey Herren So&#x0364;hne angetroffen,<lb/>
die beyde gute <hi rendition="#aq">Studia</hi> hatten, und &#x017F;ich auf<lb/>
Rei&#x017F;en ungemein <hi rendition="#aq">qualifici</hi>ret, und allbereits,<lb/>
wie man mir ge&#x017F;agt hat, an&#x017F;ehnliche <hi rendition="#aq">Chargen,</hi><lb/>
als Belohnungen ihrer Verdien&#x017F;te, u&#x0364;ber-<lb/>
kommen haben. Die&#x017F;e mu&#x017F;ten ihr ordentli-<lb/>
ches <hi rendition="#aq">Journal</hi> halten, und dero Herrn Vater<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daraus</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[125/0147] Die XII. Anmerckung. (u) mercken, was in den Krahm entweder haupt- ſaͤchlich, oder nur einiger maſſen zum Haupt- oder Neben-Zweck dienen kan, und taͤglich etwan des Abends, oder wenn man Zeit hat, in das darzu gewiedmete Reiſe-Journal or- dentlich eintragen, nicht aber alle Bagatellen, als: wenn man Hollaͤndiſchen Kaͤſe gegeſſen, geboſelt, einen Sperling geſchoſſen, oder mit ſeinem Diener ſich gezanckt hat, und was dergleichen abgeſchmackte Dinge mehr ſind. Memoria hominum eſt labilis. Wer gleich alles beſiehet, nichts aber davon aufzeichnet, dem gehet es wie demjenigen, der ſein Geſicht im Spiegel beſchauet, nehmlich daß er alles in kurtzer Zeit wieder vergiſt, und ihm nach wenig Jahren ſeine gantze Reiſen als ein an- muthiger Traum, von welchem er nur con- fuſe Idéen hat, vorkommen, und nachge- hends niemanden davon ſolide Raiſons und Nachrichten geben kan. Die hierbey ge- habte Muͤhe wird durch einen vielfaͤltigen Nutzen gewiß vergolten werden. Ein Reiſe- Journal halten. deſſen Nu- tzen erwe- gen; Jch habe auf meinen Reiſen eines ums Vater-Land hoͤchſt verdienten Cavaliers aus Sachſen, zwey Herren Soͤhne angetroffen, die beyde gute Studia hatten, und ſich auf Reiſen ungemein qualificiret, und allbereits, wie man mir geſagt hat, anſehnliche Chargen, als Belohnungen ihrer Verdienſte, uͤber- kommen haben. Dieſe muſten ihr ordentli- ches Journal halten, und dero Herrn Vater daraus hierinnen einem gu- ten Exem- pel nach- folgen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/147
Zitationshilfe: Tschirnhaus, Ehrenfried Walther von: Getreuer Hofmeister auf Academien und Reisen. Hrsg. v. Wolfgang Bernhard von Tschirnhaus. Hannover, 1727, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tschirnhaus_anleitung_1727/147>, abgerufen am 26.04.2024.