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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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[Spaltenumbruch]

Rei
durch andere Köder fangen sollen.
Jn Ungarn giebt es Reiger, die
fast gantz weiß, aber etwas klei-
ner, als die gemeinen Reiger, son-
sten aber an der Gestalt ihnen
gantz gleich, aber dabey sehr träg
und langsam sind, und wenn
sie Ungewitter vermercken, sich so
hoch in die Lufft und über die Wol-
cken schwingen, daß man sie aus
dem Gesichte verlieret. Diese
sind vor andern sehr gefräßig, ver-
schlucken auch Muscheln, und
wenn sie mercken, daß sie sich im
Kropffe von der Wärme aufge-
than, geben sie solche wieder von
sich, und suchen erst das Fleisch
heraus. Die Reiger sollen als
schadhaffte Vögel an Teichen, son-
derlich wo Brut ist, nicht gelit-
ten, sondern wie man kan und
mag weggepürschet werden. Jn
Sachsen werden sie zur Nieder-
Jagd gerechnet, in Oesterreich
nnd anderer Orten aber zur Lust-
barkeit grosser Herren geheget, und
meistentheils im Frühling sehr kost-
bar gebaitzet, zu welcher Baitze
gemeiniglich nur Ger-Falcken, oder
Blau-Füsse genommen werden.
Das Reiger-Fleisch schmeckt starck
nach Fischen, absonderlich der
Alten, darum es nicht wohl zu
essen; wiewol die jungen und halb-
wüchsigen Reiger wegen ihres zar-
ten Fleisches in Franckreich für
ein Leckerbißlein gehalten werden.
Das Fett wird, wie obgedacht, von
den Fischern unter die Köder, aus-
ser diesem aber auch in der Artz-
ney äusserlich zu Linderung der po-
dagrischen Schmertzen, Beneh-
mung der Taubheit und Dunckel-
heit der Augen gebraucht.

Reiger-Baitz,

Jst eine Jagd-Lust grosser Her-
[Spaltenumbruch]

Rei
ren, da sie die Reiger mit abge-
richteten Raub-Vögeln, Falcken,
oder Blaufüssen fangen lassen.
Man nimmt solche an einem schö-
nen und stillen Tage vor, und be-
giebt sich zu Pferde mit den Fal-
cken an einen solchen Ort, wo
man weiß, daß sich Reiger auf-
halten. Wenn nun die Stöber-
Hunde einen Reiger aufgetrieben,
der Falckenier auch zum rechten
Vortheil den Vogel abgewor-
fen, und der Reiger den Falcken
gewahr wird, so speyet er den
eingeschluckten Raub von kleinen
Fischen, währenden Flugs herab,
um sich zur Flucht leichte zu ma-
chen, oder, da er noch nüchtern,
fänget er an mit besonderm Fleiß
über sich zu steigen, daß er fast
kaum zu sehen; der Falcke steiget
auch in die Höhe, thut aber, als
ob er den Reiger nicht sähe, bis
er durch sonderbare Umschweiffe
und unglaubliche Geschwindig-
keit dem Reiger die Höhe abge-
wonnen, worauf er anfänget mit
seinen starcken Waffen auf den
Reiger einen heftigen Anfall zu
thun, giebt demselben einen Grif
und Fang, dann schwingt er sich
wieder ober, um und neben ihm
herum, bis er seinen Vortheil
ersiehet, ihn gar anzupacken, weil
er sich vor des Reigers spitzigem
Schnabel wohl vorzuschen hat,
indem hierdurch, wenn der Rei-
ger den Hals auf den Rücken
legt, und den Schnabel über sich
hält, mancher junger unerfahrner
Falcke gar leichte und öfters ge-
spiesset wird, weswegen auch zu-
weilen zwey Falcken, als ein al-
ter und ein junger auf einen Rei-
ger gebaitzet werden, damit desto
weniger Gefahr dabey zu besor-
gen. Zuweilen wendet sich der

Reiger

[Spaltenumbruch]

Rei
durch andere Koͤder fangen ſollen.
Jn Ungarn giebt es Reiger, die
faſt gantz weiß, aber etwas klei-
ner, als die gemeinen Reiger, ſon-
ſten aber an der Geſtalt ihnen
gantz gleich, aber dabey ſehr traͤg
und langſam ſind, und wenn
ſie Ungewitter vermercken, ſich ſo
hoch in die Lufft und uͤber die Wol-
cken ſchwingen, daß man ſie aus
dem Geſichte verlieret. Dieſe
ſind vor andern ſehr gefraͤßig, ver-
ſchlucken auch Muſcheln, und
wenn ſie mercken, daß ſie ſich im
Kropffe von der Waͤrme aufge-
than, geben ſie ſolche wieder von
ſich, und ſuchen erſt das Fleiſch
heraus. Die Reiger ſollen als
ſchadhaffte Voͤgel an Teichen, ſon-
derlich wo Brut iſt, nicht gelit-
ten, ſondern wie man kan und
mag weggepuͤrſchet werden. Jn
Sachſen werden ſie zur Nieder-
Jagd gerechnet, in Oeſterreich
nnd anderer Orten aber zur Luſt-
barkeit groſſer Herren geheget, und
meiſtentheils im Fruͤhling ſehr koſt-
bar gebaitzet, zu welcher Baitze
gemeiniglich nur Ger-Falcken, oder
Blau-Fuͤſſe genommen werden.
Das Reiger-Fleiſch ſchmeckt ſtarck
nach Fiſchen, abſonderlich der
Alten, darum es nicht wohl zu
eſſen; wiewol die jungen und halb-
wuͤchſigen Reiger wegen ihres zar-
ten Fleiſches in Franckreich fuͤr
ein Leckerbißlein gehalten werden.
Das Fett wird, wie obgedacht, von
den Fiſchern unter die Koͤder, auſ-
ſer dieſem aber auch in der Artz-
ney aͤuſſerlich zu Linderung der po-
dagriſchen Schmertzen, Beneh-
mung der Taubheit und Dunckel-
heit der Augen gebraucht.

Reiger-Baitz,

Jſt eine Jagd-Luſt groſſer Her-
[Spaltenumbruch]

Rei
ren, da ſie die Reiger mit abge-
richteten Raub-Voͤgeln, Falcken,
oder Blaufuͤſſen fangen laſſen.
Man nimmt ſolche an einem ſchoͤ-
nen und ſtillen Tage vor, und be-
giebt ſich zu Pferde mit den Fal-
cken an einen ſolchen Ort, wo
man weiß, daß ſich Reiger auf-
halten. Wenn nun die Stoͤber-
Hunde einen Reiger aufgetrieben,
der Falckenier auch zum rechten
Vortheil den Vogel abgewor-
fen, und der Reiger den Falcken
gewahr wird, ſo ſpeyet er den
eingeſchluckten Raub von kleinen
Fiſchen, waͤhrenden Flugs herab,
um ſich zur Flucht leichte zu ma-
chen, oder, da er noch nuͤchtern,
faͤnget er an mit beſonderm Fleiß
uͤber ſich zu ſteigen, daß er faſt
kaum zu ſehen; der Falcke ſteiget
auch in die Hoͤhe, thut aber, als
ob er den Reiger nicht ſaͤhe, bis
er durch ſonderbare Umſchweiffe
und unglaubliche Geſchwindig-
keit dem Reiger die Hoͤhe abge-
wonnen, worauf er anfaͤnget mit
ſeinen ſtarcken Waffen auf den
Reiger einen heftigen Anfall zu
thun, giebt demſelben einen Grif
und Fang, dann ſchwingt er ſich
wieder ober, um und neben ihm
herum, bis er ſeinen Vortheil
erſiehet, ihn gar anzupacken, weil
er ſich vor des Reigers ſpitzigem
Schnabel wohl vorzuſchen hat,
indem hierdurch, wenn der Rei-
ger den Hals auf den Ruͤcken
legt, und den Schnabel uͤber ſich
haͤlt, mancher junger unerfahrner
Falcke gar leichte und oͤfters ge-
ſpieſſet wird, weswegen auch zu-
weilen zwey Falcken, als ein al-
ter und ein junger auf einen Rei-
ger gebaitzet werden, damit deſto
weniger Gefahr dabey zu beſor-
gen. Zuweilen wendet ſich der

Reiger
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[0977] Rei Rei durch andere Koͤder fangen ſollen. Jn Ungarn giebt es Reiger, die faſt gantz weiß, aber etwas klei- ner, als die gemeinen Reiger, ſon- ſten aber an der Geſtalt ihnen gantz gleich, aber dabey ſehr traͤg und langſam ſind, und wenn ſie Ungewitter vermercken, ſich ſo hoch in die Lufft und uͤber die Wol- cken ſchwingen, daß man ſie aus dem Geſichte verlieret. Dieſe ſind vor andern ſehr gefraͤßig, ver- ſchlucken auch Muſcheln, und wenn ſie mercken, daß ſie ſich im Kropffe von der Waͤrme aufge- than, geben ſie ſolche wieder von ſich, und ſuchen erſt das Fleiſch heraus. Die Reiger ſollen als ſchadhaffte Voͤgel an Teichen, ſon- derlich wo Brut iſt, nicht gelit- ten, ſondern wie man kan und mag weggepuͤrſchet werden. Jn Sachſen werden ſie zur Nieder- Jagd gerechnet, in Oeſterreich nnd anderer Orten aber zur Luſt- barkeit groſſer Herren geheget, und meiſtentheils im Fruͤhling ſehr koſt- bar gebaitzet, zu welcher Baitze gemeiniglich nur Ger-Falcken, oder Blau-Fuͤſſe genommen werden. Das Reiger-Fleiſch ſchmeckt ſtarck nach Fiſchen, abſonderlich der Alten, darum es nicht wohl zu eſſen; wiewol die jungen und halb- wuͤchſigen Reiger wegen ihres zar- ten Fleiſches in Franckreich fuͤr ein Leckerbißlein gehalten werden. Das Fett wird, wie obgedacht, von den Fiſchern unter die Koͤder, auſ- ſer dieſem aber auch in der Artz- ney aͤuſſerlich zu Linderung der po- dagriſchen Schmertzen, Beneh- mung der Taubheit und Dunckel- heit der Augen gebraucht. Reiger-Baitz, Jſt eine Jagd-Luſt groſſer Her- ren, da ſie die Reiger mit abge- richteten Raub-Voͤgeln, Falcken, oder Blaufuͤſſen fangen laſſen. Man nimmt ſolche an einem ſchoͤ- nen und ſtillen Tage vor, und be- giebt ſich zu Pferde mit den Fal- cken an einen ſolchen Ort, wo man weiß, daß ſich Reiger auf- halten. Wenn nun die Stoͤber- Hunde einen Reiger aufgetrieben, der Falckenier auch zum rechten Vortheil den Vogel abgewor- fen, und der Reiger den Falcken gewahr wird, ſo ſpeyet er den eingeſchluckten Raub von kleinen Fiſchen, waͤhrenden Flugs herab, um ſich zur Flucht leichte zu ma- chen, oder, da er noch nuͤchtern, faͤnget er an mit beſonderm Fleiß uͤber ſich zu ſteigen, daß er faſt kaum zu ſehen; der Falcke ſteiget auch in die Hoͤhe, thut aber, als ob er den Reiger nicht ſaͤhe, bis er durch ſonderbare Umſchweiffe und unglaubliche Geſchwindig- keit dem Reiger die Hoͤhe abge- wonnen, worauf er anfaͤnget mit ſeinen ſtarcken Waffen auf den Reiger einen heftigen Anfall zu thun, giebt demſelben einen Grif und Fang, dann ſchwingt er ſich wieder ober, um und neben ihm herum, bis er ſeinen Vortheil erſiehet, ihn gar anzupacken, weil er ſich vor des Reigers ſpitzigem Schnabel wohl vorzuſchen hat, indem hierdurch, wenn der Rei- ger den Hals auf den Ruͤcken legt, und den Schnabel uͤber ſich haͤlt, mancher junger unerfahrner Falcke gar leichte und oͤfters ge- ſpieſſet wird, weswegen auch zu- weilen zwey Falcken, als ein al- ter und ein junger auf einen Rei- ger gebaitzet werden, damit deſto weniger Gefahr dabey zu beſor- gen. Zuweilen wendet ſich der Reiger

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/977>, abgerufen am 21.11.2024.