Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Rac digste und beqvemste ist; densel-ben wird ein solches Pferd am be- sten machen, welches 1) kurtz von Leibe, 2) die vollkommene Union hat, 3) mit Kopf und Hals in seine gute Positur gebracht ist, 4) ein gelindes Maul hat, 5) ei- neu starcken Rücken und Lenden hat, 6) die vordern Schenckel wohl bieget, und mit den hintern in gleicher Stärcke und Fertigkeit folget, 7) in gleichem Tact ein- mil wie das andere macht, und nicht aus einer Aria in die andere fält. Raccorder, Jst in der Music die Saiten Racler, Auf der Laute, Violin, Viol- Rähe, Rehe, Röhe, Jst [e]ine Pferde-Kranckheit, Futter-Rähe [i]st die ärgste und Räh ten Speise der Leber benommenund an stat derselben rohe, grobe, undäuliche Nahrung aus dem Magen durch die Leber, Hungers halber angezogen wird, welche die Leber ersticken, und das näh- rende Geblüt durch ihre Adern nicht mag ausgeführet werden, alsdenn fallen die Feuchtigkeiten dem Pferde in seine Schenckel her- ab, wodurch die Kräffte des hu- midi radicalis allen Gliedern be- nommen, also die Pferde anfan- gen Krafftlos zu werden, zittern, und jähling darnieder fallen. Die Zeichen dieser Kranckheit sind diese: Erstlich überläufft es den gantzen Rück-Grad, alsdenn fällt es in die Schenckel, welche anheben zu zittern, also, daß das Pferd die vordern Füsse zusam- men schrenckt, dahero es nicht allein aus Mattigkeit derselben auf beyde Seiten schwanckt, son- dern auch sich gestaltet, als ob es hinter sich fallen wolte; wenn es niederfällt, kan es schwerlich wie- der aufgebracht werden; es schwi- tzet bisweilen an den Rippen und in den Weichen; und lässet den Harn mit Zwang von sich; so fahren ihm auch zuweilen in dem Maul stinckende Blätterlein auf: Die Füsse werden ie länger ie steif- fer, das Pferd streckt sie alle viere von sich, und die Huffe bekom- men Ringe; es hat einen sehr heissen und stinckenden Athem; setzet bisweilen die hintern zu den vordern Füssen, blähet sich offt, und so es geführet wird, kan es seine Schenckel nicht biegen. Diesem Uibel abzuhelfen, soll man vor allen Dingen dem Pferde die Eisen wohl auziehen, massen in dieser Krauckheit die Hufe gar bald hinweg fallen, hiernechst fol- gendes N n n 4
[Spaltenumbruch] Rac digſte und beqvemſte iſt; denſel-ben wird ein ſolches Pferd am be- ſten machen, welches 1) kurtz von Leibe, 2) die vollkommene Union hat, 3) mit Kopf und Hals in ſeine gute Poſitur gebracht iſt, 4) ein gelindes Maul hat, 5) ei- neu ſtarcken Ruͤcken und Lenden hat, 6) die vordern Schenckel wohl bieget, und mit den hintern in gleicher Staͤrcke und Fertigkeit folget, 7) in gleichem Tact ein- mil wie das andere macht, und nicht aus einer Aria in die andere faͤlt. Raccorder, Jſt in der Muſic die Saiten Racler, Auf der Laute, Violin, Viol- Raͤhe, Rehe, Roͤhe, Jſt [e]ine Pferde-Kranckheit, Futter-Raͤhe [i]ſt die aͤrgſte und Raͤh ten Speiſe der Leber benommenund an ſtat derſelben rohe, grobe, undaͤuliche Nahrung aus dem Magen durch die Leber, Hungers halber angezogen wird, welche die Leber erſticken, und das naͤh- rende Gebluͤt durch ihre Adern nicht mag ausgefuͤhret werden, alsdenn fallen die Feuchtigkeiten dem Pferde in ſeine Schenckel her- ab, wodurch die Kraͤffte des hu- midi radicalis allen Gliedern be- nommen, alſo die Pferde anfan- gen Krafftlos zu werden, zittern, und jaͤhling darnieder fallen. Die Zeichen dieſer Kranckheit ſind dieſe: Erſtlich uͤberlaͤufft es den gantzen Ruͤck-Grad, alsdenn faͤllt es in die Schenckel, welche anheben zu zittern, alſo, daß das Pferd die vordern Fuͤſſe zuſam- men ſchrenckt, dahero es nicht allein aus Mattigkeit derſelben auf beyde Seiten ſchwanckt, ſon- dern auch ſich geſtaltet, als ob es hinter ſich fallen wolte; wenn es niederfaͤllt, kan es ſchwerlich wie- der aufgebracht werden; es ſchwi- tzet bisweilen an den Rippen und in den Weichen; und laͤſſet den Harn mit Zwang von ſich; ſo fahren ihm auch zuweilen in dem Maul ſtinckende Blaͤtterlein auf: Die Fuͤſſe werden ie laͤnger ie ſteif- fer, das Pferd ſtreckt ſie alle viere von ſich, und die Huffe bekom- men Ringe; es hat einen ſehr heiſſen und ſtinckenden Athem; ſetzet bisweilen die hintern zu den vordern Fuͤſſen, blaͤhet ſich offt, und ſo es gefuͤhret wird, kan es ſeine Schenckel nicht biegen. Dieſem Uibel abzuhelfen, ſoll man vor allen Dingen dem Pferde die Eiſen wohl auziehen, maſſen in dieſer Krauckheit die Hufe gar bald hinweg fallen, hiernechſt fol- gendes N n n 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0955"/><cb n="1869"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Rac</hi></hi></fw><lb/> digſte und beqvemſte iſt; denſel-<lb/> ben wird ein ſolches Pferd am be-<lb/> ſten machen, welches 1) kurtz von<lb/> Leibe, 2) die vollkommene Union<lb/> hat, 3) mit Kopf und Hals in<lb/> ſeine gute Poſitur gebracht iſt,<lb/> 4) ein gelindes Maul hat, 5) ei-<lb/> neu ſtarcken Ruͤcken und Lenden<lb/> hat, 6) die vordern Schenckel<lb/> wohl bieget, und mit den hintern<lb/> in gleicher Staͤrcke und Fertigkeit<lb/> folget, 7) in gleichem Tact ein-<lb/> mil wie das andere macht, und<lb/> nicht aus einer <hi rendition="#aq">Aria</hi> in die andere<lb/> faͤlt.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Raccorder,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Jſt in der Muſic die Saiten<lb/> wider ſtimmen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Racler,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Auf der Laute, Violin, Viol-<lb/> diganba und dergleichen Saiten-<lb/> Jnſtrumenten uͤbel ſpielen oder<lb/> kratzen</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#fr">Raͤhe, Rehe, Roͤhe,</hi> </head><lb/> <p>Jſt <supplied>e</supplied>ine Pferde-Kranckheit,<lb/> die ſonſt<supplied>e</supplied>n auch das Verfangen<lb/> oder Veſchlagen genennet wird.<lb/> Sie iſt deyerley, und entſtehet<lb/> entweder <supplied>v</supplied>om Futter, oder vom<lb/> Waſſer, o<supplied>de</supplied>r vom Winde, und<lb/> wird dahero entweder die Futter-<lb/> Raͤhe, Waſſe-Raͤhe oder Wind-<lb/> Raͤhe genennt. Die</p><lb/> <p>Futter-Raͤhe <supplied>i</supplied>ſt die aͤrgſte und<lb/> gefaͤhrlichſte, <supplied>u</supplied>nd kommt daher,<lb/> wenn ein Pfe<supplied>r</supplied>d entweder aufs<lb/> Futter-Freſſen <supplied>o</supplied>hnaufhoͤrlich ge-<lb/> jagt worden; od<supplied>e</supplied>r ſo es hitzig ge-<lb/> ritten oder gefuͤh<supplied>r</supplied>et worden, und<lb/> man ihm alsbald <supplied>v</supplied>iel Futter vor-<lb/> ſchuͤttet, wordur<supplied>ch</supplied> der Magen<lb/> und die Leber erſ<supplied>te</supplied>cket werden,<lb/> nemlich daß erſtlich <supplied>d</supplied>ie Krafft der<lb/> Daͤuung dem Mag<supplied>en</supplied>, und von<lb/> dar aus der Zugang <supplied>de</supplied>r abgedaͤue-<lb/><cb n="1870"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Raͤh</hi></hi></fw><lb/> ten Speiſe der Leber benommen<lb/> und an ſtat derſelben rohe, grobe,<lb/> undaͤuliche Nahrung aus dem<lb/> Magen durch die Leber, Hungers<lb/> halber angezogen wird, welche<lb/> die Leber erſticken, und das naͤh-<lb/> rende Gebluͤt durch ihre Adern<lb/> nicht mag ausgefuͤhret werden,<lb/> alsdenn fallen die Feuchtigkeiten<lb/> dem Pferde in ſeine Schenckel her-<lb/> ab, wodurch die Kraͤffte des <hi rendition="#aq">hu-<lb/> midi radicalis</hi> allen Gliedern be-<lb/> nommen, alſo die Pferde anfan-<lb/> gen Krafftlos zu werden, zittern,<lb/> und jaͤhling darnieder fallen.<lb/> Die Zeichen dieſer Kranckheit ſind<lb/> dieſe: Erſtlich uͤberlaͤufft es den<lb/> gantzen Ruͤck-Grad, alsdenn<lb/> faͤllt es in die Schenckel, welche<lb/> anheben zu zittern, alſo, daß das<lb/> Pferd die vordern Fuͤſſe zuſam-<lb/> men ſchrenckt, dahero es nicht<lb/> allein aus Mattigkeit derſelben<lb/> auf beyde Seiten ſchwanckt, ſon-<lb/> dern auch ſich geſtaltet, als ob es<lb/> hinter ſich fallen wolte; wenn es<lb/> niederfaͤllt, kan es ſchwerlich wie-<lb/> der aufgebracht werden; es ſchwi-<lb/> tzet bisweilen an den Rippen und<lb/> in den Weichen; und laͤſſet den<lb/> Harn mit Zwang von ſich; ſo<lb/> fahren ihm auch zuweilen in dem<lb/> Maul ſtinckende Blaͤtterlein auf:<lb/> Die Fuͤſſe werden ie laͤnger ie ſteif-<lb/> fer, das Pferd ſtreckt ſie alle viere<lb/> von ſich, und die Huffe bekom-<lb/> men Ringe; es hat einen ſehr<lb/> heiſſen und ſtinckenden Athem;<lb/> ſetzet bisweilen die hintern zu den<lb/> vordern Fuͤſſen, blaͤhet ſich offt,<lb/> und ſo es gefuͤhret wird, kan es<lb/> ſeine Schenckel nicht biegen.<lb/> Dieſem Uibel abzuhelfen, ſoll man<lb/> vor allen Dingen dem Pferde die<lb/> Eiſen wohl auziehen, maſſen in<lb/> dieſer Krauckheit die Hufe gar<lb/> bald hinweg fallen, hiernechſt fol-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N n n 4</fw><fw place="bottom" type="catch">gendes</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0955]
Rac
Raͤh
digſte und beqvemſte iſt; denſel-
ben wird ein ſolches Pferd am be-
ſten machen, welches 1) kurtz von
Leibe, 2) die vollkommene Union
hat, 3) mit Kopf und Hals in
ſeine gute Poſitur gebracht iſt,
4) ein gelindes Maul hat, 5) ei-
neu ſtarcken Ruͤcken und Lenden
hat, 6) die vordern Schenckel
wohl bieget, und mit den hintern
in gleicher Staͤrcke und Fertigkeit
folget, 7) in gleichem Tact ein-
mil wie das andere macht, und
nicht aus einer Aria in die andere
faͤlt.
Raccorder,
Jſt in der Muſic die Saiten
wider ſtimmen.
Racler,
Auf der Laute, Violin, Viol-
diganba und dergleichen Saiten-
Jnſtrumenten uͤbel ſpielen oder
kratzen
Raͤhe, Rehe, Roͤhe,
Jſt eine Pferde-Kranckheit,
die ſonſten auch das Verfangen
oder Veſchlagen genennet wird.
Sie iſt deyerley, und entſtehet
entweder vom Futter, oder vom
Waſſer, oder vom Winde, und
wird dahero entweder die Futter-
Raͤhe, Waſſe-Raͤhe oder Wind-
Raͤhe genennt. Die
Futter-Raͤhe iſt die aͤrgſte und
gefaͤhrlichſte, und kommt daher,
wenn ein Pferd entweder aufs
Futter-Freſſen ohnaufhoͤrlich ge-
jagt worden; oder ſo es hitzig ge-
ritten oder gefuͤhret worden, und
man ihm alsbald viel Futter vor-
ſchuͤttet, wordurch der Magen
und die Leber erſtecket werden,
nemlich daß erſtlich die Krafft der
Daͤuung dem Magen, und von
dar aus der Zugang der abgedaͤue-
ten Speiſe der Leber benommen
und an ſtat derſelben rohe, grobe,
undaͤuliche Nahrung aus dem
Magen durch die Leber, Hungers
halber angezogen wird, welche
die Leber erſticken, und das naͤh-
rende Gebluͤt durch ihre Adern
nicht mag ausgefuͤhret werden,
alsdenn fallen die Feuchtigkeiten
dem Pferde in ſeine Schenckel her-
ab, wodurch die Kraͤffte des hu-
midi radicalis allen Gliedern be-
nommen, alſo die Pferde anfan-
gen Krafftlos zu werden, zittern,
und jaͤhling darnieder fallen.
Die Zeichen dieſer Kranckheit ſind
dieſe: Erſtlich uͤberlaͤufft es den
gantzen Ruͤck-Grad, alsdenn
faͤllt es in die Schenckel, welche
anheben zu zittern, alſo, daß das
Pferd die vordern Fuͤſſe zuſam-
men ſchrenckt, dahero es nicht
allein aus Mattigkeit derſelben
auf beyde Seiten ſchwanckt, ſon-
dern auch ſich geſtaltet, als ob es
hinter ſich fallen wolte; wenn es
niederfaͤllt, kan es ſchwerlich wie-
der aufgebracht werden; es ſchwi-
tzet bisweilen an den Rippen und
in den Weichen; und laͤſſet den
Harn mit Zwang von ſich; ſo
fahren ihm auch zuweilen in dem
Maul ſtinckende Blaͤtterlein auf:
Die Fuͤſſe werden ie laͤnger ie ſteif-
fer, das Pferd ſtreckt ſie alle viere
von ſich, und die Huffe bekom-
men Ringe; es hat einen ſehr
heiſſen und ſtinckenden Athem;
ſetzet bisweilen die hintern zu den
vordern Fuͤſſen, blaͤhet ſich offt,
und ſo es gefuͤhret wird, kan es
ſeine Schenckel nicht biegen.
Dieſem Uibel abzuhelfen, ſoll man
vor allen Dingen dem Pferde die
Eiſen wohl auziehen, maſſen in
dieſer Krauckheit die Hufe gar
bald hinweg fallen, hiernechſt fol-
gendes
N n n 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |