Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Nob fahren aufweisen können. 5) Beyden Römischen Nobilibus lag we- nig daran, ob sie, wenn sie sich um öffentliche Ehren-Aemter be- warben, viele oder wenige Bil- der ihrer Vorfahren vorzeigen konten; Hingegen haben die Deutschen denjenigen von Adel, welche eine gewisse Anzahl ihrer Ahnen erweisen können, gewisse ansehnliche Würden und Vor- rechte vorbehalten, von denen sie alle diejenigen ausschliessen, wel- che sothane Ahnen-Probe zu voll- führen nicht im Stande sind. 6) Die Römischen Nobiles wa- ren aller Vorrechte der Nobilita- tis fähig, wenn sie gleich nur die Bilder ihrer Väter und väterli- cher Vorfahren aufwiesen, ob- gleich ihre Mutter, Groß- und Ur- Elter-Mutter von den Plebejis abstammete: Die Deutschen aber lassen nur diejenigen zu den Vor- theilen des Adel-Standes zu, welche sich eines rechtfertigen Adels rühmen, und solchen sowol von väterlicher als mütterlicher Seiten erweisen können. 7) Die Römer bewiesen ihren Adel bloß mit den staubigten Bildern ihrer Vorfahren: Die Deutschen aber beweisen ihren rechtfertigen Adel nicht allein durch Vorzeigung der Geschlechts-Wappen ihrer Ahnen, sondern auch durch Zeugen und Urkunden, wie solches die Gese- tze, Statuta und Gewohnheiten vorgeschrieben, verordnet und her- gebracht haben. Nobilitiren, Heist kurtz zu sagen, aus dem Noblesse, Der Adel ist ein rechter Schmuck, Noc welcher Schwerdt und Scepter,Cron und Haube, Hut und Krantz bey sich führet, und ist der tapfern Helden ihr Sold, und der Edelleute ihr Lohn, deren Blut von den Helden und Ahnen wol herstammet, aber nicht an- geerbt werden kan, weil wir von Natur nicht zur Tugend, son- dern mehr zu Lastern geneigt sind. So kommt es demnach auf eine Christliche und sorgfältige Erzie- hung an, wenn man den Adel nicht nur dem Geblüte, sondern auch dem Gemüthe nach erhalten will. Das Leben eines wahren Edelmanns solte so beschaffen seyn, daß er mit Wahrheit sagen kan: Et ge- nus & proavos, & quae non fe- cimus ipsi, vix ea nostra puto. Nocturne, le Manier no- cturne, Das nächtliche Reiten, oder ein drin-
[Spaltenumbruch] Nob fahren aufweiſen koͤnnen. 5) Beyden Roͤmiſchen Nobilibus lag we- nig daran, ob ſie, wenn ſie ſich um oͤffentliche Ehren-Aemter be- warben, viele oder wenige Bil- der ihrer Vorfahren vorzeigen konten; Hingegen haben die Deutſchen denjenigen von Adel, welche eine gewiſſe Anzahl ihrer Ahnen erweiſen koͤnnen, gewiſſe anſehnliche Wuͤrden und Vor- rechte vorbehalten, von denen ſie alle diejenigen ausſchlieſſen, wel- che ſothane Ahnen-Probe zu voll- fuͤhren nicht im Stande ſind. 6) Die Roͤmiſchen Nobiles wa- ren aller Vorrechte der Nobilita- tis faͤhig, wenn ſie gleich nur die Bilder ihrer Vaͤter und vaͤterli- cher Vorfahren aufwieſen, ob- gleich ihre Mutter, Groß- und Ur- Elter-Mutter von den Plebejis abſtammete: Die Deutſchen aber laſſen nur diejenigen zu den Vor- theilen des Adel-Standes zu, welche ſich eines rechtfertigen Adels ruͤhmen, und ſolchen ſowol von vaͤterlicher als muͤtterlicher Seiten erweiſen koͤnnen. 7) Die Roͤmer bewieſen ihren Adel bloß mit den ſtaubigten Bildern ihrer Vorfahren: Die Deutſchen aber beweiſen ihren rechtfertigen Adel nicht allein durch Vorzeigung der Geſchlechts-Wappen ihrer Ahnen, ſondern auch durch Zeugen und Urkunden, wie ſolches die Geſe- tze, Statuta und Gewohnheiten vorgeſchrieben, verordnet und her- gebracht haben. Nobilitiren, Heiſt kurtz zu ſagen, aus dem Nobleſſe, Der Adel iſt ein rechter Schmuck, Noc welcher Schwerdt und Scepter,Cron und Haube, Hut und Krantz bey ſich fuͤhret, und iſt der tapfern Helden ihr Sold, und der Edelleute ihr Lohn, deren Blut von den Helden und Ahnen wol herſtammet, aber nicht an- geerbt werden kan, weil wir von Natur nicht zur Tugend, ſon- dern mehr zu Laſtern geneigt ſind. So kommt es demnach auf eine Chriſtliche und ſorgfaͤltige Erzie- hung an, wenn man den Adel nicht nur dem Gebluͤte, ſondern auch dem Gemuͤthe nach erhalten will. Das Leben eines wahren Edelmanns ſolte ſo beſchaffen ſeyn, daß er mit Wahrheit ſagen kan: Et ge- nus & proavos, & quæ non fe- cimus ipſi, vix ea noſtra puto. Nocturne, le Manier no- cturne, Das naͤchtliche Reiten, oder ein drin-
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fahren aufweiſen koͤnnen. 5) Bey
den Roͤmiſchen Nobilibus lag we-
nig daran, ob ſie, wenn ſie ſich
um oͤffentliche Ehren-Aemter be-
warben, viele oder wenige Bil-
der ihrer Vorfahren vorzeigen
konten; Hingegen haben die
Deutſchen denjenigen von Adel,
welche eine gewiſſe Anzahl ihrer
Ahnen erweiſen koͤnnen, gewiſſe
anſehnliche Wuͤrden und Vor-
rechte vorbehalten, von denen ſie
alle diejenigen ausſchlieſſen, wel-
che ſothane Ahnen-Probe zu voll-
fuͤhren nicht im Stande ſind.
6) Die Roͤmiſchen Nobiles wa-
ren aller Vorrechte der Nobilita-
tis faͤhig, wenn ſie gleich nur die
Bilder ihrer Vaͤter und vaͤterli-
cher Vorfahren aufwieſen, ob-
gleich ihre Mutter, Groß- und Ur-
Elter-Mutter von den Plebejis
abſtammete: Die Deutſchen aber
laſſen nur diejenigen zu den Vor-
theilen des Adel-Standes zu,
welche ſich eines rechtfertigen
Adels ruͤhmen, und ſolchen ſowol
von vaͤterlicher als muͤtterlicher
Seiten erweiſen koͤnnen. 7) Die
Roͤmer bewieſen ihren Adel bloß
mit den ſtaubigten Bildern ihrer
Vorfahren: Die Deutſchen aber
beweiſen ihren rechtfertigen Adel
nicht allein durch Vorzeigung der
Geſchlechts-Wappen ihrer Ahnen,
ſondern auch durch Zeugen und
Urkunden, wie ſolches die Geſe-
tze, Statuta und Gewohnheiten
vorgeſchrieben, verordnet und her-
gebracht haben.
Nobilitiren,
Heiſt kurtz zu ſagen, aus dem
dem buͤrgerlichen in den Adel-
Stand erheben.
Nobleſſe,
Der Adel iſt ein rechter Schmuck,
welcher Schwerdt und Scepter,
Cron und Haube, Hut und
Krantz bey ſich fuͤhret, und iſt der
tapfern Helden ihr Sold, und
der Edelleute ihr Lohn, deren
Blut von den Helden und Ahnen
wol herſtammet, aber nicht an-
geerbt werden kan, weil wir von
Natur nicht zur Tugend, ſon-
dern mehr zu Laſtern geneigt ſind.
So kommt es demnach auf eine
Chriſtliche und ſorgfaͤltige Erzie-
hung an, wenn man den Adel nicht
nur dem Gebluͤte, ſondern auch dem
Gemuͤthe nach erhalten will. Das
Leben eines wahren Edelmanns
ſolte ſo beſchaffen ſeyn, daß er
mit Wahrheit ſagen kan: Et ge-
nus & proavos, & quæ non fe-
cimus ipſi, vix ea noſtra puto.
Nocturne, le Manier no-
cturne,
Das naͤchtliche Reiten, oder ein
Pferd bey der Nacht tummeln.
Dieſes iſt ein beſonderer Ge-
brauch, daß einige Bereuter ihre
Schul-Pferde bey Mondenſchein
exerciren, welche Manier, wenn
ſie (um gewiſſer Urſachen willen)
mit Verſtand gebraucht wird, von
niemand kan verworffen werden,
und iſt vor allen ſolche Manier
abſonderlich an den Soldaten-
Pferden zu gebrauchen. Man
muß aber anfangs kein rohes Foh-
len darzu nehmen, ſondern ſolche
Lection gehoͤret nur fuͤr Pferde,
die ein gewiſſes Laſter an ſich ha-
ben, z. E. ſtolpern, ausreiſſen, nicht
auf die Fauſt warten, ſcheu ſind,
mit dem Kopffe goͤllen, hin und
wieder fantaſiren, nach andern
Pferden ſich ſehnen, und umſehen,
nichts nach des Reuters Huͤlffe
fragen, vorn tieff im Boden ge-
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drin-
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