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Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.

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Mus
hen kunten. Jhre Gesänge wa-
ren die Psalmen Davids, und
hatte ieder Tag in der Wochen
seinen eignen Psalmen, wie auch
die Feste. Sie hatten aber alle-
zeit einen Vorsänger, der sang
ein Comma, und solches wieder-
holete allemal die gantze Gemei-
ne, und wann das Wort Sela vor-
kam, (welches so viel bedeutete,
als heut zu Tage das Wort Da
Capo
) so fingen sie den Psalmen
wieder von vorn an. Die Psal-
men wurden insgemein in 3 Sing-
Stücke abgetheilet, da dann zwi-
schen iedem Stücke die Tromme-
ten und andere Instrumenta sich
hören liessen, worauf iedesmal das
Volck mit ihrem Antlitz zur Erden
vor GOtt niedergefallen, wenn
sie die Trommeten gehöret.
Durch diese Music in dem Tem-
pel Gottes wurde vorgebildet der
selige Zustand des zukünfftigen
ewigen Lebens, da man die herr-
lichsten Freuden-Lieder und Lob-
Gesänge der heil. Engel im Him-
mel hören wird.

Musica Moderna,

Wird die heutige Music genen-
net. Jnsgemein pfleget man sel-
bige von 1600 bis auf unsere Zeit
zu rechnen. Die Antiquam rech-
nen einige bis auf Pabsts Gre-
gorii M.
Zeiten, bis aufs fünfte
und sechste Jahrhundert, andere
aber bis auf Guidonem Aretinum
um das Jahr 1024, daher sie denn
in der Antiquo-moderna auch un-
terschieden seyn müssen.

Musica Naturalis,

Eine Music, welche bloß durch
natürliche Menschen-Stimme,
und nicht durch einige gekünstelte
Jnstrumente hervorgebracht wird;
[Spaltenumbruch]

Mus
heisset auch Musica physica, und
wird der artificiali entgegen ge-
setzt. Es wird eine diatonische
Music also genennet, deren Jn-
tervalle auf Jnstrumenten gantz
leicht und ungezwungen sich aus-
drücken lassen. Endlich nennet
man auch also eine Music, welche
gantz schlecht gesetzt ist, und nichts
künstliches in sich hält.

Musica practica,

Jst die Kunst, dadurch man die
in der theoretischen Music wohl-
eingerichtete Klänge entweder mit
dem Halse oder mit klingenden
Werckzeugen ausdrücket. Jm en-
gern Verstande gehöret zwar das
Componiren oder musicalische Se-
tzen zur Theorie; im eigentlichen
Verstande aber ist sie zur practi-
schen Music zu rechnen. Denn
die Art der Theorie ist aller an-
dern vorzuziehen, welche sich nicht
so sehr in leeren innerlichen Be-
trachtungen vertiefft, daß sie dar-
über der That vergißt; sondern
ihre Haupt-Absicht alsofort auf
den Gebrauch und Nutzen richtet.

Musica theoretica,

Jst diejenige, welche nur über
die Klänge zu urtheilen sich befleis-
siget, ihre Natur, Eigenschaften
und Wirckungen untersuchet, aber
in die Praxin sich nicht einlässet.
Oder, sie ist die Wissenschafft,
welche die Klänge für sich selbst
untersuchet, und mittelst gewisser
Regeln zum Wohllaut einrichtet.

Musicien, Musico,

Bedeutet sowol einen Compo-
nisten, als Sänger und Jnstru-
mentisten; die Jtaliener aber le-
gen ihr Musico insonderheit nur
dem Sänger bey. Und Musico

pratti-
C c c 4

[Spaltenumbruch]

Muſ
hen kunten. Jhre Geſaͤnge wa-
ren die Pſalmen Davids, und
hatte ieder Tag in der Wochen
ſeinen eignen Pſalmen, wie auch
die Feſte. Sie hatten aber alle-
zeit einen Vorſaͤnger, der ſang
ein Comma, und ſolches wieder-
holete allemal die gantze Gemei-
ne, und wann das Wort Sela vor-
kam, (welches ſo viel bedeutete,
als heut zu Tage das Wort Da
Capo
) ſo fingen ſie den Pſalmen
wieder von vorn an. Die Pſal-
men wurden insgemein in 3 Sing-
Stuͤcke abgetheilet, da dann zwi-
ſchen iedem Stuͤcke die Tromme-
ten und andere Inſtrumenta ſich
hoͤren lieſſen, worauf iedesmal das
Volck mit ihrem Antlitz zur Erden
vor GOtt niedergefallen, wenn
ſie die Trommeten gehoͤret.
Durch dieſe Muſic in dem Tem-
pel Gottes wurde vorgebildet der
ſelige Zuſtand des zukuͤnfftigen
ewigen Lebens, da man die herr-
lichſten Freuden-Lieder und Lob-
Geſaͤnge der heil. Engel im Him-
mel hoͤren wird.

Muſica Moderna,

Wird die heutige Muſic genen-
net. Jnsgemein pfleget man ſel-
bige von 1600 bis auf unſere Zeit
zu rechnen. Die Antiquam rech-
nen einige bis auf Pabſts Gre-
gorii M.
Zeiten, bis aufs fuͤnfte
und ſechſte Jahrhundert, andere
aber bis auf Guidonem Aretinum
um das Jahr 1024, daher ſie denn
in der Antiquo-moderna auch un-
terſchieden ſeyn muͤſſen.

Muſica Naturalis,

Eine Muſic, welche bloß durch
natuͤrliche Menſchen-Stimme,
und nicht durch einige gekuͤnſtelte
Jnſtrumente hervorgebracht wird;
[Spaltenumbruch]

Muſ
heiſſet auch Muſica phyſica, und
wird der artificiali entgegen ge-
ſetzt. Es wird eine diatoniſche
Muſic alſo genennet, deren Jn-
tervalle auf Jnſtrumenten gantz
leicht und ungezwungen ſich aus-
druͤcken laſſen. Endlich nennet
man auch alſo eine Muſic, welche
gantz ſchlecht geſetzt iſt, und nichts
kuͤnſtliches in ſich haͤlt.

Muſica practica,

Jſt die Kunſt, dadurch man die
in der theoretiſchen Muſic wohl-
eingerichtete Klaͤnge entweder mit
dem Halſe oder mit klingenden
Werckzeugen ausdruͤcket. Jm en-
gern Verſtande gehoͤret zwar das
Componiren oder muſicaliſche Se-
tzen zur Theorie; im eigentlichen
Verſtande aber iſt ſie zur practi-
ſchen Muſic zu rechnen. Denn
die Art der Theorie iſt aller an-
dern vorzuziehen, welche ſich nicht
ſo ſehr in leeren innerlichen Be-
trachtungen vertiefft, daß ſie dar-
uͤber der That vergißt; ſondern
ihre Haupt-Abſicht alſofort auf
den Gebrauch und Nutzen richtet.

Muſica theoretica,

Jſt diejenige, welche nur uͤber
die Klaͤnge zu urtheilen ſich befleiſ-
ſiget, ihre Natur, Eigenſchaften
und Wirckungen unterſuchet, aber
in die Praxin ſich nicht einlaͤſſet.
Oder, ſie iſt die Wiſſenſchafft,
welche die Klaͤnge fuͤr ſich ſelbſt
unterſuchet, und mittelſt gewiſſer
Regeln zum Wohllaut einrichtet.

Muſicien, Muſico,

Bedeutet ſowol einen Compo-
niſten, als Saͤnger und Jnſtru-
mentiſten; die Jtaliener aber le-
gen ihr Muſico inſonderheit nur
dem Saͤnger bey. Und Muſico

pratti-
C c c 4
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[0795] Muſ Muſ hen kunten. Jhre Geſaͤnge wa- ren die Pſalmen Davids, und hatte ieder Tag in der Wochen ſeinen eignen Pſalmen, wie auch die Feſte. Sie hatten aber alle- zeit einen Vorſaͤnger, der ſang ein Comma, und ſolches wieder- holete allemal die gantze Gemei- ne, und wann das Wort Sela vor- kam, (welches ſo viel bedeutete, als heut zu Tage das Wort Da Capo) ſo fingen ſie den Pſalmen wieder von vorn an. Die Pſal- men wurden insgemein in 3 Sing- Stuͤcke abgetheilet, da dann zwi- ſchen iedem Stuͤcke die Tromme- ten und andere Inſtrumenta ſich hoͤren lieſſen, worauf iedesmal das Volck mit ihrem Antlitz zur Erden vor GOtt niedergefallen, wenn ſie die Trommeten gehoͤret. Durch dieſe Muſic in dem Tem- pel Gottes wurde vorgebildet der ſelige Zuſtand des zukuͤnfftigen ewigen Lebens, da man die herr- lichſten Freuden-Lieder und Lob- Geſaͤnge der heil. Engel im Him- mel hoͤren wird. Muſica Moderna, Wird die heutige Muſic genen- net. Jnsgemein pfleget man ſel- bige von 1600 bis auf unſere Zeit zu rechnen. Die Antiquam rech- nen einige bis auf Pabſts Gre- gorii M. Zeiten, bis aufs fuͤnfte und ſechſte Jahrhundert, andere aber bis auf Guidonem Aretinum um das Jahr 1024, daher ſie denn in der Antiquo-moderna auch un- terſchieden ſeyn muͤſſen. Muſica Naturalis, Eine Muſic, welche bloß durch natuͤrliche Menſchen-Stimme, und nicht durch einige gekuͤnſtelte Jnſtrumente hervorgebracht wird; heiſſet auch Muſica phyſica, und wird der artificiali entgegen ge- ſetzt. Es wird eine diatoniſche Muſic alſo genennet, deren Jn- tervalle auf Jnſtrumenten gantz leicht und ungezwungen ſich aus- druͤcken laſſen. Endlich nennet man auch alſo eine Muſic, welche gantz ſchlecht geſetzt iſt, und nichts kuͤnſtliches in ſich haͤlt. Muſica practica, Jſt die Kunſt, dadurch man die in der theoretiſchen Muſic wohl- eingerichtete Klaͤnge entweder mit dem Halſe oder mit klingenden Werckzeugen ausdruͤcket. Jm en- gern Verſtande gehoͤret zwar das Componiren oder muſicaliſche Se- tzen zur Theorie; im eigentlichen Verſtande aber iſt ſie zur practi- ſchen Muſic zu rechnen. Denn die Art der Theorie iſt aller an- dern vorzuziehen, welche ſich nicht ſo ſehr in leeren innerlichen Be- trachtungen vertiefft, daß ſie dar- uͤber der That vergißt; ſondern ihre Haupt-Abſicht alſofort auf den Gebrauch und Nutzen richtet. Muſica theoretica, Jſt diejenige, welche nur uͤber die Klaͤnge zu urtheilen ſich befleiſ- ſiget, ihre Natur, Eigenſchaften und Wirckungen unterſuchet, aber in die Praxin ſich nicht einlaͤſſet. Oder, ſie iſt die Wiſſenſchafft, welche die Klaͤnge fuͤr ſich ſelbſt unterſuchet, und mittelſt gewiſſer Regeln zum Wohllaut einrichtet. Muſicien, Muſico, Bedeutet ſowol einen Compo- niſten, als Saͤnger und Jnſtru- mentiſten; die Jtaliener aber le- gen ihr Muſico inſonderheit nur dem Saͤnger bey. Und Muſico pratti- C c c 4

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Zitationshilfe: Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trichter_ritterexercitienlexikon_1742/795>, abgerufen am 21.11.2024.