Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Müd lich im Frühling läst es seine lan-ge Winter-Haare fallen, und bekommt dargegen kurtze glän- tzende Sommer-Haare, und im Herbst nimmt es seine Winter- Haare wieder an, nachdem es übel bedeckt oder allzu kalt einge- stellt gewesen. 2) Aendert das Pferd auch unterweilen das Horn, welches an denen Frießländischen Kutsch-Pferden geschiehet, denn indem es in einem morastigen Lande erzogen worden, haben sie allzu weich Horn, wenn sie aber in ein trocknes Land gebracht wer- den, verändern sie nach und nach das Horn, dieweil ihnen der Fuß wächset, und ein härters Horn formiret. Müdigkeit, Jst ein beschwerlicher Zustand, Müd de gegen Abend die Schenckelwohl damit reiben, und es also über Nacht stehen lassen; des Morgens aber eine Hand voll Odermennige in halb Wein und halb Wasser sieden, und damit, so warm man es an den Händen erleiden kan, das Roß gegen die Haare reiben, alsdann denselben Tag stille stehen lassen, so kommt es gewiß wieder zu rechte. Oder siede einen grossen Topff voll Tann-Zapffen in Wein, und wa- sche, so warm es seyn kan, dem Pferde sowol die Schenckel, als auch den gantzen Bauch, nebst der Brust und dem Geschröte damit. Laß es auch offt in ein Fließ-Was- ser gegen den Strom führen, und eine Zeit lang darinne gegen den Strom stehen. Man soll inson- derheit solchen müden Pferden Bohnen-Mehl im Futter zu fres- sen geben, und Weitzen-Kleyen unter das Trincken rühren, den- selben aber durchaus keine Ader öffnen lassen, als welches ihnen höchst schädlich ist, sondern dafür denselben von Bolus, Eßig, Brantewein und Knoblauch, Sauerteig und dergleichen einen guten Anstrich machen. Man kan auch solchen Pferden die Schenckel offt mit Knoblauchs- Brühe reiben, und ihnen dabey mit Saltz, Knoblauch und altem Schmeer unter einander gestossen, einschlagen. Etliche waschen ihre müden Pferde mit warmen Was- ser, darinnen Haber-Stroh ge- sotten worden, binden ihnen auch zugleich das warme Haber-Stroh um die Beine, und geben ihnen Eisen-Kraut, Beyfuß, Kletten- Wurtzel, Eber-Wurtzel, Weg- warten etc. unter dem Futter zu fressen. Andere rathen, man soll einem
[Spaltenumbruch] Muͤd lich im Fruͤhling laͤſt es ſeine lan-ge Winter-Haare fallen, und bekommt dargegen kurtze glaͤn- tzende Sommer-Haare, und im Herbſt nimmt es ſeine Winter- Haare wieder an, nachdem es uͤbel bedeckt oder allzu kalt einge- ſtellt geweſen. 2) Aendert das Pferd auch unterweilen das Horn, welches an denen Frießlaͤndiſchen Kutſch-Pferden geſchiehet, denn indem es in einem moraſtigen Lande erzogen worden, haben ſie allzu weich Horn, wenn ſie aber in ein trocknes Land gebracht wer- den, veraͤndern ſie nach und nach das Horn, dieweil ihnen der Fuß waͤchſet, und ein haͤrters Horn formiret. Muͤdigkeit, Jſt ein beſchwerlicher Zuſtand, Muͤd de gegen Abend die Schenckelwohl damit reiben, und es alſo uͤber Nacht ſtehen laſſen; des Morgens aber eine Hand voll Odermennige in halb Wein und halb Waſſer ſieden, und damit, ſo warm man es an den Haͤnden erleiden kan, das Roß gegen die Haare reiben, alsdann denſelben Tag ſtille ſtehen laſſen, ſo kommt es gewiß wieder zu rechte. Oder ſiede einen groſſen Topff voll Tann-Zapffen in Wein, und wa- ſche, ſo warm es ſeyn kan, dem Pferde ſowol die Schenckel, als auch den gantzen Bauch, nebſt der Bruſt und dem Geſchroͤte damit. Laß es auch offt in ein Fließ-Waſ- ſer gegen den Strom fuͤhren, und eine Zeit lang darinne gegen den Strom ſtehen. Man ſoll inſon- derheit ſolchen muͤden Pferden Bohnen-Mehl im Futter zu freſ- ſen geben, und Weitzen-Kleyen unter das Trincken ruͤhren, den- ſelben aber durchaus keine Ader oͤffnen laſſen, als welches ihnen hoͤchſt ſchaͤdlich iſt, ſondern dafuͤr denſelben von Bolus, Eßig, Brantewein und Knoblauch, Sauerteig und dergleichen einen guten Anſtrich machen. Man kan auch ſolchen Pferden die Schenckel offt mit Knoblauchs- Bruͤhe reiben, und ihnen dabey mit Saltz, Knoblauch und altem Schmeer unter einander geſtoſſen, einſchlagen. Etliche waſchen ihre muͤden Pferde mit warmen Waſ- ſer, darinnen Haber-Stroh ge- ſotten worden, binden ihnen auch zugleich das warme Haber-Stroh um die Beine, und geben ihnen Eiſen-Kraut, Beyfuß, Kletten- Wurtzel, Eber-Wurtzel, Weg- warten ꝛc. unter dem Futter zu freſſen. Andere rathen, man ſoll einem
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Muͤd
Muͤd
lich im Fruͤhling laͤſt es ſeine lan-
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bekommt dargegen kurtze glaͤn-
tzende Sommer-Haare, und im
Herbſt nimmt es ſeine Winter-
Haare wieder an, nachdem es
uͤbel bedeckt oder allzu kalt einge-
ſtellt geweſen. 2) Aendert das
Pferd auch unterweilen das Horn,
welches an denen Frießlaͤndiſchen
Kutſch-Pferden geſchiehet, denn
indem es in einem moraſtigen
Lande erzogen worden, haben ſie
allzu weich Horn, wenn ſie aber
in ein trocknes Land gebracht wer-
den, veraͤndern ſie nach und nach
das Horn, dieweil ihnen der Fuß
waͤchſet, und ein haͤrters Horn
formiret.
Muͤdigkeit,
Jſt ein beſchwerlicher Zuſtand,
welcher den Pferden entweder
durch eine langwierige, ununter-
brochene ſtarcke Reiſe, oder durch
muthwilliges Jagen und Rennen
zugezogen wird. Einem muͤd-ge-
rittenen Pferd aber zu helfen, und
es wieder zu rechte zu bringen, ſoll
ein Reiſender, oder wem ſonſten
das Pferd anvertrauet iſt, dem-
ſelben des Abends die Schenckel
mit warmen Bier, darinne ein
wenig Vutter und Saltz zergan-
gen iſt, waſchen, oder mit unter
einander geſottenen Eßig, Hopf-
fen und Bier wohl baͤhen, oder
auch Saltz in einer Pfanne roͤſten,
und, wenn es heiß, dem Pferde
in die Huͤfe thun, uͤber ſolches
aber trockenen Roß-Koth ſchla-
gen, und, damit es nicht heraus
falle, wohl vermachen. Wenn
ein Pferd ſehr muͤde iſt, ſoll man
ein paar Haͤnde voll Saltz in einer
Gelte mit friſchem Waſſer wohl
durch einander ruͤhren, dem Pfer-
de gegen Abend die Schenckel
wohl damit reiben, und es alſo
uͤber Nacht ſtehen laſſen; des
Morgens aber eine Hand voll
Odermennige in halb Wein und
halb Waſſer ſieden, und damit,
ſo warm man es an den Haͤnden
erleiden kan, das Roß gegen die
Haare reiben, alsdann denſelben
Tag ſtille ſtehen laſſen, ſo kommt
es gewiß wieder zu rechte. Oder
ſiede einen groſſen Topff voll
Tann-Zapffen in Wein, und wa-
ſche, ſo warm es ſeyn kan, dem
Pferde ſowol die Schenckel, als
auch den gantzen Bauch, nebſt der
Bruſt und dem Geſchroͤte damit.
Laß es auch offt in ein Fließ-Waſ-
ſer gegen den Strom fuͤhren, und
eine Zeit lang darinne gegen den
Strom ſtehen. Man ſoll inſon-
derheit ſolchen muͤden Pferden
Bohnen-Mehl im Futter zu freſ-
ſen geben, und Weitzen-Kleyen
unter das Trincken ruͤhren, den-
ſelben aber durchaus keine Ader
oͤffnen laſſen, als welches ihnen
hoͤchſt ſchaͤdlich iſt, ſondern dafuͤr
denſelben von Bolus, Eßig,
Brantewein und Knoblauch,
Sauerteig und dergleichen einen
guten Anſtrich machen. Man
kan auch ſolchen Pferden die
Schenckel offt mit Knoblauchs-
Bruͤhe reiben, und ihnen dabey
mit Saltz, Knoblauch und altem
Schmeer unter einander geſtoſſen,
einſchlagen. Etliche waſchen ihre
muͤden Pferde mit warmen Waſ-
ſer, darinnen Haber-Stroh ge-
ſotten worden, binden ihnen auch
zugleich das warme Haber-Stroh
um die Beine, und geben ihnen
Eiſen-Kraut, Beyfuß, Kletten-
Wurtzel, Eber-Wurtzel, Weg-
warten ꝛc. unter dem Futter zu
freſſen. Andere rathen, man ſoll
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