Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Mei auch zuweilen mitten in die dickenEichwälder, und wehlet zu seinem Sing-Platz meistens hohe Bäume, flieget aber nicht in die Höhe, um in dem Flug zu singen. Dieser Vogel gleichwie er einer der spä- testen ist, die im Frühling kom- men, also singet er hingegen bis nach Johannis, und verlieret sich gantz und gar wieder im Septem- ber; er hat vier oder fünff Jun- ge auf einmal, und brütet zwey- mal im Jahr; seine letzte Brut continuiret bis in den Augustmo- nat, bis dahin er auch währen der seiner Brut-Zeit am leichtesten bey seinem Neste zu fangen ist. Wer aber im Herbst um Michae- lis oder kurtz zuvor, da er zu strei- chen pfleget, einen fangen will, der kan ihn vermittelst eines Mei- sen-Schlags in dicken Stauden bekommen, wenn er nur Hollun- der-Beere in den Meisen-Schlag streuet, mit welchen er doch kei- nesweges in seiner Gefängniß vorlieb nimmt. Wenn man ei- nen fängt, muß die ersten Tage über das Vogel-Haus an einem hellen Ort mit einem Tuch bedeckt, und mitten in dem Bauer ein Tröglein mit lebendigen Würmern oder frischen Ameis-Eyern gese- tzet werden; hernach fängt man an klein zerdruckten Hanff, ge- hackte Hüner-Eyer, oder auch in Milch geweichte Semmel, oder auch Milch und Kleyen darunter zu mischen, und ihn also gemäh- lich an andere Speise zu gewöh- nen. Es giebt noch ein Geschlechte Mei wechslungen demselben nichtsnachgiebt; dieser wird zum Un- terschied des erstern, der braun- köpffigte Meisen-König oder Mönch genennet. Viele Vo- gelsteller stehen zwar in der ir- rigen Meinung, diese braun- köpffigten seyn nur der schwartz- köpffigten ihre Weiblein; allein man weiß aus der Erfahrung, daß beyderley Mönche ihre Weib- lein haben, so aber, weil keines weder einen schwartzen noch einen braunen Kopff hat, sondern alle nur über und über am Rücken, wie am Kopff, dunckel- oder Aschen-braun und am Bauch weißlicht aussehen, fast nicht zu unterscheiden sind, zu welcher Gat- tung sie gehören. Der braun- köpffigte Meisen-Mönch beschlies- set seine Brut schon vor den Hunds-Tagen, und ist in der Zeit, da er brütet, am leichtesten bey seinem Nest, welches er ins dickste Gebüsche macht, oder auch zur Zeit seines Strichs gleich zu An- fange des Herbsts mit dem Mei- sem-Schlag zu fangen. Meister, Magister, Maeitre, Maestro, Wird in weitem Verstande Rent-
[Spaltenumbruch] Mei auch zuweilen mitten in die dickenEichwaͤlder, und wehlet zu ſeinem Sing-Platz meiſtens hohe Baͤume, flieget aber nicht in die Hoͤhe, um in dem Flug zu ſingen. Dieſer Vogel gleichwie er einer der ſpaͤ- teſten iſt, die im Fruͤhling kom- men, alſo ſinget er hingegen bis nach Johannis, und verlieret ſich gantz und gar wieder im Septem- ber; er hat vier oder fuͤnff Jun- ge auf einmal, und bruͤtet zwey- mal im Jahr; ſeine letzte Brut continuiret bis in den Auguſtmo- nat, bis dahin er auch waͤhren der ſeiner Brut-Zeit am leichteſten bey ſeinem Neſte zu fangen iſt. Wer aber im Herbſt um Michae- lis oder kurtz zuvor, da er zu ſtrei- chen pfleget, einen fangen will, der kan ihn vermittelſt eines Mei- ſen-Schlags in dicken Stauden bekommen, wenn er nur Hollun- der-Beere in den Meiſen-Schlag ſtreuet, mit welchen er doch kei- nesweges in ſeiner Gefaͤngniß vorlieb nimmt. Wenn man ei- nen faͤngt, muß die erſten Tage uͤber das Vogel-Haus an einem hellen Ort mit einem Tuch bedeckt, und mitten in dem Bauer ein Troͤglein mit lebendigen Wuͤrmern oder friſchen Ameis-Eyern geſe- tzet werden; hernach faͤngt man an klein zerdruckten Hanff, ge- hackte Huͤner-Eyer, oder auch in Milch geweichte Semmel, oder auch Milch und Kleyen darunter zu miſchen, und ihn alſo gemaͤh- lich an andere Speiſe zu gewoͤh- nen. Es giebt noch ein Geſchlechte Mei wechslungen demſelben nichtsnachgiebt; dieſer wird zum Un- terſchied des erſtern, der braun- koͤpffigte Meiſen-Koͤnig oder Moͤnch genennet. Viele Vo- gelſteller ſtehen zwar in der ir- rigen Meinung, dieſe braun- koͤpffigten ſeyn nur der ſchwartz- koͤpffigten ihre Weiblein; allein man weiß aus der Erfahrung, daß beyderley Moͤnche ihre Weib- lein haben, ſo aber, weil keines weder einen ſchwartzen noch einen braunen Kopff hat, ſondern alle nur uͤber und uͤber am Ruͤcken, wie am Kopff, dunckel- oder Aſchen-braun und am Bauch weißlicht ausſehen, faſt nicht zu unterſcheiden ſind, zu welcher Gat- tung ſie gehoͤren. Der braun- koͤpffigte Meiſen-Moͤnch beſchlieſ- ſet ſeine Brut ſchon vor den Hunds-Tagen, und iſt in der Zeit, da er bruͤtet, am leichteſten bey ſeinem Neſt, welches er ins dickſte Gebuͤſche macht, oder auch zur Zeit ſeines Strichs gleich zu An- fange des Herbſts mit dem Mei- ſem-Schlag zu fangen. Meiſter, Magiſter, Maître, Maeſtro, Wird in weitem Verſtande Rent-
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Mei
Mei
auch zuweilen mitten in die dicken
Eichwaͤlder, und wehlet zu ſeinem
Sing-Platz meiſtens hohe Baͤume,
flieget aber nicht in die Hoͤhe, um
in dem Flug zu ſingen. Dieſer
Vogel gleichwie er einer der ſpaͤ-
teſten iſt, die im Fruͤhling kom-
men, alſo ſinget er hingegen bis
nach Johannis, und verlieret ſich
gantz und gar wieder im Septem-
ber; er hat vier oder fuͤnff Jun-
ge auf einmal, und bruͤtet zwey-
mal im Jahr; ſeine letzte Brut
continuiret bis in den Auguſtmo-
nat, bis dahin er auch waͤhren der
ſeiner Brut-Zeit am leichteſten
bey ſeinem Neſte zu fangen iſt.
Wer aber im Herbſt um Michae-
lis oder kurtz zuvor, da er zu ſtrei-
chen pfleget, einen fangen will,
der kan ihn vermittelſt eines Mei-
ſen-Schlags in dicken Stauden
bekommen, wenn er nur Hollun-
der-Beere in den Meiſen-Schlag
ſtreuet, mit welchen er doch kei-
nesweges in ſeiner Gefaͤngniß
vorlieb nimmt. Wenn man ei-
nen faͤngt, muß die erſten Tage
uͤber das Vogel-Haus an einem
hellen Ort mit einem Tuch bedeckt,
und mitten in dem Bauer ein
Troͤglein mit lebendigen Wuͤrmern
oder friſchen Ameis-Eyern geſe-
tzet werden; hernach faͤngt man
an klein zerdruckten Hanff, ge-
hackte Huͤner-Eyer, oder auch in
Milch geweichte Semmel, oder
auch Milch und Kleyen darunter
zu miſchen, und ihn alſo gemaͤh-
lich an andere Speiſe zu gewoͤh-
nen.
Es giebt noch ein Geſchlechte
von dieſem Vogel, welcher einen
gantz hell-braunen Kopff hat, aber
nicht ſo hell ſinget, als der ſchwartz-
koͤpffigte; iedoch an zierlichen Ab-
wechslungen demſelben nichts
nachgiebt; dieſer wird zum Un-
terſchied des erſtern, der braun-
koͤpffigte Meiſen-Koͤnig oder
Moͤnch genennet. Viele Vo-
gelſteller ſtehen zwar in der ir-
rigen Meinung, dieſe braun-
koͤpffigten ſeyn nur der ſchwartz-
koͤpffigten ihre Weiblein; allein
man weiß aus der Erfahrung,
daß beyderley Moͤnche ihre Weib-
lein haben, ſo aber, weil keines
weder einen ſchwartzen noch einen
braunen Kopff hat, ſondern alle
nur uͤber und uͤber am Ruͤcken,
wie am Kopff, dunckel- oder
Aſchen-braun und am Bauch
weißlicht ausſehen, faſt nicht zu
unterſcheiden ſind, zu welcher Gat-
tung ſie gehoͤren. Der braun-
koͤpffigte Meiſen-Moͤnch beſchlieſ-
ſet ſeine Brut ſchon vor den
Hunds-Tagen, und iſt in der Zeit,
da er bruͤtet, am leichteſten bey
ſeinem Neſt, welches er ins dickſte
Gebuͤſche macht, oder auch zur
Zeit ſeines Strichs gleich zu An-
fange des Herbſts mit dem Mei-
ſem-Schlag zu fangen.
Meiſter, Magiſter, Maître,
Maeſtro,
Wird in weitem Verſtande
von einem ieden geſagt, der uͤber
andere zu gebieten hat; item, der
in einer Kunſt erfahren und Mei-
ſter iſt, und ſolche andere lehret.
Solchergeſtalt hat man auf Uni-
verſitaͤten die Magiſtros Philoſo-
phiæ, ſive artium liberalium, in-
gleichen die Magiſtros Linguarum,
Exercitiorum, Sprach-Fecht-
und Tantz-Meiſter. So ſind
auch nicht unbekannt die Magi-
ſtri morum, ludorum, ſcripturæ,
equitum &c. die Zucht-Schul-
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