Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Mei Wald auf der Erden oder daselbstin der Höhe, auf drey nicht weit von einander stehende grosse Bäu- me, oder auch ohnweit einem fliessenden Wasser, wobey viele Weiden anzutreffen, zu erbauen; denn bey den Weiden-Büschen halten sich die Meisen, als um wel- cher willen der Weidemann inson- derheit den Kloben-Fang anstellet, besonders auf, zumal wenn ein Wald nicht weit davon abgelegen. Vornen und auf beyden Seiten werden Löcher gelassen, dadurch der Vogelsteller den Kloben ste- cket, und, wenn ein Vogel sich darauf setzet, solchen herein zie- het. Die andere Art von Mei- sen Hütten ist beweglich, und kan, weil sie nicht schwer, ohne Mühe hin und wieder getragen werden. Sie bestehet aus einem von Latten zusammen geschlagenen Gerüste, welches am besten mit grüner Wachs-Leinwand überzogen, und mit einem beweglichen Dache, gleich einer Senffte bedecket ist. Höret man den Vogel von ferne singen, so wird die Hütte mit dem Kopff aufgehoben, und so man ohnweit dem Ort des Vogels kömmt, abgesetzet, der Kloben zu dem deswegen durch die Hütten gemachten Loch hinaus geschoben, und auf den Vogel solcher Gestalt gelauret. Der Weidemann hat einen Lock-Vogel bey sich, und zwey Pfeifflein, eines höher, das andere ein wenig niedriger gestim- met, mit diesem letztern ahmet er der Meisen gemeinen Ruff nach, mit dem erstern aber macht er bis- weilen, und etwas seltener ihr Geschrey, welches die Weid-Leu- te Zizipee nennen. Wenn nun die streichende Meisen diesen Ruff hören, fliegen sie alsobald der [Spaltenumbruch] Mei gantz grün bekleideten oder über-zogenen Hütten zu, und weil sie keine beqvemere Stelle sich zu se- tzen finden können, als den Klo- ben, setzen sie sich darauf, daß sie mit den hintern und der vordern Zehen in die Klufft oder Spalte des Klobens eingreiffen. So bald der Vogelsteller die neu- an- gekommenen Gäste mercket, zie- het er das durch den Kloben ge- hende Schnürlein, und klemmet der Meisen ihre Zehen so feste, daß sie nicht auszureissen vermag, zuckt sie aber alsobald durch das Löchlein in die Hütten, und die andern Meisen sind so thöricht, daß sie diesen Betrug nicht mer- cken, sondern ie mehr die andern, so gefangen und gewürgt werden, schreyen, ie begieriger und blin- der fliegen sie zu. Meisen-König, Meisen- Mönch, Jst ein kleiner Vogel, vom Ge- auch
[Spaltenumbruch] Mei Wald auf der Erden oder daſelbſtin der Hoͤhe, auf drey nicht weit von einander ſtehende groſſe Baͤu- me, oder auch ohnweit einem flieſſenden Waſſer, wobey viele Weiden anzutreffen, zu erbauen; denn bey den Weiden-Buͤſchen halten ſich die Meiſen, als um wel- cher willen der Weidemann inſon- derheit den Kloben-Fang anſtellet, beſonders auf, zumal wenn ein Wald nicht weit davon abgelegen. Vornen und auf beyden Seiten werden Loͤcher gelaſſen, dadurch der Vogelſteller den Kloben ſte- cket, und, wenn ein Vogel ſich darauf ſetzet, ſolchen herein zie- het. Die andere Art von Mei- ſen Huͤtten iſt beweglich, und kan, weil ſie nicht ſchwer, ohne Muͤhe hin und wieder getragen werden. Sie beſtehet aus einem von Latten zuſammen geſchlagenen Geruͤſte, welches am beſten mit gruͤner Wachs-Leinwand uͤberzogen, und mit einem beweglichen Dache, gleich einer Senffte bedecket iſt. Hoͤret man den Vogel von ferne ſingen, ſo wird die Huͤtte mit dem Kopff aufgehoben, und ſo man ohnweit dem Ort des Vogels koͤmmt, abgeſetzet, der Kloben zu dem deswegen durch die Huͤtten gemachten Loch hinaus geſchoben, und auf den Vogel ſolcher Geſtalt gelauret. Der Weidemann hat einen Lock-Vogel bey ſich, und zwey Pfeifflein, eines hoͤher, das andere ein wenig niedriger geſtim- met, mit dieſem letztern ahmet er der Meiſen gemeinen Ruff nach, mit dem erſtern aber macht er bis- weilen, und etwas ſeltener ihr Geſchrey, welches die Weid-Leu- te Zizipee nennen. Wenn nun die ſtreichende Meiſen dieſen Ruff hoͤren, fliegen ſie alſobald der [Spaltenumbruch] Mei gantz gruͤn bekleideten oder uͤber-zogenen Huͤtten zu, und weil ſie keine beqvemere Stelle ſich zu ſe- tzen finden koͤnnen, als den Klo- ben, ſetzen ſie ſich darauf, daß ſie mit den hintern und der vordern Zehen in die Klufft oder Spalte des Klobens eingreiffen. So bald der Vogelſteller die neu- an- gekommenen Gaͤſte mercket, zie- het er das durch den Kloben ge- hende Schnuͤrlein, und klemmet der Meiſen ihre Zehen ſo feſte, daß ſie nicht auszureiſſen vermag, zuckt ſie aber alſobald durch das Loͤchlein in die Huͤtten, und die andern Meiſen ſind ſo thoͤricht, daß ſie dieſen Betrug nicht mer- cken, ſondern ie mehr die andern, ſo gefangen und gewuͤrgt werden, ſchreyen, ie begieriger und blin- der fliegen ſie zu. Meiſen-Koͤnig, Meiſen- Moͤnch, Jſt ein kleiner Vogel, vom Ge- auch
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Mei
Mei
Wald auf der Erden oder daſelbſt
in der Hoͤhe, auf drey nicht weit
von einander ſtehende groſſe Baͤu-
me, oder auch ohnweit einem
flieſſenden Waſſer, wobey viele
Weiden anzutreffen, zu erbauen;
denn bey den Weiden-Buͤſchen
halten ſich die Meiſen, als um wel-
cher willen der Weidemann inſon-
derheit den Kloben-Fang anſtellet,
beſonders auf, zumal wenn ein
Wald nicht weit davon abgelegen.
Vornen und auf beyden Seiten
werden Loͤcher gelaſſen, dadurch
der Vogelſteller den Kloben ſte-
cket, und, wenn ein Vogel ſich
darauf ſetzet, ſolchen herein zie-
het. Die andere Art von Mei-
ſen Huͤtten iſt beweglich, und kan,
weil ſie nicht ſchwer, ohne Muͤhe
hin und wieder getragen werden.
Sie beſtehet aus einem von Latten
zuſammen geſchlagenen Geruͤſte,
welches am beſten mit gruͤner
Wachs-Leinwand uͤberzogen, und
mit einem beweglichen Dache,
gleich einer Senffte bedecket iſt.
Hoͤret man den Vogel von ferne
ſingen, ſo wird die Huͤtte mit dem
Kopff aufgehoben, und ſo man
ohnweit dem Ort des Vogels
koͤmmt, abgeſetzet, der Kloben zu
dem deswegen durch die Huͤtten
gemachten Loch hinaus geſchoben,
und auf den Vogel ſolcher Geſtalt
gelauret. Der Weidemann hat
einen Lock-Vogel bey ſich, und
zwey Pfeifflein, eines hoͤher, das
andere ein wenig niedriger geſtim-
met, mit dieſem letztern ahmet er
der Meiſen gemeinen Ruff nach,
mit dem erſtern aber macht er bis-
weilen, und etwas ſeltener ihr
Geſchrey, welches die Weid-Leu-
te Zizipee nennen. Wenn nun
die ſtreichende Meiſen dieſen Ruff
hoͤren, fliegen ſie alſobald der
gantz gruͤn bekleideten oder uͤber-
zogenen Huͤtten zu, und weil ſie
keine beqvemere Stelle ſich zu ſe-
tzen finden koͤnnen, als den Klo-
ben, ſetzen ſie ſich darauf, daß ſie
mit den hintern und der vordern
Zehen in die Klufft oder Spalte
des Klobens eingreiffen. So
bald der Vogelſteller die neu- an-
gekommenen Gaͤſte mercket, zie-
het er das durch den Kloben ge-
hende Schnuͤrlein, und klemmet
der Meiſen ihre Zehen ſo feſte,
daß ſie nicht auszureiſſen vermag,
zuckt ſie aber alſobald durch das
Loͤchlein in die Huͤtten, und die
andern Meiſen ſind ſo thoͤricht,
daß ſie dieſen Betrug nicht mer-
cken, ſondern ie mehr die andern,
ſo gefangen und gewuͤrgt werden,
ſchreyen, ie begieriger und blin-
der fliegen ſie zu.
Meiſen-Koͤnig, Meiſen-
Moͤnch,
Jſt ein kleiner Vogel, vom Ge-
ſchlechte der Dornreiche, in der
Groͤſſe einer Blau- oder Hanff-
Meiſe, welcher letztern er ſehr
gleich ſiehet, nur daß er in etwas
laͤnger und hochbeinigter ſeyn
mag. Sein Farbe iſt am Ruͤ-
cken Aſchenfarb, der Kopff iſt oben
kohlſchwartz, und die Backen um
die Augen ſind weiß, wie der Mei-
ſen Kopff auf beyden Seiten iſt.
Sein Geſang iſt viel ſchoͤner, als
des eigentlich ſo genannten Dorn-
reichs, ob er gleich um ein merck-
liches kleiner iſt. Er bruͤtet auch
nur im Geſtaͤudig, nimmt aber
nicht mit einer oder zwo Stau-
den vorlieb, ſondern ſuchet groſſe
Hecken und Gebuͤſche, woſelbſt er
ſein Neſt gantz nieder von Laub-
werck, wie die Nachtigall, oder
von Moos machet. Er bruͤtet
auch
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