Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Kir mit flammender Hand, auf denFlügeln des Ungewitters tönend herabfähret, vor welchem tödtli- che Blitze herfliegen, und dem der Todes-Engel auf dem Fusse nach- eilet. Jn den dräuenden Tonen vernimmt der Gottlose die fürch- terliche Annäherung seines Rich- ters; das Rasseln seiner feurigen Wagen; den Sturtzfall der lo- dernden Pechströme; die Abscheu- lichkeit des schwartzen Abgrundes, und das unwiedersprechliche Ur- theil seiner Verdammniß. Bald weiß hergegen eine sanftere und erqvickende Zusammenstimmung seinem Hertzen die Bangigkeit wiederum zu benehmen, und ein neues Vertrauen zu erwecken: da wird demselben gleichsam in ei- ner Blumen-Wolcke der Vater al- ler Güte vorgestellet, der bereit zu vergeben ist, dafern der Sünder nur seufzen und mit Aschen auf dem Haupte durch seine Buß- Thränen das Feuer der sonst ewi- gen Rache löschen kan. s. Mat- thesons Capellmeist. fol. 220 sq. Ob bey einer öffentlichen Landes- Trauer, da der Nachfolger als- bald da ist, die Kirchen- und Hoch- zeit-Music zu verbieten sey, dawi- der führen die Herren Musici fol- gende Gründe an: 1) Gottes Eh- re leide; 2) der Wohlstand des- gleichen; 3) Sirach (c. 38) rede nirgend von einem gantzen Trau- er-Jahr, sondern nur von einem paar Tagen, nehme auch die Ur- sache bloß aus dem Wohlstande, und setze derselben gleich eine wich- tigere entgegen. Aaron und Mose wären 30 Tage beklagt worden. (Num. 20, Deut. 34.) 4) Die Kunst verlesche; 5) die Orgelwercke ver- dürben; 6) man könne traurig genug musiciren, so wie die Glo- [Spaltenumbruch] Kir cken zu Leid und Freude dienen,es brauche deswegen keines Schweigens; 7) die Traurigkeit selbst erfodere Aufmunterung und Trost; 8) die Trauer sey mehren- theils zum Staat, eitel und erdich- tet; 9) kein Mensch habe Nutzen davon; 10) die Musici verlöhren an ihren Einkünfften und Uibun- gen ein merckliches, und würden hernach desto untüchtiger; 11) den Hochzeitern sey es eine Tyranney; sie sollten Freude haben, man be- raube sie aber dessen, was Gott selbst ihnen gönne und gebe; 12) es lauffe wider den Gebrauch al- ler Völcker; 13) in hohen Fällen sey es auch wider die Ehrerbietig- keit, welche man dem Nachfol- ger schuldig sey, über welchen man sich mehr Ursache zu erfreuen, als über den Verstorbenen lange zu be- trüben habe. Kirchen-Styl, Die erste Classe musicalischer Gloria, Ritter-Lexic. Q q
[Spaltenumbruch] Kir mit flammender Hand, auf denFluͤgeln des Ungewitters toͤnend herabfaͤhret, vor welchem toͤdtli- che Blitze herfliegen, und dem der Todes-Engel auf dem Fuſſe nach- eilet. Jn den draͤuenden Tonen vernimmt der Gottloſe die fuͤrch- terliche Annaͤherung ſeines Rich- ters; das Raſſeln ſeiner feurigen Wagen; den Sturtzfall der lo- dernden Pechſtroͤme; die Abſcheu- lichkeit des ſchwartzen Abgrundes, und das unwiederſprechliche Ur- theil ſeiner Verdammniß. Bald weiß hergegen eine ſanftere und erqvickende Zuſammenſtimmung ſeinem Hertzen die Bangigkeit wiederum zu benehmen, und ein neues Vertrauen zu erwecken: da wird demſelben gleichſam in ei- ner Blumen-Wolcke der Vater al- ler Guͤte vorgeſtellet, der bereit zu vergeben iſt, dafern der Suͤnder nur ſeufzen und mit Aſchen auf dem Haupte durch ſeine Buß- Thraͤnen das Feuer der ſonſt ewi- gen Rache loͤſchen kan. ſ. Mat- theſons Capellmeiſt. fol. 220 ſq. Ob bey einer oͤffentlichen Landes- Trauer, da der Nachfolger als- bald da iſt, die Kirchen- und Hoch- zeit-Muſic zu verbieten ſey, dawi- der fuͤhren die Herren Muſici fol- gende Gruͤnde an: 1) Gottes Eh- re leide; 2) der Wohlſtand des- gleichen; 3) Sirach (c. 38) rede nirgend von einem gantzen Trau- er-Jahr, ſondern nur von einem paar Tagen, nehme auch die Ur- ſache bloß aus dem Wohlſtande, und ſetze derſelben gleich eine wich- tigere entgegen. Aaron und Moſe waͤren 30 Tage beklagt worden. (Num. 20, Deut. 34.) 4) Die Kunſt verleſche; 5) die Orgelwercke ver- duͤrben; 6) man koͤnne traurig genug muſiciren, ſo wie die Glo- [Spaltenumbruch] Kir cken zu Leid und Freude dienen,es brauche deswegen keines Schweigens; 7) die Traurigkeit ſelbſt erfodere Aufmunterung und Troſt; 8) die Trauer ſey mehren- theils zum Staat, eitel und erdich- tet; 9) kein Menſch habe Nutzen davon; 10) die Muſici verloͤhren an ihren Einkuͤnfften und Uibun- gen ein merckliches, und wuͤrden hernach deſto untuͤchtiger; 11) den Hochzeitern ſey es eine Tyranney; ſie ſollten Freude haben, man be- raube ſie aber deſſen, was Gott ſelbſt ihnen goͤnne und gebe; 12) es lauffe wider den Gebrauch al- ler Voͤlcker; 13) in hohen Faͤllen ſey es auch wider die Ehrerbietig- keit, welche man dem Nachfol- ger ſchuldig ſey, uͤber welchen man ſich mehr Urſache zu erfreuen, als uͤber den Verſtorbenen lange zu be- truͤben habe. Kirchen-Styl, Die erſte Claſſe muſicaliſcher Gloria, Ritter-Lexic. Q q
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0629"/><cb n="1217"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Kir</hi></hi></fw><lb/> mit flammender Hand, auf den<lb/> Fluͤgeln des Ungewitters toͤnend<lb/> herabfaͤhret, vor welchem toͤdtli-<lb/> che Blitze herfliegen, und dem der<lb/> Todes-Engel auf dem Fuſſe nach-<lb/> eilet. Jn den draͤuenden Tonen<lb/> vernimmt der Gottloſe die fuͤrch-<lb/> terliche Annaͤherung ſeines Rich-<lb/> ters; das Raſſeln ſeiner feurigen<lb/> Wagen; den Sturtzfall der lo-<lb/> dernden Pechſtroͤme; die Abſcheu-<lb/> lichkeit des ſchwartzen Abgrundes,<lb/> und das unwiederſprechliche Ur-<lb/> theil ſeiner Verdammniß. Bald<lb/> weiß hergegen eine ſanftere und<lb/> erqvickende Zuſammenſtimmung<lb/> ſeinem Hertzen die Bangigkeit<lb/> wiederum zu benehmen, und ein<lb/> neues Vertrauen zu erwecken:<lb/> da wird demſelben gleichſam in ei-<lb/> ner Blumen-Wolcke der Vater al-<lb/> ler Guͤte vorgeſtellet, der bereit zu<lb/> vergeben iſt, dafern der Suͤnder<lb/> nur ſeufzen und mit Aſchen auf<lb/> dem Haupte durch ſeine Buß-<lb/> Thraͤnen das Feuer der ſonſt ewi-<lb/> gen Rache loͤſchen kan. ſ. Mat-<lb/> theſons Capellmeiſt. <hi rendition="#aq">fol. 220 ſq.</hi><lb/> Ob bey einer oͤffentlichen Landes-<lb/> Trauer, da der Nachfolger als-<lb/> bald da iſt, die Kirchen- und Hoch-<lb/> zeit-Muſic zu verbieten ſey, dawi-<lb/> der fuͤhren die Herren Muſici fol-<lb/> gende Gruͤnde an: 1) Gottes Eh-<lb/> re leide; 2) der Wohlſtand des-<lb/> gleichen; 3) Sirach (<hi rendition="#aq">c.</hi> 38) rede<lb/> nirgend von einem gantzen Trau-<lb/> er-Jahr, ſondern nur von einem<lb/> paar Tagen, nehme auch die Ur-<lb/> ſache bloß aus dem Wohlſtande,<lb/> und ſetze derſelben gleich eine wich-<lb/> tigere entgegen. Aaron und Moſe<lb/> waͤren 30 Tage beklagt worden.<lb/> (<hi rendition="#aq">Num. 20, Deut.</hi> 34.) 4) Die Kunſt<lb/> verleſche; 5) die Orgelwercke ver-<lb/> duͤrben; 6) man koͤnne traurig<lb/> genug muſiciren, ſo wie die Glo-<lb/><cb n="1218"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Kir</hi></hi></fw><lb/> cken zu Leid und Freude dienen,<lb/> es brauche deswegen keines<lb/> Schweigens; 7) die Traurigkeit<lb/> ſelbſt erfodere Aufmunterung und<lb/> Troſt; 8) die Trauer ſey mehren-<lb/> theils zum Staat, eitel und erdich-<lb/> tet; 9) kein Menſch habe Nutzen<lb/> davon; 10) die Muſici verloͤhren<lb/> an ihren Einkuͤnfften und Uibun-<lb/> gen ein merckliches, und wuͤrden<lb/> hernach deſto untuͤchtiger; 11) den<lb/> Hochzeitern ſey es eine Tyranney;<lb/> ſie ſollten Freude haben, man be-<lb/> raube ſie aber deſſen, was Gott<lb/> ſelbſt ihnen goͤnne und gebe; 12)<lb/> es lauffe wider den Gebrauch al-<lb/> ler Voͤlcker; 13) in hohen Faͤllen<lb/> ſey es auch wider die Ehrerbietig-<lb/> keit, welche man dem Nachfol-<lb/> ger ſchuldig ſey, uͤber welchen man<lb/> ſich mehr Urſache zu erfreuen, als<lb/> uͤber den Verſtorbenen lange zu be-<lb/> truͤben habe.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#fr">Kirchen-Styl,</hi> </head><lb/> <p>Die erſte Claſſe muſicaliſcher<lb/> Schreibart, deren Gattungen: 1)<lb/><hi rendition="#aq">Stylus ligatus,</hi> die gebundene<lb/> Schreibaꝛt, welchen Namen ſie von<lb/> den groſſen zuſammen-gebundenen<lb/> Noten hat. Wie ſolcher beſchaffen<lb/> ſey, und wie man damit umgehen<lb/> muͤſſe, iſt aus den <hi rendition="#aq">Miſſalibus</hi> oder<lb/> Meß-Buͤchern zu ſehen, dabey<lb/> man die nach den acht ſogenann-<lb/> ten Gregorianiſchen Ton-Arten<lb/> eingerichteten <hi rendition="#aq">Antiphonas,</hi> Epiſtel-<lb/> und Stuffen-Lieder ſamt den Be-<lb/> antwortungen des Chors ꝛc. auf-<lb/> ſuchen kan. Jn den Roͤmiſch-<lb/> Catholiſchen Stifftern und Kloͤ-<lb/> ſtern trifft man davon die Men-<lb/> ge an, abſonderlich die ſieben Bet-<lb/> und Singe-Stunden in den Dom-<lb/> Stiftern, <hi rendition="#aq">Horæ canonicæ</hi> ge-<lb/> nannt. Bey den Evangeliſchen<lb/> ſind als Uiberbleiſel dieſes Styls<lb/> die <hi rendition="#aq">Præfationes,</hi> Collecten, das<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Ritter-</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Lexic.</hi></hi> Q q</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">Gloria,</hi></fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0629]
Kir
Kir
mit flammender Hand, auf den
Fluͤgeln des Ungewitters toͤnend
herabfaͤhret, vor welchem toͤdtli-
che Blitze herfliegen, und dem der
Todes-Engel auf dem Fuſſe nach-
eilet. Jn den draͤuenden Tonen
vernimmt der Gottloſe die fuͤrch-
terliche Annaͤherung ſeines Rich-
ters; das Raſſeln ſeiner feurigen
Wagen; den Sturtzfall der lo-
dernden Pechſtroͤme; die Abſcheu-
lichkeit des ſchwartzen Abgrundes,
und das unwiederſprechliche Ur-
theil ſeiner Verdammniß. Bald
weiß hergegen eine ſanftere und
erqvickende Zuſammenſtimmung
ſeinem Hertzen die Bangigkeit
wiederum zu benehmen, und ein
neues Vertrauen zu erwecken:
da wird demſelben gleichſam in ei-
ner Blumen-Wolcke der Vater al-
ler Guͤte vorgeſtellet, der bereit zu
vergeben iſt, dafern der Suͤnder
nur ſeufzen und mit Aſchen auf
dem Haupte durch ſeine Buß-
Thraͤnen das Feuer der ſonſt ewi-
gen Rache loͤſchen kan. ſ. Mat-
theſons Capellmeiſt. fol. 220 ſq.
Ob bey einer oͤffentlichen Landes-
Trauer, da der Nachfolger als-
bald da iſt, die Kirchen- und Hoch-
zeit-Muſic zu verbieten ſey, dawi-
der fuͤhren die Herren Muſici fol-
gende Gruͤnde an: 1) Gottes Eh-
re leide; 2) der Wohlſtand des-
gleichen; 3) Sirach (c. 38) rede
nirgend von einem gantzen Trau-
er-Jahr, ſondern nur von einem
paar Tagen, nehme auch die Ur-
ſache bloß aus dem Wohlſtande,
und ſetze derſelben gleich eine wich-
tigere entgegen. Aaron und Moſe
waͤren 30 Tage beklagt worden.
(Num. 20, Deut. 34.) 4) Die Kunſt
verleſche; 5) die Orgelwercke ver-
duͤrben; 6) man koͤnne traurig
genug muſiciren, ſo wie die Glo-
cken zu Leid und Freude dienen,
es brauche deswegen keines
Schweigens; 7) die Traurigkeit
ſelbſt erfodere Aufmunterung und
Troſt; 8) die Trauer ſey mehren-
theils zum Staat, eitel und erdich-
tet; 9) kein Menſch habe Nutzen
davon; 10) die Muſici verloͤhren
an ihren Einkuͤnfften und Uibun-
gen ein merckliches, und wuͤrden
hernach deſto untuͤchtiger; 11) den
Hochzeitern ſey es eine Tyranney;
ſie ſollten Freude haben, man be-
raube ſie aber deſſen, was Gott
ſelbſt ihnen goͤnne und gebe; 12)
es lauffe wider den Gebrauch al-
ler Voͤlcker; 13) in hohen Faͤllen
ſey es auch wider die Ehrerbietig-
keit, welche man dem Nachfol-
ger ſchuldig ſey, uͤber welchen man
ſich mehr Urſache zu erfreuen, als
uͤber den Verſtorbenen lange zu be-
truͤben habe.
Kirchen-Styl,
Die erſte Claſſe muſicaliſcher
Schreibart, deren Gattungen: 1)
Stylus ligatus, die gebundene
Schreibaꝛt, welchen Namen ſie von
den groſſen zuſammen-gebundenen
Noten hat. Wie ſolcher beſchaffen
ſey, und wie man damit umgehen
muͤſſe, iſt aus den Miſſalibus oder
Meß-Buͤchern zu ſehen, dabey
man die nach den acht ſogenann-
ten Gregorianiſchen Ton-Arten
eingerichteten Antiphonas, Epiſtel-
und Stuffen-Lieder ſamt den Be-
antwortungen des Chors ꝛc. auf-
ſuchen kan. Jn den Roͤmiſch-
Catholiſchen Stifftern und Kloͤ-
ſtern trifft man davon die Men-
ge an, abſonderlich die ſieben Bet-
und Singe-Stunden in den Dom-
Stiftern, Horæ canonicæ ge-
nannt. Bey den Evangeliſchen
ſind als Uiberbleiſel dieſes Styls
die Præfationes, Collecten, das
Gloria,
Ritter-Lexic. Q q
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |