Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Ade stätiget. Am Kayserlichen Hofeist die Taxe eingeführet, daß für einen Fürsten-Brief 12000, für einen Grafen-Brief 4000, für ei- nen Freyherren-Brief 2000, und für einen Ritter- oder Adel- Brief 200 Thaler, ohne die Acci- dentien, so dem Cantzler, Secre- tario und der Cantzeley gehören, bezahlt werden sollen. Diese Di- plomata müssen bey Verlust des neu-erlangten Adels innerhalb 3 Monaten, aus der Reichs-Can- tzeley abgelöset werden. Ader schlagen, Jst ein gewöhnliches Vorsorge- Adler, Wird für den König aller Vö- Adl hen fast feurig oder saffran-gelbaus, der Schwantz aber ist ziem- lich kurtz. Er hat einen scharfen Wind, und vermercket seine Nah- rung unglaublich weit von fern. Er horstet in hohen unwegsamen und unersteiglichen Stein-Klippen, oder in grossen Wäldern an einsamen und düstern Orten auf hohen Tan- nen, und weiß sich so wohl in acht zu nehmen, daß, wenn der Weide- mann ihn zu schiessen sich verborgen dabey anstellet, er es alsbald ver- mercket, und seinen Jungen den Raub im Vorbeyfliegen und ohne zu fussen vorwirfft. Er bleibet gerne in seinem einmal erwehlten Horste, welchen er nicht leicht ver- ändert. Seine Nahrung sind meistentheils Haasen, und soll er Steine in seine Fänge nehmen, sel- bige über denen Hecken und Dorn- Büschen fallen lassen und damit die Haasen sprengen: auch greifft er Rehe und Hirsche an, und un- terstehet sich, wo er nur etwas Blösse findet, solche zu würgen und zu schanden zu schlagen. Ob er gleich drey Eyer leget und be- brütet, soll er doch nicht über zwey Junge ausbringen. Nach Ge- wohnheit anderer Raub-Vögel wirfft er alle Morgen sein Gewöl- le, das ist, er speyet die Haare und Federn aus, welche sich in seinem Kropfe von dem von ihm den vor- hergehenden Tag gefressenen Raub oder Aetzung gesammlet. Er hat eine harte und dauerhaffte Natur, und erreichet deswegen ein hohes Alter: ie älter er wird, ie ärger und wilder bezeiget er sich. Wie er denn auch nicht anders als vor Hun- ger sterben soll. Seine Zufälle im höchsten Alter sind blöde Augen, welche er durch stetes Einsehen in das Sonnen-Licht, dadurch die Dun-
[Spaltenumbruch] Ade ſtaͤtiget. Am Kayſerlichen Hofeiſt die Taxe eingefuͤhret, daß fuͤr einen Fuͤrſten-Brief 12000, fuͤr einen Grafen-Brief 4000, fuͤr ei- nen Freyherren-Brief 2000, und fuͤr einen Ritter- oder Adel- Brief 200 Thaler, ohne die Acci- dentien, ſo dem Cantzler, Secre- tario und der Cantzeley gehoͤren, bezahlt werden ſollen. Dieſe Di- plomata muͤſſen bey Verluſt des neu-erlangten Adels innerhalb 3 Monaten, aus der Reichs-Can- tzeley abgeloͤſet werden. Ader ſchlagen, Jſt ein gewoͤhnliches Vorſorge- Adler, Wird fuͤr den Koͤnig aller Voͤ- Adl hen faſt feurig oder ſaffran-gelbaus, der Schwantz aber iſt ziem- lich kurtz. Er hat einen ſcharfen Wind, und vermercket ſeine Nah- rung unglaublich weit von fern. Er horſtet in hohen unwegſamen und unerſteiglichen Stein-Klippen, oder in groſſen Waͤldern an einſamen und duͤſtern Orten auf hohen Tan- nen, und weiß ſich ſo wohl in acht zu nehmen, daß, wenn der Weide- mann ihn zu ſchieſſen ſich verborgen dabey anſtellet, er es alsbald ver- mercket, und ſeinen Jungen den Raub im Vorbeyfliegen und ohne zu fuſſen vorwirfft. Er bleibet gerne in ſeinem einmal erwehlten Horſte, welchen er nicht leicht ver- aͤndert. Seine Nahrung ſind meiſtentheils Haaſen, und ſoll er Steine in ſeine Faͤnge nehmen, ſel- bige uͤber denen Hecken und Dorn- Buͤſchen fallen laſſen und damit die Haaſen ſprengen: auch greifft er Rehe und Hirſche an, und un- terſtehet ſich, wo er nur etwas Bloͤſſe findet, ſolche zu wuͤrgen und zu ſchanden zu ſchlagen. Ob er gleich drey Eyer leget und be- bruͤtet, ſoll er doch nicht uͤber zwey Junge ausbringen. Nach Ge- wohnheit anderer Raub-Voͤgel wirfft er alle Morgen ſein Gewoͤl- le, das iſt, er ſpeyet die Haare und Federn aus, welche ſich in ſeinem Kropfe von dem von ihm den vor- hergehenden Tag gefreſſenen Raub oder Aetzung geſammlet. Er hat eine harte und dauerhaffte Natur, und erreichet deswegen ein hohes Alter: ie aͤlter er wird, ie aͤrger und wilder bezeiget er ſich. Wie er denn auch nicht anders als vor Hun- ger ſterben ſoll. Seine Zufaͤlle im hoͤchſten Alter ſind bloͤde Augen, welche er durch ſtetes Einſehen in das Sonnen-Licht, dadurch die Dun-
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iſt die Taxe eingefuͤhret, daß fuͤr
einen Fuͤrſten-Brief 12000, fuͤr
einen Grafen-Brief 4000, fuͤr ei-
nen Freyherren-Brief 2000,
und fuͤr einen Ritter- oder Adel-
Brief 200 Thaler, ohne die Acci-
dentien, ſo dem Cantzler, Secre-
tario und der Cantzeley gehoͤren,
bezahlt werden ſollen. Dieſe Di-
plomata muͤſſen bey Verluſt des
neu-erlangten Adels innerhalb 3
Monaten, aus der Reichs-Can-
tzeley abgeloͤſet werden.
Ader ſchlagen,
Jſt ein gewoͤhnliches Vorſorge-
Mittel bey den Pferden, welches
im Fruͤhling und Herbſte pflegt
vorgenommen zu werden, und auch
bey vielen Kranckheiten derſelben
gebraucht wird. Denen Pferden
aber, ſo unter vier Jahre ſind, in-
gleichen den Wallachen und denen
alten wird keine Ader geſchlagen.
Was dabey zu beobachten ſey, ſol-
ches kan man im Oeconomiſchen
Lexico nachleſen, woſelbſt auch die
Mittel an die Hand gegeben wer-
den, wenn ein Pferd die Adern
verruͤcket oder verſtoſſen, daß es
davon hincket.
Adler,
Wird fuͤr den Koͤnig aller Voͤ-
gel gehalten, und iſt der groͤſſeſte,
ſtaͤrckeſte und geſchwindeſte unter
allen Raub-Voͤgeln, er iſt ſo groß,
daß auch der groͤſte Mann ſeine Fit-
tige nicht ausklaftern kan, ſchwaͤrtz-
licher und dunckel-brauner Farbe,
hat einen aſchefarbenen am Ende
etwas gekruͤmmten mehr groſſen
und breiten als langen und ſpitzigen
Schnabel, gelbe Fuͤſſe, lange ſtar-
cke und gekruͤmmte Klauen oder
Faͤnge; die Augen liegen ihm
hohl und tieff im Kopffe, und ſe-
hen faſt feurig oder ſaffran-gelb
aus, der Schwantz aber iſt ziem-
lich kurtz. Er hat einen ſcharfen
Wind, und vermercket ſeine Nah-
rung unglaublich weit von fern. Er
horſtet in hohen unwegſamen und
unerſteiglichen Stein-Klippen, oder
in groſſen Waͤldern an einſamen
und duͤſtern Orten auf hohen Tan-
nen, und weiß ſich ſo wohl in acht
zu nehmen, daß, wenn der Weide-
mann ihn zu ſchieſſen ſich verborgen
dabey anſtellet, er es alsbald ver-
mercket, und ſeinen Jungen den
Raub im Vorbeyfliegen und ohne
zu fuſſen vorwirfft. Er bleibet
gerne in ſeinem einmal erwehlten
Horſte, welchen er nicht leicht ver-
aͤndert. Seine Nahrung ſind
meiſtentheils Haaſen, und ſoll er
Steine in ſeine Faͤnge nehmen, ſel-
bige uͤber denen Hecken und Dorn-
Buͤſchen fallen laſſen und damit
die Haaſen ſprengen: auch greifft
er Rehe und Hirſche an, und un-
terſtehet ſich, wo er nur etwas
Bloͤſſe findet, ſolche zu wuͤrgen
und zu ſchanden zu ſchlagen. Ob
er gleich drey Eyer leget und be-
bruͤtet, ſoll er doch nicht uͤber zwey
Junge ausbringen. Nach Ge-
wohnheit anderer Raub-Voͤgel
wirfft er alle Morgen ſein Gewoͤl-
le, das iſt, er ſpeyet die Haare und
Federn aus, welche ſich in ſeinem
Kropfe von dem von ihm den vor-
hergehenden Tag gefreſſenen Raub
oder Aetzung geſammlet. Er hat
eine harte und dauerhaffte Natur,
und erreichet deswegen ein hohes
Alter: ie aͤlter er wird, ie aͤrger
und wilder bezeiget er ſich. Wie er
denn auch nicht anders als vor Hun-
ger ſterben ſoll. Seine Zufaͤlle im
hoͤchſten Alter ſind bloͤde Augen,
welche er durch ſtetes Einſehen in
das Sonnen-Licht, dadurch die
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