Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Can lerley giebt, Canones genennetwerden. Demnach ist Canon, oder Jtalienisch Canone, ein solches Sing- oder Kling-Stück, welches 2, 3, 4 und mehrere Stimmen aus einer eintzigen musiciren können, und wird deß wegen also genennet, weil die Stimme, welche anfängt, und Dux oder der Führer heisset, denen folgenden, Comites oder Gefährten genannt, zur Richt- schnur dienen muß, von welcher nicht in dem mindesten abgegan- gen werden darf. Canone al sospiro, Jst ein Canon, dessen Stimmen Canone a mente, Heißt, wenn der Componist nur Canone aperto, Ein offener Canon ist, wenn die Canone cancherizante, Ca- non cancrizans, Ein krebsgängiger Canon, kan Can ten nach vorne zu gehenden Stim-me dienen muß, & vice versa. Es kan dergleichen nicht nur mit zwo, sondern auch mit mehrern Stim- men geschehen. Canone chiuso, Heisset auch Canone in corpo, Canone enimmatico, Canon aenigmaticus, Ein Rätzel-Canon, in wel- Canone finito, Canon finitus, Jst ein Canon, dessen Stim- Canone J 4
[Spaltenumbruch] Can lerley giebt, Canones genennetwerden. Demnach iſt Canon, oder Jtalieniſch Canone, ein ſolches Sing- oder Kling-Stuͤck, welches 2, 3, 4 und mehrere Stimmen aus einer eintzigen muſiciren koͤnnen, und wird deß wegen alſo genennet, weil die Stimme, welche anfaͤngt, und Dux oder der Fuͤhrer heiſſet, denen folgenden, Comites oder Gefaͤhrten genannt, zur Richt- ſchnur dienen muß, von welcher nicht in dem mindeſten abgegan- gen werden darf. Canone al ſoſpiro, Jſt ein Canon, deſſen Stimmen Canone à mente, Heißt, wenn der Componiſt nur Canone aperto, Ein offener Canon iſt, wenn die Canone cancherizante, Ca- non cancrizans, Ein krebsgaͤngiger Canon, kan Can ten nach vorne zu gehenden Stim-me dienen muß, & vice verſa. Es kan dergleichen nicht nur mit zwo, ſondern auch mit mehrern Stim- men geſchehen. Canone chiuſo, Heiſſet auch Canone in corpo, Canone enimmatico, Canon aenigmaticus, Ein Raͤtzel-Canon, in wel- Canone finito, Canon finitus, Jſt ein Canon, deſſen Stim- Canone J 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0155"/><cb n="269"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Can</hi></hi></fw><lb/> lerley giebt, <hi rendition="#aq">Canones</hi> genennet<lb/> werden. Demnach iſt <hi rendition="#aq">Canon,</hi> oder<lb/> Jtalieniſch <hi rendition="#aq">Canone,</hi> ein ſolches<lb/> Sing- oder Kling-Stuͤck, welches<lb/> 2, 3, 4 und mehrere Stimmen aus<lb/> einer eintzigen muſiciren koͤnnen,<lb/> und wird deß wegen alſo genennet,<lb/> weil die Stimme, welche anfaͤngt,<lb/> und <hi rendition="#aq">Dux</hi> oder der Fuͤhrer heiſſet,<lb/> denen folgenden, <hi rendition="#aq">Comites</hi> oder<lb/> Gefaͤhrten genannt, zur Richt-<lb/> ſchnur dienen muß, von welcher<lb/> nicht in dem mindeſten abgegan-<lb/> gen werden darf.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone al ſoſpiro,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Jſt ein Canon, deſſen Stimmen<lb/> eine nach der andern um eine<lb/> Viertel-Pauſe ſpaͤter anfangen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone à mente,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Heißt, wenn der Componiſt nur<lb/> eine Stimme hinſetzet, auf die<lb/> uͤbrigen aber ſchon ſeine Abſicht<lb/> hat, welche denn, wenn ſie voͤl-<lb/> lig zu Papier gebracht und exeqvi-<lb/> ret werden, alsdenn nothwendig<lb/> zu der erſten Stimme klingen und<lb/> mit derſelben harmoniren muͤſſen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone aperto,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Ein offener Canon iſt, wenn die<lb/> Stimmen beſonders aus einan-<lb/> der geſetzet ſind, daß ihrer viele<lb/> nicht mehr aus einer eintzigen<lb/> Stimme muſiciren duͤrfen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone cancherizante, Ca-<lb/> non cancrizans,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Ein krebsgaͤngiger Canon, kan<lb/> von dem Anfange nach dem Ende,<lb/> und von dem Ende nach dem An-<lb/> fange zu, und alſo auch ruͤckgaͤn-<lb/> gig, bewerckſtelliget werden. Er<lb/> wird auch <hi rendition="#aq">Canon per theſin & ar-<lb/> ſin</hi> genannt, weil die <hi rendition="#aq">Theſis</hi> der<lb/> von vorne nach hinten zu gehenden<lb/> Stimme zur <hi rendition="#aq">Arſi</hi> in der von hin-<lb/><cb n="270"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Can</hi></hi></fw><lb/> ten nach vorne zu gehenden Stim-<lb/> me dienen muß, <hi rendition="#aq">& vice verſa.</hi> Es<lb/> kan dergleichen nicht nur mit zwo,<lb/> ſondern auch mit mehrern Stim-<lb/> men geſchehen.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone chiuſo,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Heiſſet auch <hi rendition="#aq">Canone in corpo,<lb/> Canon clauſus,</hi> ein geſchloſſener<lb/> Canon, in welchem alle Stimmen<lb/> in einer eintzigen enthalten ſind,<lb/> und aus derſelben muſiciret wer-<lb/> den.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone enimmatico, Canon<lb/> aenigmaticus,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Ein Raͤtzel-Canon, in wel-<lb/> chem nur ein Muſic-Schluͤſſel<lb/> ſich vorgezeichnet befindet, aus<lb/> den verſchiedenen <hi rendition="#i">.§. .§.</hi> aber zu<lb/> erkennen iſt, daß noch andere<lb/> Stimmen aus dem vorhabenden<lb/> eintzigen <hi rendition="#aq">Syſtemate</hi> ſingen ſollen;<lb/> was es aber fuͤr welche ſeyn, und in<lb/> welcher Ordnung dieſelben eintre-<lb/> ten ſollen, von dem Componiſten<lb/> verſchwiegen, und alſo den <hi rendition="#aq">Executo-<lb/> ribus</hi> zu errathen uͤberlaſſen wor-<lb/> den. Die Aufloͤſung dieſes Raͤ-<lb/> tzel-<hi rendition="#aq">Canonis</hi> iſt folgende: Bey<lb/> dem erſten Zeichen <hi rendition="#i">.§.</hi> faͤnget der<lb/> Alt im eingeſtrichenen a, bey dem<lb/> zweyten Zeichen der Diſcant im<lb/> zweygeſtrichenen c, und bey dem<lb/> dritten der Baß im eingeſtrichenen<lb/> a an. So oft dieſer Canon wie-<lb/> derholet wird, treten alle Stimmen<lb/> um einen Ton tieffer ein.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone finito, Canon finitus,</hi> </hi> </head><lb/> <p>Jſt ein Canon, deſſen Stim-<lb/> men zum Schluß, oder vielmehr<lb/> zur Ruhe und Aufhoͤren, vermit-<lb/> telſt eines beſondern Anhanges ge-<lb/> bracht werden, und ſich ſodenn mit<lb/> einander endigen.</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 4</fw> <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i">Canone</hi> </hi> </fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0155]
Can
Can
lerley giebt, Canones genennet
werden. Demnach iſt Canon, oder
Jtalieniſch Canone, ein ſolches
Sing- oder Kling-Stuͤck, welches
2, 3, 4 und mehrere Stimmen aus
einer eintzigen muſiciren koͤnnen,
und wird deß wegen alſo genennet,
weil die Stimme, welche anfaͤngt,
und Dux oder der Fuͤhrer heiſſet,
denen folgenden, Comites oder
Gefaͤhrten genannt, zur Richt-
ſchnur dienen muß, von welcher
nicht in dem mindeſten abgegan-
gen werden darf.
Canone al ſoſpiro,
Jſt ein Canon, deſſen Stimmen
eine nach der andern um eine
Viertel-Pauſe ſpaͤter anfangen.
Canone à mente,
Heißt, wenn der Componiſt nur
eine Stimme hinſetzet, auf die
uͤbrigen aber ſchon ſeine Abſicht
hat, welche denn, wenn ſie voͤl-
lig zu Papier gebracht und exeqvi-
ret werden, alsdenn nothwendig
zu der erſten Stimme klingen und
mit derſelben harmoniren muͤſſen.
Canone aperto,
Ein offener Canon iſt, wenn die
Stimmen beſonders aus einan-
der geſetzet ſind, daß ihrer viele
nicht mehr aus einer eintzigen
Stimme muſiciren duͤrfen.
Canone cancherizante, Ca-
non cancrizans,
Ein krebsgaͤngiger Canon, kan
von dem Anfange nach dem Ende,
und von dem Ende nach dem An-
fange zu, und alſo auch ruͤckgaͤn-
gig, bewerckſtelliget werden. Er
wird auch Canon per theſin & ar-
ſin genannt, weil die Theſis der
von vorne nach hinten zu gehenden
Stimme zur Arſi in der von hin-
ten nach vorne zu gehenden Stim-
me dienen muß, & vice verſa. Es
kan dergleichen nicht nur mit zwo,
ſondern auch mit mehrern Stim-
men geſchehen.
Canone chiuſo,
Heiſſet auch Canone in corpo,
Canon clauſus, ein geſchloſſener
Canon, in welchem alle Stimmen
in einer eintzigen enthalten ſind,
und aus derſelben muſiciret wer-
den.
Canone enimmatico, Canon
aenigmaticus,
Ein Raͤtzel-Canon, in wel-
chem nur ein Muſic-Schluͤſſel
ſich vorgezeichnet befindet, aus
den verſchiedenen .§. .§. aber zu
erkennen iſt, daß noch andere
Stimmen aus dem vorhabenden
eintzigen Syſtemate ſingen ſollen;
was es aber fuͤr welche ſeyn, und in
welcher Ordnung dieſelben eintre-
ten ſollen, von dem Componiſten
verſchwiegen, und alſo den Executo-
ribus zu errathen uͤberlaſſen wor-
den. Die Aufloͤſung dieſes Raͤ-
tzel-Canonis iſt folgende: Bey
dem erſten Zeichen .§. faͤnget der
Alt im eingeſtrichenen a, bey dem
zweyten Zeichen der Diſcant im
zweygeſtrichenen c, und bey dem
dritten der Baß im eingeſtrichenen
a an. So oft dieſer Canon wie-
derholet wird, treten alle Stimmen
um einen Ton tieffer ein.
Canone finito, Canon finitus,
Jſt ein Canon, deſſen Stim-
men zum Schluß, oder vielmehr
zur Ruhe und Aufhoͤren, vermit-
telſt eines beſondern Anhanges ge-
bracht werden, und ſich ſodenn mit
einander endigen.
Canone
J 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |