Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Bou die florettes als sonderbar zierlichepas in sich schliesset, leicht zu lernen und lustig zu tantzen. Diese Art Täntze oder musicalischer Stücke werden von einigen beschrieben, daß sie von zwey gleichen Theilen, ieder Theil von 8 Schlägen beste- hen, der erste habe zwar nur 4 Schläge, aber man spiele ihn zwey- mal, die andere Helffte habe 8 Schläge, und werde wiederholet. Und ob ihn gleich einige aus Au- vergne in Franckreich herholen wollen, so ist doch gewiß, daß er seinen Ursprung aus Biscaja, einer Provintz in Spanien habe. Herr Mattheson muthmasset, er sey ei- nem Frauenzimmer zu gefallen al- so genennet worden, welches von feistem und niedlichem Leibe ge- wesen; Denn das Wort an ihm selbst bedeutet eigentlich etwas ge- fülltes, gestopftes, wohlgesetztes, starckes, wichtiges und doch dabey weiches oder zartes, das geschick- ter zum Schieben, Glitschen (pas gliffes) oder Gleiten ist, als zum Heben, Hüpfen und Springen. Hierzu veranlassen ihn die wirckli- chen Eigenschaften der Bourreen- Melodien, welche sind zufrieden, gefällig, unbekümmert, gelassen, nachläßig, gemächlich und doch artig. Die Bourree hat ordent- lich einen Vier-Viertel-Tact, und deren 4 in der ersten und 4 in der andern und letztern Reprise, da- fern sie dem Tantzen gewidmet; sonst nimmt man sich Freyheit. Sie hat übrigens ein Dactylisches Metrum, so daß gemeiniglich auf ein Viertel zwey Achtel folgen, und der Anfang mit dem letzten Viertel des Aufschlages gemacht wird, welches Viertel im Abschnit- te, wo die Reprise ist, wie auch am Ende wieder abgekürtzet werden muß. Bou Bout, cheval a bout, Sagt man von einem Pferde, Boutade, Wird von dem Frantzösischen Boute-selle, Butta-sella, Wird im Kriege das Zeichen ge- Boutoir, Jst ein Jnstrument von Stahl Bouton, Heist das Knöpfgen unten an den G 2
[Spaltenumbruch] Bou die florettes als ſonderbar zierlichepas in ſich ſchlieſſet, leicht zu lernen und luſtig zu tantzen. Dieſe Art Taͤntze oder muſicaliſcher Stuͤcke werden von einigen beſchrieben, daß ſie von zwey gleichen Theilen, ieder Theil von 8 Schlaͤgen beſte- hen, der erſte habe zwar nur 4 Schlaͤge, aber man ſpiele ihn zwey- mal, die andere Helffte habe 8 Schlaͤge, und werde wiederholet. Und ob ihn gleich einige aus Au- vergne in Franckreich herholen wollen, ſo iſt doch gewiß, daß er ſeinen Urſprung aus Biſcaja, einer Provintz in Spanien habe. Herr Mattheſon muthmaſſet, er ſey ei- nem Frauenzimmer zu gefallen al- ſo genennet worden, welches von feiſtem und niedlichem Leibe ge- weſen; Denn das Wort an ihm ſelbſt bedeutet eigentlich etwas ge- fuͤlltes, geſtopftes, wohlgeſetztes, ſtarckes, wichtiges und doch dabey weiches oder zartes, das geſchick- ter zum Schieben, Glitſchen (pas gliffés) oder Gleiten iſt, als zum Heben, Huͤpfen und Springen. Hierzu veranlaſſen ihn die wirckli- chen Eigenſchaften der Bourreen- Melodien, welche ſind zufrieden, gefaͤllig, unbekuͤmmert, gelaſſen, nachlaͤßig, gemaͤchlich und doch artig. Die Bourrée hat ordent- lich einen Vier-Viertel-Tact, und deren 4 in der erſten und 4 in der andern und letztern Repriſe, da- fern ſie dem Tantzen gewidmet; ſonſt nimmt man ſich Freyheit. Sie hat uͤbrigens ein Dactyliſches Metrum, ſo daß gemeiniglich auf ein Viertel zwey Achtel folgen, und der Anfang mit dem letzten Viertel des Aufſchlages gemacht wird, welches Viertel im Abſchnit- te, wo die Repriſe iſt, wie auch am Ende wieder abgekuͤrtzet werden muß. Bou Bout, cheval à bout, Sagt man von einem Pferde, Boutade, Wird von dem Frantzoͤſiſchen Boute-ſelle, Butta-ſella, Wird im Kriege das Zeichen ge- Boutoir, Jſt ein Jnſtrument von Stahl Bouton, Heiſt das Knoͤpfgen unten an den G 2
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Bou
Bou
die florettes als ſonderbar zierliche
pas in ſich ſchlieſſet, leicht zu lernen
und luſtig zu tantzen. Dieſe Art
Taͤntze oder muſicaliſcher Stuͤcke
werden von einigen beſchrieben,
daß ſie von zwey gleichen Theilen,
ieder Theil von 8 Schlaͤgen beſte-
hen, der erſte habe zwar nur 4
Schlaͤge, aber man ſpiele ihn zwey-
mal, die andere Helffte habe 8
Schlaͤge, und werde wiederholet.
Und ob ihn gleich einige aus Au-
vergne in Franckreich herholen
wollen, ſo iſt doch gewiß, daß er
ſeinen Urſprung aus Biſcaja, einer
Provintz in Spanien habe. Herr
Mattheſon muthmaſſet, er ſey ei-
nem Frauenzimmer zu gefallen al-
ſo genennet worden, welches von
feiſtem und niedlichem Leibe ge-
weſen; Denn das Wort an ihm
ſelbſt bedeutet eigentlich etwas ge-
fuͤlltes, geſtopftes, wohlgeſetztes,
ſtarckes, wichtiges und doch dabey
weiches oder zartes, das geſchick-
ter zum Schieben, Glitſchen (pas
gliffés) oder Gleiten iſt, als zum
Heben, Huͤpfen und Springen.
Hierzu veranlaſſen ihn die wirckli-
chen Eigenſchaften der Bourreen-
Melodien, welche ſind zufrieden,
gefaͤllig, unbekuͤmmert, gelaſſen,
nachlaͤßig, gemaͤchlich und doch
artig. Die Bourrée hat ordent-
lich einen Vier-Viertel-Tact, und
deren 4 in der erſten und 4 in der
andern und letztern Repriſe, da-
fern ſie dem Tantzen gewidmet;
ſonſt nimmt man ſich Freyheit.
Sie hat uͤbrigens ein Dactyliſches
Metrum, ſo daß gemeiniglich auf
ein Viertel zwey Achtel folgen,
und der Anfang mit dem letzten
Viertel des Aufſchlages gemacht
wird, welches Viertel im Abſchnit-
te, wo die Repriſe iſt, wie auch am
Ende wieder abgekuͤrtzet werden
muß.
Bout, cheval à bout,
Sagt man von einem Pferde,
das durch die Arbeit gantz hinge-
richtet iſt, und alle Kraͤffte verloh-
ren hat.
Boutade,
Wird von dem Frantzoͤſiſchen
Worte bouter hergeleitet, welches
bey dem gemeinen Manne in
Franckreich nur noch gebraͤuchlich
iſt, und dafuͤr man itzo mettre,
ſetzen, ſagt. Es bedeutet aber ei-
ne hurtige Bewegung, einen
ſchleunigen, ploͤtzlichen Einfall,
einen Satz, welchen man aus
bloſſer Caprice ſo hinſetzet, wie der
Bauer den Hut auf den Kof; iſt
eine Art der Fantaiſies. Vor dieſem
nannte man diejenigen Solo auf
der Violdigamba alſo, welche alſo
eingerichtet waren, als wenn ſie
ex tempore hervor gebracht wuͤr-
den, ohngeacht ſie ordentlich zu
Papiere gebracht waren. Bouta-
den waren auch eine gewiſſe Art
jaͤher und geſchwinder Taͤntze, wel-
che ein beruͤhmter Tantzmeiſter
Bocan zur Zeit Koͤnigs Ludwigs
des XIII erfunden.
Boute-ſelle, Butta-ſella,
Wird im Kriege das Zeichen ge-
nennet, welches den Reutern mit
der Trompete gegeben wird, daß
ſie ihre Pferde ſatteln und aufſitzen
ſollen.
Boutoir,
Jſt ein Jnſtrument von Stahl
mit einem hoͤltzernen Haffte, das
Horn von dem Huf der Pferde ab-
zuſchneiden, damit das Hufeiſen
deſto beqvemer kan aufgenagelt
werden.
Bouton,
Heiſt das Knoͤpfgen unten an
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