Trichter, Valentin: Curiöses Reit- Jagd- Fecht- Tantz- oder Ritter-Exercitien-Lexicon. Leipzig, 1742.[Spaltenumbruch] Tur bürtige von Adel beschrieben,welche dabey mit grosser Pracht erschienen, und sich auf den be- stimmten Tag in dem Turnier- Platze einfunden, und zwar, daß Roß und Mann geharnischt war, mit Turnier-Helmen auf dem Kopf. Sie musten sich aber zuvor bey dem Wappen-Könige angeben, und ihm ihr Wappen (so sie vor- tragen liessen) zeigen, daß er ur- theilen möchte, ob sie auch Tur- nier-fähig wären. Wenn man mit Trompeten- und Paucken- Schall ein Zeichen gegeben, wurden sie paarweis in die Schrancken ge- lassen, welche denn mit Lantzen gegen einander renneten, auch sich bemüheten, einander aus dem Sat- tel zu heben. Zwischen den Seu- len hielten die Grießwärtel, wel- che den nothleidenden zu Hülffe kommen musten. Wenn das Tur- nier vorbey war, wurde durch das anwesende Frauenzimmer de- nen, die sich am besten gehalten, der Danck ausgetheilet, und dar- auf mit Banqveten und Ehren- täntzen geschlossen. Wer der Er- finder von diesen Turnier- und Ritterspielen sey, davon sind mancherley Gedancken. Jnsge- mein wird es dem König Henrico Aucupi von Deutschland zuge- schrieben, doch findet man schon in den ältesten Historien derglei- chen, indem allbereit die Griechen und Römer bey ihren Ludis Tro- janis und Decursionibus fast eben dergleichen Exercitien hatten. Jedoch wann man es nach der Art ansiehet, wie sie nach der Zeit in Deutschland sind gehalten wor- den, so ist gewiß, daß die Gothi die vornehmsten Erfinder, von welchen es die Galli, gleichwie von diesen die Deutschen haben; [Spaltenumbruch] Tur Denn man findet, daß LudoviciPii Söhne Ludovicus und Caro- lus mit ihrem Adel dergleichen Ritterspiele zu Worms in dem 9 Seculo getrieben. Nach der Zeit hat Henricus Auceps dem Deut- schen Adel zur Ergötzlichkeit Anno 933 den 1 Turnier zu Magdeburg gehalten, deren folgender Zeiten noch 36 im Römischen Reich sind angestellet worden, bis sie zu des Kaysers Maximiliani I Zeiten gantz aufgehört haben, weil es selten ohne Unglück abgegangen, und sie öffters einen traurigen Aus- gang gewonnen. Daher der Pabst Innocentius VIII Anlaß genom- men, zu verordnen, daß wer in einem Turnier umkäme, nicht sol- te auf einem Kirchhofe begraben werden; da dann die Quintan- und Carrousel-Rennen dargegen auf- kommen und noch üblich sind. Turniers-Aufzug, Der Aufzug zu solchem Ritter- glantz, B b b b 3
[Spaltenumbruch] Tur buͤrtige von Adel beſchrieben,welche dabey mit groſſer Pracht erſchienen, und ſich auf den be- ſtimmten Tag in dem Turnier- Platze einfunden, und zwar, daß Roß und Mann geharniſcht war, mit Turnier-Helmen auf dem Kopf. Sie muſten ſich aber zuvor bey dem Wappen-Koͤnige angeben, und ihm ihr Wappen (ſo ſie vor- tragen lieſſen) zeigen, daß er ur- theilen moͤchte, ob ſie auch Tur- nier-faͤhig waͤren. Wenn man mit Trompeten- und Paucken- Schall ein Zeichen gegeben, wurden ſie paarweis in die Schrancken ge- laſſen, welche denn mit Lantzen gegen einander renneten, auch ſich bemuͤheten, einander aus dem Sat- tel zu heben. Zwiſchen den Seu- len hielten die Grießwaͤrtel, wel- che den nothleidenden zu Huͤlffe kommen muſten. Wenn das Tur- nier vorbey war, wurde durch das anweſende Frauenzimmer de- nen, die ſich am beſten gehalten, der Danck ausgetheilet, und dar- auf mit Banqveten und Ehren- taͤntzen geſchloſſen. Wer der Er- finder von dieſen Turnier- und Ritterſpielen ſey, davon ſind mancherley Gedancken. Jnsge- mein wird es dem Koͤnig Henrico Aucupi von Deutſchland zuge- ſchrieben, doch findet man ſchon in den aͤlteſten Hiſtorien derglei- chen, indem allbereit die Griechen und Roͤmer bey ihren Ludis Tro- janis und Decurſionibus faſt eben dergleichen Exercitien hatten. Jedoch wann man es nach der Art anſiehet, wie ſie nach der Zeit in Deutſchland ſind gehalten wor- den, ſo iſt gewiß, daß die Gothi die vornehmſten Erfinder, von welchen es die Galli, gleichwie von dieſen die Deutſchen haben; [Spaltenumbruch] Tur Denn man findet, daß LudoviciPii Soͤhne Ludovicus und Caro- lus mit ihrem Adel dergleichen Ritterſpiele zu Worms in dem 9 Seculo getrieben. Nach der Zeit hat Henricus Auceps dem Deut- ſchen Adel zur Ergoͤtzlichkeit Anno 933 den 1 Turnier zu Magdeburg gehalten, deren folgender Zeiten noch 36 im Roͤmiſchen Reich ſind angeſtellet worden, bis ſie zu des Kayſers Maximiliani I Zeiten gantz aufgehoͤrt haben, weil es ſelten ohne Ungluͤck abgegangen, und ſie oͤffters einen traurigen Aus- gang gewonnen. Daher der Pabſt Innocentius VIII Anlaß genom- men, zu verordnen, daß wer in einem Turnier umkaͤme, nicht ſol- te auf einem Kirchhofe begraben werden; da dann die Quintan- und Carrouſel-Rennen dargegen auf- kommen und noch uͤblich ſind. Turniers-Aufzug, Der Aufzug zu ſolchem Ritter- glantz, B b b b 3
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Tur
Tur
buͤrtige von Adel beſchrieben,
welche dabey mit groſſer Pracht
erſchienen, und ſich auf den be-
ſtimmten Tag in dem Turnier-
Platze einfunden, und zwar, daß
Roß und Mann geharniſcht war,
mit Turnier-Helmen auf dem
Kopf. Sie muſten ſich aber zuvor
bey dem Wappen-Koͤnige angeben,
und ihm ihr Wappen (ſo ſie vor-
tragen lieſſen) zeigen, daß er ur-
theilen moͤchte, ob ſie auch Tur-
nier-faͤhig waͤren. Wenn man
mit Trompeten- und Paucken-
Schall ein Zeichen gegeben, wurden
ſie paarweis in die Schrancken ge-
laſſen, welche denn mit Lantzen
gegen einander renneten, auch ſich
bemuͤheten, einander aus dem Sat-
tel zu heben. Zwiſchen den Seu-
len hielten die Grießwaͤrtel, wel-
che den nothleidenden zu Huͤlffe
kommen muſten. Wenn das Tur-
nier vorbey war, wurde durch
das anweſende Frauenzimmer de-
nen, die ſich am beſten gehalten,
der Danck ausgetheilet, und dar-
auf mit Banqveten und Ehren-
taͤntzen geſchloſſen. Wer der Er-
finder von dieſen Turnier- und
Ritterſpielen ſey, davon ſind
mancherley Gedancken. Jnsge-
mein wird es dem Koͤnig Henrico
Aucupi von Deutſchland zuge-
ſchrieben, doch findet man ſchon
in den aͤlteſten Hiſtorien derglei-
chen, indem allbereit die Griechen
und Roͤmer bey ihren Ludis Tro-
janis und Decurſionibus faſt eben
dergleichen Exercitien hatten.
Jedoch wann man es nach der Art
anſiehet, wie ſie nach der Zeit in
Deutſchland ſind gehalten wor-
den, ſo iſt gewiß, daß die Gothi
die vornehmſten Erfinder, von
welchen es die Galli, gleichwie
von dieſen die Deutſchen haben;
Denn man findet, daß Ludovici
Pii Soͤhne Ludovicus und Caro-
lus mit ihrem Adel dergleichen
Ritterſpiele zu Worms in dem
9 Seculo getrieben. Nach der Zeit
hat Henricus Auceps dem Deut-
ſchen Adel zur Ergoͤtzlichkeit Anno
933 den 1 Turnier zu Magdeburg
gehalten, deren folgender Zeiten
noch 36 im Roͤmiſchen Reich ſind
angeſtellet worden, bis ſie zu des
Kayſers Maximiliani I Zeiten gantz
aufgehoͤrt haben, weil es ſelten
ohne Ungluͤck abgegangen, und
ſie oͤffters einen traurigen Aus-
gang gewonnen. Daher der Pabſt
Innocentius VIII Anlaß genom-
men, zu verordnen, daß wer in
einem Turnier umkaͤme, nicht ſol-
te auf einem Kirchhofe begraben
werden; da dann die Quintan- und
Carrouſel-Rennen dargegen auf-
kommen und noch uͤblich ſind.
Turniers-Aufzug,
Der Aufzug zu ſolchem Ritter-
ſpiel war an Waffen und Harniſch
praͤchtig, an Kleidern koſtbar, an
Pferden ſtatlich, an Wappen und
Schildern ſinnreich, und an der
Livrée anſehnlich, die Farben, ſo
am ſcheinbarſten, wurden fuͤr die
edelſten gehalten. Zum Exempel:
Die weiſſe Farbe bedeutete Licht,
Reinigkeit, Weisheit, Unſchuld,
Keuſchheit und Freude, 2) die
ſchwartze Farbe Betruͤbniß, De-
muth und Ungluͤck ꝛc. 3) die goldene
Verſtand, Anſehen und Hoheit,
4) die blaue Scharffſinnigkeit,
Treue und Beſtaͤndigkeit, 5) die
rothe, Begierde zur Tugend und
loͤblichen Thaten, 6) die gruͤne,
Hoffnung, Schoͤnheit, Troſt und
Froͤlichkeit, 7) die Purpur-Farbe,
Majeſtaͤtiſch u. großmuͤthig, 8) die
Leibfarbe, Siegreich und Ehren-
glantz,
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