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Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822.

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Drittes Kapitel.
Das Schen von der subjektiven Seite.

Wäre die Netzhaut blos ein leidender Spiegel
und empfinge der Geist die Bilder dieses Spie-
gels ohne Gegenwirkung, so würden unsere
Untersuchungen über das Sehen jetzt schon be-
endigt seyn. Aber jene gaukeln uns auch im
Traume vor, unerregt von äussern Gesichtsein-
drücken. Wir bilden sie selbstthätig im Wachen
wie im Traume, nur im Wachen nach den Ge-
setzen einer äussern Welt. Sie gehen selbst bey
dem Wachenden in blosse Erzeugnisse seiner
Organe über, wenn das Auge durch lebhafte
Eindrücke gereitzt ist. Der Anblick einer um-
geschwungenen feurigen Kohle, oder einer um-
gedreheten Scheibe mit einer Oeffnung, hinter
welcher ein Licht steht, giebt im Finstern die
Empfindung eines feurigen Kreises, wenn die
Zeit des Umschwungs nicht mehr als acht
Tertien beträgt y). Während dieser Zeit repro-

ducirt
y) D'Arcet, Mem. de l'Acad. des sc. de Paris. A. 1765.
p. 439.

Drittes Kapitel.
Das Schen von der subjektiven Seite.

Wäre die Netzhaut blos ein leidender Spiegel
und empfinge der Geist die Bilder dieses Spie-
gels ohne Gegenwirkung, so würden unsere
Untersuchungen über das Sehen jetzt schon be-
endigt seyn. Aber jene gaukeln uns auch im
Traume vor, unerregt von äuſsern Gesichtsein-
drücken. Wir bilden sie selbstthätig im Wachen
wie im Traume, nur im Wachen nach den Ge-
setzen einer äuſsern Welt. Sie gehen selbst bey
dem Wachenden in bloſse Erzeugnisse seiner
Organe über, wenn das Auge durch lebhafte
Eindrücke gereitzt ist. Der Anblick einer um-
geschwungenen feurigen Kohle, oder einer um-
gedreheten Scheibe mit einer Oeffnung, hinter
welcher ein Licht steht, giebt im Finstern die
Empfindung eines feurigen Kreises, wenn die
Zeit des Umschwungs nicht mehr als acht
Tertien beträgt y). Während dieser Zeit repro-

ducirt
y) D’Arcet, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1765.
p. 439.
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[554/0576] Drittes Kapitel. Das Schen von der subjektiven Seite. Wäre die Netzhaut blos ein leidender Spiegel und empfinge der Geist die Bilder dieses Spie- gels ohne Gegenwirkung, so würden unsere Untersuchungen über das Sehen jetzt schon be- endigt seyn. Aber jene gaukeln uns auch im Traume vor, unerregt von äuſsern Gesichtsein- drücken. Wir bilden sie selbstthätig im Wachen wie im Traume, nur im Wachen nach den Ge- setzen einer äuſsern Welt. Sie gehen selbst bey dem Wachenden in bloſse Erzeugnisse seiner Organe über, wenn das Auge durch lebhafte Eindrücke gereitzt ist. Der Anblick einer um- geschwungenen feurigen Kohle, oder einer um- gedreheten Scheibe mit einer Oeffnung, hinter welcher ein Licht steht, giebt im Finstern die Empfindung eines feurigen Kreises, wenn die Zeit des Umschwungs nicht mehr als acht Tertien beträgt y). Während dieser Zeit repro- ducirt y) D’Arcet, Mém. de l’Acad. des sc. de Paris. A. 1765. p. 439.

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Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 6. Göttingen, 1822, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie06_1822/576>, abgerufen am 21.11.2024.