Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

bermaass an Reitzungen. Diese aber können entwe-
der von Reitzen der leblosen Natur, oder von Ein-
wirkungen lebender Organismen herrühren. Ist je-
nes, so ist die Heilung nur durch eine temporäre
Verminderung der reitzenden Potenzen unter ihr
naturgemässes Maass, und hierauf durch Erhöhung
derselben bis zu diesem Mittelmaass möglich. Die
zweyte Ursache setzt schon eine Krankheit eines
andern Organismus voraus, und die Heilung beru-
het hier also auf der Wiederherstellung des letz-
tern -- Im andern Falle, wo dem Organismus we-
niger Lebenskraft entzogen wird, als die Organisa-
tion der lebenden Natur erfordert, liegt die Schuld
ebenfalls an einem andern Organismus, welcher we-
niger reitzt, wie er seiner Bestimmung gemäss soll-
te, und die Heilung wird auch hier durch Wegräu-
mung der Ursachen bewerkstelligt, welche die Ein-
wirkung des letztern auf den erstern aufhielten,
oder ganz aufhoben.

Drittes System.

Sind lebensfähige Materie und Lebenskraft
wechselseitig durch einander, so ergiebt sich gleich
eine Folgerung, die unsern fernern Untersuchun-
gen den Weg bahnet. Wirklicher Uebergang der
lebenden Materie zur leblosen Natur kann alsdann
nicht statt finden; Sterben kann nur Verwandlung
einer gewissen Form des Lebens in eine andere,
oder dasselbe für das physische Leben seyn, was

die
I. Bd. G

bermaaſs an Reitzungen. Diese aber können entwe-
der von Reitzen der leblosen Natur, oder von Ein-
wirkungen lebender Organismen herrühren. Ist je-
nes, so ist die Heilung nur durch eine temporäre
Verminderung der reitzenden Potenzen unter ihr
naturgemäſses Maaſs, und hierauf durch Erhöhung
derselben bis zu diesem Mittelmaaſs möglich. Die
zweyte Ursache setzt schon eine Krankheit eines
andern Organismus voraus, und die Heilung beru-
het hier also auf der Wiederherstellung des letz-
tern — Im andern Falle, wo dem Organismus we-
niger Lebenskraft entzogen wird, als die Organisa-
tion der lebenden Natur erfordert, liegt die Schuld
ebenfalls an einem andern Organismus, welcher we-
niger reitzt, wie er seiner Bestimmung gemäſs soll-
te, und die Heilung wird auch hier durch Wegräu-
mung der Ursachen bewerkstelligt, welche die Ein-
wirkung des letztern auf den erstern aufhielten,
oder ganz aufhoben.

Drittes System.

Sind lebensfähige Materie und Lebenskraft
wechselseitig durch einander, so ergiebt sich gleich
eine Folgerung, die unsern fernern Untersuchun-
gen den Weg bahnet. Wirklicher Uebergang der
lebenden Materie zur leblosen Natur kann alsdann
nicht statt finden; Sterben kann nur Verwandlung
einer gewissen Form des Lebens in eine andere,
oder dasselbe für das physische Leben seyn, was

die
I. Bd. G
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0117" n="97"/>
bermaa&#x017F;s an Reitzungen. Diese aber können entwe-<lb/>
der von Reitzen der leblosen Natur, oder von Ein-<lb/>
wirkungen lebender Organismen herrühren. Ist je-<lb/>
nes, so ist die Heilung nur durch eine temporäre<lb/>
Verminderung der reitzenden Potenzen unter ihr<lb/>
naturgemä&#x017F;ses Maa&#x017F;s, und hierauf durch Erhöhung<lb/>
derselben bis zu diesem Mittelmaa&#x017F;s möglich. Die<lb/>
zweyte Ursache setzt schon eine Krankheit eines<lb/>
andern Organismus voraus, und die Heilung beru-<lb/>
het hier also auf der Wiederherstellung des letz-<lb/>
tern &#x2014; Im andern Falle, wo dem Organismus we-<lb/>
niger Lebenskraft entzogen wird, als die Organisa-<lb/>
tion der lebenden Natur erfordert, liegt die Schuld<lb/>
ebenfalls an einem andern Organismus, welcher we-<lb/>
niger reitzt, wie er seiner Bestimmung gemä&#x017F;s soll-<lb/>
te, und die Heilung wird auch hier durch Wegräu-<lb/>
mung der Ursachen bewerkstelligt, welche die Ein-<lb/>
wirkung des letztern auf den erstern aufhielten,<lb/>
oder ganz aufhoben.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g">Drittes System.</hi> </head><lb/>
            <p>Sind lebensfähige Materie und Lebenskraft<lb/>
wechselseitig durch einander, so ergiebt sich gleich<lb/>
eine Folgerung, die unsern fernern Untersuchun-<lb/>
gen den Weg bahnet. Wirklicher Uebergang der<lb/>
lebenden Materie zur leblosen Natur kann alsdann<lb/>
nicht statt finden; Sterben kann nur Verwandlung<lb/>
einer gewissen Form des Lebens in eine andere,<lb/>
oder dasselbe für das physische Leben seyn, was<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#i">I. Bd.</hi> G</fw><fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0117] bermaaſs an Reitzungen. Diese aber können entwe- der von Reitzen der leblosen Natur, oder von Ein- wirkungen lebender Organismen herrühren. Ist je- nes, so ist die Heilung nur durch eine temporäre Verminderung der reitzenden Potenzen unter ihr naturgemäſses Maaſs, und hierauf durch Erhöhung derselben bis zu diesem Mittelmaaſs möglich. Die zweyte Ursache setzt schon eine Krankheit eines andern Organismus voraus, und die Heilung beru- het hier also auf der Wiederherstellung des letz- tern — Im andern Falle, wo dem Organismus we- niger Lebenskraft entzogen wird, als die Organisa- tion der lebenden Natur erfordert, liegt die Schuld ebenfalls an einem andern Organismus, welcher we- niger reitzt, wie er seiner Bestimmung gemäſs soll- te, und die Heilung wird auch hier durch Wegräu- mung der Ursachen bewerkstelligt, welche die Ein- wirkung des letztern auf den erstern aufhielten, oder ganz aufhoben. Drittes System. Sind lebensfähige Materie und Lebenskraft wechselseitig durch einander, so ergiebt sich gleich eine Folgerung, die unsern fernern Untersuchun- gen den Weg bahnet. Wirklicher Uebergang der lebenden Materie zur leblosen Natur kann alsdann nicht statt finden; Sterben kann nur Verwandlung einer gewissen Form des Lebens in eine andere, oder dasselbe für das physische Leben seyn, was die I. Bd. G

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/117
Zitationshilfe: Treviranus, Gottfried Reinhold: Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur für Naturforscher und Ärzte. Bd. 1. Göttingen, 1802, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/treviranus_biologie01_1802/117>, abgerufen am 21.11.2024.