Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913.DE PROFUNDIS Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt. Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht. Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist Wie traurig dieser Abend. Am Weiler vorbei Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein. Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams. Bei der Heimkehr Fanden die Hirten den süßen Leib Verwest im Dornenbusch. Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern. Gottes Schweigen Trank ich aus dem Brunnen des Hains. Auf meine Stirne tritt kaltes Metall Spinnen suchen mein Herz. Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht. Nachts fand ich mich auf einer Heide, Starrend von Unrat und Staub der Sterne. Im Haselgebüsch Klangen wieder kristallne Engel. DE PROFUNDIS Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt. Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht. Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist Wie traurig dieser Abend. Am Weiler vorbei Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein. Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams. Bei der Heimkehr Fanden die Hirten den süßen Leib Verwest im Dornenbusch. Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern. Gottes Schweigen Trank ich aus dem Brunnen des Hains. Auf meine Stirne tritt kaltes Metall Spinnen suchen mein Herz. Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht. Nachts fand ich mich auf einer Heide, Starrend von Unrat und Staub der Sterne. Im Haselgebüsch Klangen wieder kristallne Engel. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0036" n="38"/> <div n="1"> <lg type="poem"> <head>DE PROFUNDIS</head><lb/> <lg n="1"> <l>Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.</l><lb/> <l>Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.</l><lb/> <l>Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist</l><lb/> <l>Wie traurig dieser Abend.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Am Weiler vorbei</l><lb/> <l>Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.</l><lb/> <l>Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung</l><lb/> <l>Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Bei der Heimkehr</l><lb/> <l>Fanden die Hirten den süßen Leib</l><lb/> <l>Verwest im Dornenbusch.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.</l><lb/> <l>Gottes Schweigen</l><lb/> <l>Trank ich aus dem Brunnen des Hains.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Auf meine Stirne tritt kaltes Metall</l><lb/> <l>Spinnen suchen mein Herz.</l><lb/> <l>Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.</l><lb/> </lg> <lg n="6"> <l>Nachts fand ich mich auf einer Heide,</l><lb/> <l>Starrend von Unrat und Staub der Sterne.</l><lb/> <l>Im Haselgebüsch</l><lb/> <l>Klangen wieder kristallne Engel.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [38/0036]
DE PROFUNDIS
Es ist ein Stoppelfeld, in das ein schwarzer Regen fällt.
Es ist ein brauner Baum, der einsam dasteht.
Es ist ein Zischelwind, der leere Hütten umkreist
Wie traurig dieser Abend.
Am Weiler vorbei
Sammelt die sanfte Waise noch spärliche Ähren ein.
Ihre Augen weiden rund und goldig in der Dämmerung
Und ihr Schoß harrt des himmlischen Bräutigams.
Bei der Heimkehr
Fanden die Hirten den süßen Leib
Verwest im Dornenbusch.
Ein Schatten bin ich ferne finsteren Dörfern.
Gottes Schweigen
Trank ich aus dem Brunnen des Hains.
Auf meine Stirne tritt kaltes Metall
Spinnen suchen mein Herz.
Es ist ein Licht, das in meinem Mund erlöscht.
Nachts fand ich mich auf einer Heide,
Starrend von Unrat und Staub der Sterne.
Im Haselgebüsch
Klangen wieder kristallne Engel.
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