Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913.KLEINES KONZERT Ein Rot, das traumhaft dich erschüttert -- Durch deine Hände scheint die Sonne. Du fühlst dein Herz verrückt vor Wonne Sich still zu einer Tat bereiten. In Mittag strömen gelbe Felder. Kaum hörst du noch der Grillen Singen, Der Mäher hartes Sensenschwingen. Einfältig schweigen goldene Wälder. Im grünen Tümpel glüht Verwesung. Die Fische stehen still. Gottes Odem Weckt sacht ein Saitenspiel im Brodem. Aussätzigen winkt die Flut Genesung. Geist Dädals schwebt in blauen Schatten, Ein Duft von Milch in Haselzweigen. Man hört noch lang den Lehrer geigen, Im leeren Hof den Schrei der Ratten. Im Krug an scheußlichen Tapeten Blühn kühlere Violenfarben. Im Hader dunkle Stimmen starben, Narziß im Endakkord von Flöten. KLEINES KONZERT Ein Rot, das traumhaft dich erschüttert — Durch deine Hände scheint die Sonne. Du fühlst dein Herz verrückt vor Wonne Sich still zu einer Tat bereiten. In Mittag strömen gelbe Felder. Kaum hörst du noch der Grillen Singen, Der Mäher hartes Sensenschwingen. Einfältig schweigen goldene Wälder. Im grünen Tümpel glüht Verwesung. Die Fische stehen still. Gottes Odem Weckt sacht ein Saitenspiel im Brodem. Aussätzigen winkt die Flut Genesung. Geist Dädals schwebt in blauen Schatten, Ein Duft von Milch in Haselzweigen. Man hört noch lang den Lehrer geigen, Im leeren Hof den Schrei der Ratten. Im Krug an scheußlichen Tapeten Blühn kühlere Violenfarben. Im Hader dunkle Stimmen starben, Narziß im Endakkord von Flöten. <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0032" n="34"/> <div n="1"> <lg type="poem"> <head>KLEINES KONZERT</head><lb/> <lg n="1"> <l>Ein Rot, das traumhaft dich erschüttert —</l><lb/> <l>Durch deine Hände scheint die Sonne.</l><lb/> <l>Du fühlst dein Herz verrückt vor Wonne</l><lb/> <l>Sich still zu einer Tat bereiten.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>In Mittag strömen gelbe Felder.</l><lb/> <l>Kaum hörst du noch der Grillen Singen,</l><lb/> <l>Der Mäher hartes Sensenschwingen.</l><lb/> <l>Einfältig schweigen goldene Wälder.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Im grünen Tümpel glüht Verwesung.</l><lb/> <l>Die Fische stehen still. Gottes Odem</l><lb/> <l>Weckt sacht ein Saitenspiel im Brodem.</l><lb/> <l>Aussätzigen winkt die Flut Genesung.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Geist Dädals schwebt in blauen Schatten,</l><lb/> <l>Ein Duft von Milch in Haselzweigen.</l><lb/> <l>Man hört noch lang den Lehrer geigen,</l><lb/> <l>Im leeren Hof den Schrei der Ratten.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Im Krug an scheußlichen Tapeten</l><lb/> <l>Blühn kühlere Violenfarben.</l><lb/> <l>Im Hader dunkle Stimmen starben,</l><lb/> <l>Narziß im Endakkord von Flöten.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [34/0032]
KLEINES KONZERT
Ein Rot, das traumhaft dich erschüttert —
Durch deine Hände scheint die Sonne.
Du fühlst dein Herz verrückt vor Wonne
Sich still zu einer Tat bereiten.
In Mittag strömen gelbe Felder.
Kaum hörst du noch der Grillen Singen,
Der Mäher hartes Sensenschwingen.
Einfältig schweigen goldene Wälder.
Im grünen Tümpel glüht Verwesung.
Die Fische stehen still. Gottes Odem
Weckt sacht ein Saitenspiel im Brodem.
Aussätzigen winkt die Flut Genesung.
Geist Dädals schwebt in blauen Schatten,
Ein Duft von Milch in Haselzweigen.
Man hört noch lang den Lehrer geigen,
Im leeren Hof den Schrei der Ratten.
Im Krug an scheußlichen Tapeten
Blühn kühlere Violenfarben.
Im Hader dunkle Stimmen starben,
Narziß im Endakkord von Flöten.
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Zitationshilfe: | Trakl, Georg: Gedichte. Leipzig, 1913, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/trakl_gedichte_1913/32>, abgerufen am 22.02.2025. |