Es ward zu dieser Zeit in Asien und Europa fast einerley Verfaßung: in Europa war der Vorsteher des Gottesdienstes von Rom almälig Herr worden über die Könige: der Kaliph zu Bagdad, welcher die Gewalt in bürgerligen Dingen verloren hatte, behielt gleichwol den Schein einer obersten Lensherschaft und es wurde beim öffentligen Gottesdienste für ihn zuerst, dan auch für den Soltan gebetet. Wie die Reiche von Europa unter lenbare Fürsten und Grafen vertheilet waren; so die Länder der Soltane unter Attabeks, Emirs und Sahebs: die auch unter sich so häufige Kriege füreten, als in Europa jene. Das vierte Soltanat, welches Tarasch gestiftet hatte, verfiel nach seinem Tode durch die Uneinigkeit seiner Söhne: dagegen hatte der Krieg Barkiaroks, des persischen Soltans, mit seinem Bruder Mohamed 1104. 498 den Erfolg, daß lezterm die westligen Länder Syrien, Armenien, Adherbijan, überlaßen, also wiederum ein viertes Soltanat errichtet wurde, deßen Besizer mit ihren Brüdern in Persien und Chorasan häusige Kriege füreten. Wegen dieser Theilung und Mishelligkeiten der Türken und wegen der wenigen Kriegserfarenheit bey den ägyptischen Truppen, konten die ersten Könige von Jerusalem sich behaupten und sogar einiges aufs neue erobern: Balduin 1 nam unter an-
Zwölftes Jarhundert.
Es ward zu dieser Zeit in Asien und Europa fast einerley Verfaßung: in Europa war der Vorsteher des Gottesdienstes von Rom almälig Herr worden über die Könige: der Kaliph zu Bagdad, welcher die Gewalt in bürgerligen Dingen verloren hatte, behielt gleichwol den Schein einer obersten Lensherschaft und es wurde beim öffentligen Gottesdienste für ihn zuerst, dan auch für den Soltan gebetet. Wie die Reiche von Europa unter lenbare Fürsten und Grafen vertheilet waren; so die Länder der Soltane unter Attabeks, Emirs und Sahebs: die auch unter sich so häufige Kriege füreten, als in Europa jene. Das vierte Soltanat, welches Tarasch gestiftet hatte, verfiel nach seinem Tode durch die Uneinigkeit seiner Söhne: dagegen hatte der Krieg Barkiaroks, des persischen Soltans, mit seinem Bruder Mohamed 1104. 498 den Erfolg, daß lezterm die westligen Länder Syrien, Armenien, Adherbijan, überlaßen, also wiederum ein viertes Soltanat errichtet wurde, deßen Besizer mit ihren Brüdern in Persien und Chorasan häusige Kriege füreten. Wegen dieser Theilung und Mishelligkeiten der Türken und wegen der wenigen Kriegserfarenheit bey den ägyptischen Truppen, konten die ersten Könige von Jerusalem sich behaupten und sogar einiges aufs neue erobern: Balduin 1 nam unter an-
<TEI><text><body><div><pbfacs="#f0396"n="384"/></div><div><head>Zwölftes Jarhundert.</head><lb/><p>Es ward zu dieser Zeit in Asien und Europa fast einerley Verfaßung: in Europa war der Vorsteher des Gottesdienstes von Rom almälig Herr worden über die Könige: der Kaliph zu Bagdad, welcher die Gewalt in bürgerligen Dingen verloren hatte, behielt gleichwol den Schein einer obersten Lensherschaft und es wurde beim öffentligen Gottesdienste für ihn zuerst, dan auch für den Soltan gebetet. Wie die Reiche von Europa unter lenbare Fürsten und Grafen vertheilet waren; so die Länder der Soltane unter Attabeks, Emirs und Sahebs: die auch unter sich so häufige Kriege füreten, als in Europa jene. Das vierte Soltanat, welches Tarasch gestiftet hatte, verfiel nach seinem Tode durch die Uneinigkeit seiner Söhne: dagegen hatte der Krieg Barkiaroks, des persischen Soltans, mit seinem Bruder Mohamed 1104. 498 den Erfolg, daß lezterm die westligen Länder Syrien, Armenien, Adherbijan, überlaßen, also wiederum ein viertes Soltanat errichtet wurde, deßen Besizer mit ihren Brüdern in Persien und Chorasan häusige Kriege füreten. Wegen dieser Theilung und Mishelligkeiten der Türken und wegen der wenigen Kriegserfarenheit bey den ägyptischen Truppen, konten die ersten Könige von Jerusalem sich behaupten und sogar einiges aufs neue erobern: Balduin 1 nam unter an-
</p></div></body></text></TEI>
[384/0396]
Zwölftes Jarhundert.
Es ward zu dieser Zeit in Asien und Europa fast einerley Verfaßung: in Europa war der Vorsteher des Gottesdienstes von Rom almälig Herr worden über die Könige: der Kaliph zu Bagdad, welcher die Gewalt in bürgerligen Dingen verloren hatte, behielt gleichwol den Schein einer obersten Lensherschaft und es wurde beim öffentligen Gottesdienste für ihn zuerst, dan auch für den Soltan gebetet. Wie die Reiche von Europa unter lenbare Fürsten und Grafen vertheilet waren; so die Länder der Soltane unter Attabeks, Emirs und Sahebs: die auch unter sich so häufige Kriege füreten, als in Europa jene. Das vierte Soltanat, welches Tarasch gestiftet hatte, verfiel nach seinem Tode durch die Uneinigkeit seiner Söhne: dagegen hatte der Krieg Barkiaroks, des persischen Soltans, mit seinem Bruder Mohamed 1104. 498 den Erfolg, daß lezterm die westligen Länder Syrien, Armenien, Adherbijan, überlaßen, also wiederum ein viertes Soltanat errichtet wurde, deßen Besizer mit ihren Brüdern in Persien und Chorasan häusige Kriege füreten. Wegen dieser Theilung und Mishelligkeiten der Türken und wegen der wenigen Kriegserfarenheit bey den ägyptischen Truppen, konten die ersten Könige von Jerusalem sich behaupten und sogar einiges aufs neue erobern: Balduin 1 nam unter an-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Marcus Baumgarten, Frederike Neuber, Frank Wiegand: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-02-15T13:54:31Z)
Weitere Informationen:
Anmerkungen zur Transkription:
Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
Ligaturen werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.
Tönnies, Johann Heinrich: Auszug der Geschichte zur Erklärung der Offenbarung Johannis. Leipzig, 1776, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/toennies_auszug_1776/396>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.