Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 3. Berlin, 1816.Erster Akt. Erste Scene. (Zimmer.) Gratiana, Lucie. Lucie. Wie ich sage; wenn die gnädige Herr- schaft so viele Dinge verlangt, so ist es auch wohl billig, daß sie den Lohn erhöht. Gratiana. Bekömmst du nicht, wie immer? Wird dir etwas abgezogen? Lucie. Seh ein Mensch! Als ich ins Haus kam, waren Bediente hier, ein Koch, Stubenmäd- chen, Kammerjungfern; und jetzt, da ich allein Köchinn, Wäscherinn und Stubenmädchen bin, und alle Aufwartung habe, alle Gänge zu thun, soll ich nicht mehr kriegen, wie damals? Gratiana. Geh an deine Arbeit und mach' mir den Kopf nicht warm. Lucie. Mir ist der Kopf schon längst zu warm; schmale Bissen, elenden Lohn, und alle Hände voll zu thun, keine Minute für sich, und so Sonn- und Werkeltage: das ist schlimmer, wie in der Erſter Akt. Erſte Scene. (Zimmer.) Gratiana, Lucie. Lucie. Wie ich ſage; wenn die gnaͤdige Herr- ſchaft ſo viele Dinge verlangt, ſo iſt es auch wohl billig, daß ſie den Lohn erhoͤht. Gratiana. Bekoͤmmſt du nicht, wie immer? Wird dir etwas abgezogen? Lucie. Seh ein Menſch! Als ich ins Haus kam, waren Bediente hier, ein Koch, Stubenmaͤd- chen, Kammerjungfern; und jetzt, da ich allein Koͤchinn, Waͤſcherinn und Stubenmaͤdchen bin, und alle Aufwartung habe, alle Gaͤnge zu thun, ſoll ich nicht mehr kriegen, wie damals? Gratiana. Geh an deine Arbeit und mach' mir den Kopf nicht warm. Lucie. Mir iſt der Kopf ſchon laͤngſt zu warm; ſchmale Biſſen, elenden Lohn, und alle Haͤnde voll zu thun, keine Minute fuͤr ſich, und ſo Sonn- und Werkeltage: das iſt ſchlimmer, wie in der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0017" n="[7]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Erſter Akt</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Erſte Scene</hi>.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">Zimmer</hi>.)</hi> </stage><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Gratiana, Lucie</hi>.</hi> </stage><lb/> <sp who="#LUCIE"> <speaker><hi rendition="#g"><hi rendition="#in">L</hi>ucie</hi>.</speaker> <p>Wie ich ſage; wenn die gnaͤdige Herr-<lb/> ſchaft ſo viele Dinge verlangt, ſo iſt es auch wohl<lb/> billig, daß ſie den Lohn erhoͤht.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRATIANA"> <speaker><hi rendition="#g">Gratiana</hi>.</speaker> <p>Bekoͤmmſt du nicht, wie immer?<lb/> Wird dir etwas abgezogen?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUCIE"> <speaker><hi rendition="#g">Lucie</hi>.</speaker> <p>Seh ein Menſch! Als ich ins Haus<lb/> kam, waren Bediente hier, ein Koch, Stubenmaͤd-<lb/> chen, Kammerjungfern; und jetzt, da ich allein<lb/> Koͤchinn, Waͤſcherinn und Stubenmaͤdchen bin, und<lb/> alle Aufwartung habe, alle Gaͤnge zu thun, ſoll<lb/> ich nicht mehr kriegen, wie damals?</p> </sp><lb/> <sp who="#GRATIANA"> <speaker><hi rendition="#g">Gratiana</hi>.</speaker> <p>Geh an deine Arbeit und mach'<lb/> mir den Kopf nicht warm.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUCIE"> <speaker><hi rendition="#g">Lucie</hi>.</speaker> <p>Mir iſt der Kopf ſchon laͤngſt zu warm;<lb/> ſchmale Biſſen, elenden Lohn, und alle Haͤnde voll<lb/> zu thun, keine Minute fuͤr ſich, und ſo Sonn-<lb/> und Werkeltage: das iſt ſchlimmer, wie in der<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[7]/0017]
Erſter Akt.
Erſte Scene.
(Zimmer.)
Gratiana, Lucie.
Lucie. Wie ich ſage; wenn die gnaͤdige Herr-
ſchaft ſo viele Dinge verlangt, ſo iſt es auch wohl
billig, daß ſie den Lohn erhoͤht.
Gratiana. Bekoͤmmſt du nicht, wie immer?
Wird dir etwas abgezogen?
Lucie. Seh ein Menſch! Als ich ins Haus
kam, waren Bediente hier, ein Koch, Stubenmaͤd-
chen, Kammerjungfern; und jetzt, da ich allein
Koͤchinn, Waͤſcherinn und Stubenmaͤdchen bin, und
alle Aufwartung habe, alle Gaͤnge zu thun, ſoll
ich nicht mehr kriegen, wie damals?
Gratiana. Geh an deine Arbeit und mach'
mir den Kopf nicht warm.
Lucie. Mir iſt der Kopf ſchon laͤngſt zu warm;
ſchmale Biſſen, elenden Lohn, und alle Haͤnde voll
zu thun, keine Minute fuͤr ſich, und ſo Sonn-
und Werkeltage: das iſt ſchlimmer, wie in der
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