Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Der gestiefelte Kater.
einen Sprachfehler, da sie selber gesteht, daß sie
unrichtig schreibt?
Müller. Freilich! freilich! -- das Ganze
ist ausgemacht dummes Zeug, der Dichter vergißt
immer selber, was er den Augenblick vorher ge-
sagt hat.


Dritte Scene.
(vor einem Wirthshause.)


Lorenz, Kunz, Michel, sitzen auf einer
Bank, der Wirth
.
Lorenz. Ich werde wohl gehn müssen, denn
ich habe noch einen weiten Weg bis nach Hause.
Wirth. Ihr seid ein Unterthan des Königs.
Lorenz. Ja wohl. -- Wie nennt Ihr Eu-
ren Fürsten?
Wirth. Man nennt ihn nur Popanz.
Lorenz. Das ist ein närrischer Titel. Hat
er denn sonst keinen Namen?
Wirth. Wenn er die Edikte ausgehn läßt,
so heißt es immer: zum Besten des Publikums
verlangt das Gesetz. -- Ich glaube daher, das
ist sein eigentlicher Name: alle Bittschriften wer-
den auch immer beim Gesetz eingereicht. Es ist
ein furchtbarer Mann.
Lorenz. Ich stehe doch lieber unter einem
Der geſtiefelte Kater.
einen Sprachfehler, da ſie ſelber geſteht, daß ſie
unrichtig ſchreibt?
Muͤller. Freilich! freilich! — das Ganze
iſt ausgemacht dummes Zeug, der Dichter vergißt
immer ſelber, was er den Augenblick vorher ge-
ſagt hat.


Dritte Scene.
(vor einem Wirthshauſe.)


Lorenz, Kunz, Michel, ſitzen auf einer
Bank, der Wirth
.
Lorenz. Ich werde wohl gehn muͤſſen, denn
ich habe noch einen weiten Weg bis nach Hauſe.
Wirth. Ihr ſeid ein Unterthan des Koͤnigs.
Lorenz. Ja wohl. — Wie nennt Ihr Eu-
ren Fuͤrſten?
Wirth. Man nennt ihn nur Popanz.
Lorenz. Das iſt ein naͤrriſcher Titel. Hat
er denn ſonſt keinen Namen?
Wirth. Wenn er die Edikte ausgehn laͤßt,
ſo heißt es immer: zum Beſten des Publikums
verlangt das Geſetz. — Ich glaube daher, das
iſt ſein eigentlicher Name: alle Bittſchriften wer-
den auch immer beim Geſetz eingereicht. Es iſt
ein furchtbarer Mann.
Lorenz. Ich ſtehe doch lieber unter einem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <sp who="#LEU">
                <p><pb facs="#f0182" n="173"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ge&#x017F;tiefelte Kater</hi>.</fw><lb/>
einen Sprachfehler, da &#x017F;ie &#x017F;elber ge&#x017F;teht, daß &#x017F;ie<lb/>
unrichtig &#x017F;chreibt?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#MUELLER">
                <speaker><hi rendition="#g">Mu&#x0364;ller</hi>.</speaker>
                <p>Freilich! freilich! &#x2014; das Ganze<lb/>
i&#x017F;t ausgemacht dummes Zeug, der Dichter vergißt<lb/>
immer &#x017F;elber, was er den Augenblick vorher ge-<lb/>
&#x017F;agt hat.</p>
              </sp>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Dritte Scene</hi>.</hi> </head><lb/>
              <stage> <hi rendition="#c">(<hi rendition="#g">vor einem Wirthshau&#x017F;e</hi>.)</hi> </stage><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <stage><hi rendition="#g">Lorenz, Kunz, Michel, &#x017F;itzen auf einer<lb/>
Bank, der Wirth</hi>.</stage><lb/>
              <sp who="#LOR">
                <speaker><hi rendition="#g">Lorenz</hi>.</speaker>
                <p>Ich werde wohl gehn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, denn<lb/>
ich habe noch einen weiten Weg bis nach Hau&#x017F;e.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#WIRTH">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Ihr &#x017F;eid ein Unterthan des Ko&#x0364;nigs.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#LOR">
                <speaker><hi rendition="#g">Lorenz</hi>.</speaker>
                <p>Ja wohl. &#x2014; Wie nennt Ihr Eu-<lb/>
ren Fu&#x0364;r&#x017F;ten?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#WIRTH">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Man nennt ihn nur <hi rendition="#g">Popanz</hi>.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#LOR">
                <speaker><hi rendition="#g">Lorenz</hi>.</speaker>
                <p>Das i&#x017F;t ein na&#x0364;rri&#x017F;cher Titel. Hat<lb/>
er denn &#x017F;on&#x017F;t keinen Namen?</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#WIRTH">
                <speaker><hi rendition="#g">Wirth</hi>.</speaker>
                <p>Wenn er die Edikte ausgehn la&#x0364;ßt,<lb/>
&#x017F;o heißt es immer: zum Be&#x017F;ten des Publikums<lb/>
verlangt das <hi rendition="#g">Ge&#x017F;etz</hi>. &#x2014; Ich glaube daher, das<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ein eigentlicher Name: alle Bitt&#x017F;chriften wer-<lb/>
den auch immer beim Ge&#x017F;etz eingereicht. Es i&#x017F;t<lb/>
ein furchtbarer Mann.</p>
              </sp><lb/>
              <sp who="#LOR">
                <speaker><hi rendition="#g">Lorenz</hi>.</speaker>
                <p>Ich &#x017F;tehe doch lieber unter einem<lb/></p>
              </sp>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[173/0182] Der geſtiefelte Kater. einen Sprachfehler, da ſie ſelber geſteht, daß ſie unrichtig ſchreibt? Muͤller. Freilich! freilich! — das Ganze iſt ausgemacht dummes Zeug, der Dichter vergißt immer ſelber, was er den Augenblick vorher ge- ſagt hat. Dritte Scene. (vor einem Wirthshauſe.) Lorenz, Kunz, Michel, ſitzen auf einer Bank, der Wirth. Lorenz. Ich werde wohl gehn muͤſſen, denn ich habe noch einen weiten Weg bis nach Hauſe. Wirth. Ihr ſeid ein Unterthan des Koͤnigs. Lorenz. Ja wohl. — Wie nennt Ihr Eu- ren Fuͤrſten? Wirth. Man nennt ihn nur Popanz. Lorenz. Das iſt ein naͤrriſcher Titel. Hat er denn ſonſt keinen Namen? Wirth. Wenn er die Edikte ausgehn laͤßt, ſo heißt es immer: zum Beſten des Publikums verlangt das Geſetz. — Ich glaube daher, das iſt ſein eigentlicher Name: alle Bittſchriften wer- den auch immer beim Geſetz eingereicht. Es iſt ein furchtbarer Mann. Lorenz. Ich ſtehe doch lieber unter einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/182
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Phantasus. Bd. 2. Berlin, 1812, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_phantasus02_1812/182>, abgerufen am 21.11.2024.