Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite
17.
Mortimer an Eduard Burton.

Ich kann Ihnen ebenfalls nichts anders erzäh-
len, als was Sie mir in Ihrem Briefe schrei-
ben: soll ich noch hinzusetzen, daß es mich freut,
daß Sie so froh und glücklich sind? Sie wer-
den es glauben, wenn Sie es gleich nicht
Schwarz auf Weiß haben.

Wenn ich manchmal vor dem Spiegel stehe
und zu mir sage: da siehst Du nun den vor-
treflichen Herrn Mortimer vor Dir, der ein-
mal in Italien und zweymal in Frankreich ge-
wesen ist, der so manches Kluge gedacht und
so manchen Menschen kennen gelernt hat, --
so muß ich jedesmal über mein Bild im Spie-
gel und über mich selber lachen. Ich erinnere
mich dann der unzähligen Entwürfe und Vor-
sätze, der so schön berechneten Plane für mein
Leben, der mannichfachen Bemerkungen, die
ich über den Menschen in meiner Seele nieder-
geschrieben und wieder ausgestrichen habe. Un-

17.
Mortimer an Eduard Burton.

Ich kann Ihnen ebenfalls nichts anders erzaͤh-
len, als was Sie mir in Ihrem Briefe ſchrei-
ben: ſoll ich noch hinzuſetzen, daß es mich freut,
daß Sie ſo froh und gluͤcklich ſind? Sie wer-
den es glauben, wenn Sie es gleich nicht
Schwarz auf Weiß haben.

Wenn ich manchmal vor dem Spiegel ſtehe
und zu mir ſage: da ſiehſt Du nun den vor-
treflichen Herrn Mortimer vor Dir, der ein-
mal in Italien und zweymal in Frankreich ge-
weſen iſt, der ſo manches Kluge gedacht und
ſo manchen Menſchen kennen gelernt hat, —
ſo muß ich jedesmal uͤber mein Bild im Spie-
gel und uͤber mich ſelber lachen. Ich erinnere
mich dann der unzaͤhligen Entwuͤrfe und Vor-
ſaͤtze, der ſo ſchoͤn berechneten Plane fuͤr mein
Leben, der mannichfachen Bemerkungen, die
ich uͤber den Menſchen in meiner Seele nieder-
geſchrieben und wieder ausgeſtrichen habe. Un-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0382" n="375"/>
        <div n="2">
          <head>17.<lb/><hi rendition="#g">Mortimer an Eduard Burton</hi>.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Roger&#x2014;place</hi>.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">I</hi>ch kann Ihnen ebenfalls nichts anders erza&#x0364;h-<lb/>
len, als was Sie mir in Ihrem Briefe &#x017F;chrei-<lb/>
ben: &#x017F;oll ich noch hinzu&#x017F;etzen, daß es mich freut,<lb/>
daß Sie &#x017F;o froh und glu&#x0364;cklich &#x017F;ind? Sie wer-<lb/>
den es glauben, wenn Sie es gleich nicht<lb/>
Schwarz auf Weiß haben.</p><lb/>
          <p>Wenn ich manchmal vor dem Spiegel &#x017F;tehe<lb/>
und zu mir &#x017F;age: da &#x017F;ieh&#x017F;t Du nun den vor-<lb/>
treflichen Herrn Mortimer vor Dir, der ein-<lb/>
mal in Italien und zweymal in Frankreich ge-<lb/>
we&#x017F;en i&#x017F;t, der &#x017F;o manches Kluge gedacht und<lb/>
&#x017F;o manchen Men&#x017F;chen kennen gelernt hat, &#x2014;<lb/>
&#x017F;o muß ich jedesmal u&#x0364;ber mein Bild im Spie-<lb/>
gel und u&#x0364;ber mich &#x017F;elber lachen. Ich erinnere<lb/>
mich dann der unza&#x0364;hligen Entwu&#x0364;rfe und Vor-<lb/>
&#x017F;a&#x0364;tze, der &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n berechneten Plane fu&#x0364;r mein<lb/>
Leben, der mannichfachen Bemerkungen, die<lb/>
ich u&#x0364;ber den Men&#x017F;chen in meiner Seele nieder-<lb/>
ge&#x017F;chrieben und wieder ausge&#x017F;trichen habe. Un-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0382] 17. Mortimer an Eduard Burton. Roger—place. Ich kann Ihnen ebenfalls nichts anders erzaͤh- len, als was Sie mir in Ihrem Briefe ſchrei- ben: ſoll ich noch hinzuſetzen, daß es mich freut, daß Sie ſo froh und gluͤcklich ſind? Sie wer- den es glauben, wenn Sie es gleich nicht Schwarz auf Weiß haben. Wenn ich manchmal vor dem Spiegel ſtehe und zu mir ſage: da ſiehſt Du nun den vor- treflichen Herrn Mortimer vor Dir, der ein- mal in Italien und zweymal in Frankreich ge- weſen iſt, der ſo manches Kluge gedacht und ſo manchen Menſchen kennen gelernt hat, — ſo muß ich jedesmal uͤber mein Bild im Spie- gel und uͤber mich ſelber lachen. Ich erinnere mich dann der unzaͤhligen Entwuͤrfe und Vor- ſaͤtze, der ſo ſchoͤn berechneten Plane fuͤr mein Leben, der mannichfachen Bemerkungen, die ich uͤber den Menſchen in meiner Seele nieder- geſchrieben und wieder ausgeſtrichen habe. Un-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/382
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/382>, abgerufen am 21.11.2024.