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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796.

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5.
Bianka an Laura.

Es wird mit jedem Tage schlimmer, liebste
Laura; es will mir nichts mehr einen rechten
Zeitvertreib machen, sondern alles kömmt mir
so gemein und verächtlich vor. Ist es nicht
genug, daß ich krank bin? Muß mir auch das
noch zustoßen? Und kein Mensch bekümmert sich
recht um mich, ich bin mir selber ganz über-
lassen, wär' es ein Wunder, wenn ich jetzt
melankolisch würde? -- Sie besuchen mich auch
fast gar nicht; ist Ihre Freundschaft nur für
die frohen und gesunden Tage? Ach, wenn sie
mich erst werden begraben haben, werden Sie
es gewiß bereuen, und dann ist es zu spät;
bedenken Sie das, liebe Laura. Sie sind frei-
lich jetzt gesund und noch ziemlich jung, aber
die Zeit wird auch vorübergehn, und dann
werden Sie sich eben so wie ich nach einer
Freundinn umsehn. Glauben Sie mir, liebes

5.
Bianka an Laura.

Es wird mit jedem Tage ſchlimmer, liebſte
Laura; es will mir nichts mehr einen rechten
Zeitvertreib machen, ſondern alles koͤmmt mir
ſo gemein und veraͤchtlich vor. Iſt es nicht
genug, daß ich krank bin? Muß mir auch das
noch zuſtoßen? Und kein Menſch bekuͤmmert ſich
recht um mich, ich bin mir ſelber ganz uͤber-
laſſen, waͤr' es ein Wunder, wenn ich jetzt
melankoliſch wuͤrde? — Sie beſuchen mich auch
faſt gar nicht; iſt Ihre Freundſchaft nur fuͤr
die frohen und geſunden Tage? Ach, wenn ſie
mich erſt werden begraben haben, werden Sie
es gewiß bereuen, und dann iſt es zu ſpaͤt;
bedenken Sie das, liebe Laura. Sie ſind frei-
lich jetzt geſund und noch ziemlich jung, aber
die Zeit wird auch voruͤbergehn, und dann
werden Sie ſich eben ſo wie ich nach einer
Freundinn umſehn. Glauben Sie mir, liebes

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[322/0329] 5. Bianka an Laura. Es wird mit jedem Tage ſchlimmer, liebſte Laura; es will mir nichts mehr einen rechten Zeitvertreib machen, ſondern alles koͤmmt mir ſo gemein und veraͤchtlich vor. Iſt es nicht genug, daß ich krank bin? Muß mir auch das noch zuſtoßen? Und kein Menſch bekuͤmmert ſich recht um mich, ich bin mir ſelber ganz uͤber- laſſen, waͤr' es ein Wunder, wenn ich jetzt melankoliſch wuͤrde? — Sie beſuchen mich auch faſt gar nicht; iſt Ihre Freundſchaft nur fuͤr die frohen und geſunden Tage? Ach, wenn ſie mich erſt werden begraben haben, werden Sie es gewiß bereuen, und dann iſt es zu ſpaͤt; bedenken Sie das, liebe Laura. Sie ſind frei- lich jetzt geſund und noch ziemlich jung, aber die Zeit wird auch voruͤbergehn, und dann werden Sie ſich eben ſo wie ich nach einer Freundinn umſehn. Glauben Sie mir, liebes

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Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/329>, abgerufen am 21.11.2024.