Besuchen Sie mich doch, liebste Freundinn, ich habe den ganzen Tag geweint. Der Arzt hat mir heute Morgen endlich angekündigt, daß ich die Schwindsucht habe. Ich weiß vor Be- trübniß nicht zu bleiben. -- Ich habe gebeich- tet, allein ich bin nur wenig getröstet; kommen Sie und heitern Sie mich durch einige lustige Erzählungen auf.
Wen haben Sie denn jetzt zum erklärten Liebhaber? O erzählen Sie mir doch von ihm recht viele Thorheiten, damit mir die Welt nur wieder etwas lustig vorkömmt. -- Ob denn die Schwindsucht immer so gefährlich seyn mag, als man sagt? -- Ach, liebe Freundinn, der Gedanke an den Tod ist sehr bitter -- Wenn Sie nicht kommen, weiß ich nicht, wie ich den Abend zubringen soll. Ich werde dann wieder weinen und beten. -- Aber kommen Sie ja, ich beschwöre Sie.
24. Bianka an Laura.
Rom.
Beſuchen Sie mich doch, liebſte Freundinn, ich habe den ganzen Tag geweint. Der Arzt hat mir heute Morgen endlich angekuͤndigt, daß ich die Schwindſucht habe. Ich weiß vor Be- truͤbniß nicht zu bleiben. — Ich habe gebeich- tet, allein ich bin nur wenig getroͤſtet; kommen Sie und heitern Sie mich durch einige luſtige Erzaͤhlungen auf.
Wen haben Sie denn jetzt zum erklaͤrten Liebhaber? O erzaͤhlen Sie mir doch von ihm recht viele Thorheiten, damit mir die Welt nur wieder etwas luſtig vorkoͤmmt. — Ob denn die Schwindſucht immer ſo gefaͤhrlich ſeyn mag, als man ſagt? — Ach, liebe Freundinn, der Gedanke an den Tod iſt ſehr bitter — Wenn Sie nicht kommen, weiß ich nicht, wie ich den Abend zubringen ſoll. Ich werde dann wieder weinen und beten. — Aber kommen Sie ja, ich beſchwoͤre Sie.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0233"n="226"/><divn="2"><head>24.<lb/><hirendition="#g">Bianka</hi> an <hirendition="#g">Laura</hi>.</head><lb/><dateline><hirendition="#et"><hirendition="#g">Rom</hi>.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">B</hi>eſuchen Sie mich doch, liebſte Freundinn,<lb/>
ich habe den ganzen Tag geweint. Der Arzt<lb/>
hat mir heute Morgen endlich angekuͤndigt, daß<lb/>
ich die Schwindſucht habe. Ich weiß vor Be-<lb/>
truͤbniß nicht zu bleiben. — Ich habe gebeich-<lb/>
tet, allein ich bin nur wenig getroͤſtet; kommen<lb/>
Sie und heitern Sie mich durch einige luſtige<lb/>
Erzaͤhlungen auf.</p><lb/><p>Wen haben Sie denn jetzt zum erklaͤrten<lb/>
Liebhaber? O erzaͤhlen Sie mir doch von ihm<lb/>
recht viele Thorheiten, damit mir die Welt nur<lb/>
wieder etwas luſtig vorkoͤmmt. — Ob denn<lb/>
die Schwindſucht immer ſo gefaͤhrlich ſeyn mag,<lb/>
als man ſagt? — Ach, liebe Freundinn, der<lb/>
Gedanke an den Tod iſt ſehr bitter — Wenn<lb/>
Sie nicht kommen, weiß ich nicht, wie ich den<lb/>
Abend zubringen ſoll. Ich werde dann wieder<lb/>
weinen und beten. — Aber kommen Sie ja,<lb/>
ich beſchwoͤre Sie.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/></div></body></text></TEI>
[226/0233]
24.
Bianka an Laura.
Rom.
Beſuchen Sie mich doch, liebſte Freundinn,
ich habe den ganzen Tag geweint. Der Arzt
hat mir heute Morgen endlich angekuͤndigt, daß
ich die Schwindſucht habe. Ich weiß vor Be-
truͤbniß nicht zu bleiben. — Ich habe gebeich-
tet, allein ich bin nur wenig getroͤſtet; kommen
Sie und heitern Sie mich durch einige luſtige
Erzaͤhlungen auf.
Wen haben Sie denn jetzt zum erklaͤrten
Liebhaber? O erzaͤhlen Sie mir doch von ihm
recht viele Thorheiten, damit mir die Welt nur
wieder etwas luſtig vorkoͤmmt. — Ob denn
die Schwindſucht immer ſo gefaͤhrlich ſeyn mag,
als man ſagt? — Ach, liebe Freundinn, der
Gedanke an den Tod iſt ſehr bitter — Wenn
Sie nicht kommen, weiß ich nicht, wie ich den
Abend zubringen ſoll. Ich werde dann wieder
weinen und beten. — Aber kommen Sie ja,
ich beſchwoͤre Sie.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/233>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.