Ich freue mich über Deinen Brief, weil er mir ein Beweis Deiner Freundschaft ist, und es thut mir jetzt sehr leid, daß ich Dir nicht schon früher Nachricht von mir gegeben habe. Deine Vermuthungen finden bey mir nicht statt, denn ich bin weder verliebt, noch in einer ängstlichen Lage festgehalten, sondern mein Aufenthalt hier ist nur die Erfüllung einer Pflicht, an die mich mein Herz schon längst erinnerte. Mein edler Freund wird nicht von mir verlangen, daß ich jetzt plötzlich meine Eltern, die kränklich sind, verlasse, die die Gegenwart eines geliebten Sohnes, wo nicht heilen aber doch in einen leidlichern Zustand versetzen kann. Glaube nicht, daß dies eine Empfindsamkeit ist, die ich aus Affektation in meine Lage hineinlege, um das Drückende derselben nicht zu fühlen; ich denke, ich bin nie in Versuchung gewesen, in diesen Fehler zu fallen; es sollte mir überhaupt wehe thun, wenn Du über diesen Brief spotten könn-
2. Adriano an Andrea Coſimo.
Florenz.
Ich freue mich uͤber Deinen Brief, weil er mir ein Beweis Deiner Freundſchaft iſt, und es thut mir jetzt ſehr leid, daß ich Dir nicht ſchon fruͤher Nachricht von mir gegeben habe. Deine Vermuthungen finden bey mir nicht ſtatt, denn ich bin weder verliebt, noch in einer aͤngſtlichen Lage feſtgehalten, ſondern mein Aufenthalt hier iſt nur die Erfuͤllung einer Pflicht, an die mich mein Herz ſchon laͤngſt erinnerte. Mein edler Freund wird nicht von mir verlangen, daß ich jetzt ploͤtzlich meine Eltern, die kraͤnklich ſind, verlaſſe, die die Gegenwart eines geliebten Sohnes, wo nicht heilen aber doch in einen leidlichern Zuſtand verſetzen kann. Glaube nicht, daß dies eine Empfindſamkeit iſt, die ich aus Affektation in meine Lage hineinlege, um das Druͤckende derſelben nicht zu fuͤhlen; ich denke, ich bin nie in Verſuchung geweſen, in dieſen Fehler zu fallen; es ſollte mir uͤberhaupt wehe thun, wenn Du uͤber dieſen Brief ſpotten koͤnn-
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2.
Adriano an Andrea Coſimo.
Florenz.
Ich freue mich uͤber Deinen Brief, weil er mir
ein Beweis Deiner Freundſchaft iſt, und es
thut mir jetzt ſehr leid, daß ich Dir nicht ſchon
fruͤher Nachricht von mir gegeben habe. Deine
Vermuthungen finden bey mir nicht ſtatt, denn
ich bin weder verliebt, noch in einer aͤngſtlichen
Lage feſtgehalten, ſondern mein Aufenthalt hier
iſt nur die Erfuͤllung einer Pflicht, an die mich
mein Herz ſchon laͤngſt erinnerte. Mein edler
Freund wird nicht von mir verlangen, daß ich
jetzt ploͤtzlich meine Eltern, die kraͤnklich ſind,
verlaſſe, die die Gegenwart eines geliebten
Sohnes, wo nicht heilen aber doch in einen
leidlichern Zuſtand verſetzen kann. Glaube nicht,
daß dies eine Empfindſamkeit iſt, die ich aus
Affektation in meine Lage hineinlege, um das
Druͤckende derſelben nicht zu fuͤhlen; ich denke,
ich bin nie in Verſuchung geweſen, in dieſen
Fehler zu fallen; es ſollte mir uͤberhaupt wehe
thun, wenn Du uͤber dieſen Brief ſpotten koͤnn-
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Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 3. Berlin u. a., 1796, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell03_1796/169>, abgerufen am 30.12.2024.
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