Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
11.
William Lovell an Eduard Burton.


Eduard, o freue Dich mit mir, Freund mit
Deiner brüderlichen Seele, alle Zweifel sind geho-
ben, alle Räthsel aufgelöst, -- Amalie liebt
mich! -- Dieses neue Bewußtseyn hat mich aus
allen kleinen armseeligen Gefühlen zum hohen
Genusse eines Gottes emporgerissen, ich bin zu
Empfindungen gereift, von denen mir auch kei-
ne Ahndung etwas sagte, ich stehe in einer
Welt, wo der gütige Schöpfer Freude und
Wonne an jeden Zweig gehängt und über jeden
Hügel hingegossen hat, -- alles was ich sehe,
was ich höre, -- alles was lebt ist vom Hauche
der Liebe, -- vom Hauche Gottes beseelt.

Wie unter mir alles zusammenschrumpft,
was ich einst für groß und wichtig hielt! --
Ich nehme es mit der Zukunft und allen ihren
Begebenheiten auf, ein Aetherglanz ist auf mich
herabgefallen, ein Gott hat meine Seele an-
gerührt.

Wie gleichgültig und öde kam noch gestern

11.
William Lovell an Eduard Burton.


Eduard, o freue Dich mit mir, Freund mit
Deiner bruͤderlichen Seele, alle Zweifel ſind geho-
ben, alle Raͤthſel aufgeloͤſt, — Amalie liebt
mich! — Dieſes neue Bewußtſeyn hat mich aus
allen kleinen armſeeligen Gefuͤhlen zum hohen
Genuſſe eines Gottes emporgeriſſen, ich bin zu
Empfindungen gereift, von denen mir auch kei-
ne Ahndung etwas ſagte, ich ſtehe in einer
Welt, wo der guͤtige Schoͤpfer Freude und
Wonne an jeden Zweig gehaͤngt und uͤber jeden
Huͤgel hingegoſſen hat, — alles was ich ſehe,
was ich hoͤre, — alles was lebt iſt vom Hauche
der Liebe, — vom Hauche Gottes beſeelt.

Wie unter mir alles zuſammenſchrumpft,
was ich einſt fuͤr groß und wichtig hielt! —
Ich nehme es mit der Zukunft und allen ihren
Begebenheiten auf, ein Aetherglanz iſt auf mich
herabgefallen, ein Gott hat meine Seele an-
geruͤhrt.

Wie gleichguͤltig und oͤde kam noch geſtern

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0065" n="57[55]"/>
        <div n="2">
          <head>11.<lb/>
William Lovell an Eduard Burton.</head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">London.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>duard, o freue Dich mit mir, Freund mit<lb/>
Deiner bru&#x0364;derlichen Seele, alle Zweifel &#x017F;ind geho-<lb/>
ben, alle Ra&#x0364;th&#x017F;el aufgelo&#x0364;&#x017F;t, &#x2014; Amalie liebt<lb/>
mich! &#x2014; Die&#x017F;es neue Bewußt&#x017F;eyn hat mich aus<lb/>
allen kleinen arm&#x017F;eeligen Gefu&#x0364;hlen zum hohen<lb/>
Genu&#x017F;&#x017F;e eines Gottes emporgeri&#x017F;&#x017F;en, ich bin zu<lb/>
Empfindungen gereift, von denen mir auch kei-<lb/>
ne Ahndung etwas &#x017F;agte, ich &#x017F;tehe in einer<lb/>
Welt, wo der gu&#x0364;tige Scho&#x0364;pfer Freude und<lb/>
Wonne an jeden Zweig geha&#x0364;ngt und u&#x0364;ber jeden<lb/>
Hu&#x0364;gel hingego&#x017F;&#x017F;en hat, &#x2014; alles was ich &#x017F;ehe,<lb/>
was ich ho&#x0364;re, &#x2014; alles was lebt i&#x017F;t vom Hauche<lb/>
der Liebe, &#x2014; vom Hauche Gottes be&#x017F;eelt.</p><lb/>
          <p>Wie unter mir alles zu&#x017F;ammen&#x017F;chrumpft,<lb/>
was ich ein&#x017F;t fu&#x0364;r groß und wichtig hielt! &#x2014;<lb/>
Ich nehme es mit der Zukunft und allen ihren<lb/>
Begebenheiten auf, ein Aetherglanz i&#x017F;t auf mich<lb/>
herabgefallen, ein Gott hat meine Seele an-<lb/>
geru&#x0364;hrt.</p><lb/>
          <p>Wie gleichgu&#x0364;ltig und o&#x0364;de kam noch ge&#x017F;tern<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[57[55]/0065] 11. William Lovell an Eduard Burton. London. Eduard, o freue Dich mit mir, Freund mit Deiner bruͤderlichen Seele, alle Zweifel ſind geho- ben, alle Raͤthſel aufgeloͤſt, — Amalie liebt mich! — Dieſes neue Bewußtſeyn hat mich aus allen kleinen armſeeligen Gefuͤhlen zum hohen Genuſſe eines Gottes emporgeriſſen, ich bin zu Empfindungen gereift, von denen mir auch kei- ne Ahndung etwas ſagte, ich ſtehe in einer Welt, wo der guͤtige Schoͤpfer Freude und Wonne an jeden Zweig gehaͤngt und uͤber jeden Huͤgel hingegoſſen hat, — alles was ich ſehe, was ich hoͤre, — alles was lebt iſt vom Hauche der Liebe, — vom Hauche Gottes beſeelt. Wie unter mir alles zuſammenſchrumpft, was ich einſt fuͤr groß und wichtig hielt! — Ich nehme es mit der Zukunft und allen ihren Begebenheiten auf, ein Aetherglanz iſt auf mich herabgefallen, ein Gott hat meine Seele an- geruͤhrt. Wie gleichguͤltig und oͤde kam noch geſtern

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/65
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 57[55]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/65>, abgerufen am 21.12.2024.