Ich glaube Dir darinn, lieber Bruder, was Du mir von wegen meiner Briefe sagst, ich weiß es auch, daß sie bei weitem nicht die schönsten sind, die einem der Briefträger brin- gen kann; aber das kannst Du mir doch auf mein Wort glauben, daß sie aus dem allerbe- sten Herzen kommen. Und dann weiß ich ja auch, daß Du Deinen guten redlichen Verstand hast, der immer gleich weiß, was man sagen will, sonst würd' ich wahrhaftig mit meinem Briefschreiben übel ankommen; aber einem Ge- lehrten ist gut predigen. Was ich Dir in dem nächsten Briefe geschrieben hatte, ist hier immer noch wahr und ich kann Dir keine andern be- sondern Neuigkeiten schreiben, ausser daß wir nun bald von Paris abreisen werden. Der Ita- liäner, von dem ich Dir neulich ein Paar Wor- te schrieb, reist mit uns, und das ist mir gar nicht ganz lieb, der Mann ist mir sehr fatal, aber ich weiß selber nicht, warum. Du wirst
L 2
20. Willy an ſeinen Bruder Thomas.
Paris.
Ich glaube Dir darinn, lieber Bruder, was Du mir von wegen meiner Briefe ſagſt, ich weiß es auch, daß ſie bei weitem nicht die ſchoͤnſten ſind, die einem der Brieftraͤger brin- gen kann; aber das kannſt Du mir doch auf mein Wort glauben, daß ſie aus dem allerbe- ſten Herzen kommen. Und dann weiß ich ja auch, daß Du Deinen guten redlichen Verſtand haſt, der immer gleich weiß, was man ſagen will, ſonſt wuͤrd’ ich wahrhaftig mit meinem Briefſchreiben uͤbel ankommen; aber einem Ge- lehrten iſt gut predigen. Was ich Dir in dem naͤchſten Briefe geſchrieben hatte, iſt hier immer noch wahr und ich kann Dir keine andern be- ſondern Neuigkeiten ſchreiben, auſſer daß wir nun bald von Paris abreiſen werden. Der Ita- liaͤner, von dem ich Dir neulich ein Paar Wor- te ſchrieb, reiſt mit uns, und das iſt mir gar nicht ganz lieb, der Mann iſt mir ſehr fatal, aber ich weiß ſelber nicht, warum. Du wirſt
L 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0171"n="163[161]"/><divn="2"><head>20.<lb/>
Willy an ſeinen Bruder Thomas.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Paris.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>ch glaube Dir darinn, lieber Bruder, was<lb/>
Du mir von wegen meiner Briefe ſagſt, ich<lb/>
weiß es auch, daß ſie bei weitem nicht die<lb/>ſchoͤnſten ſind, die einem der Brieftraͤger brin-<lb/>
gen kann; aber das kannſt Du mir doch auf<lb/>
mein Wort glauben, daß ſie aus dem allerbe-<lb/>ſten Herzen kommen. Und dann weiß ich ja<lb/>
auch, daß Du Deinen guten redlichen Verſtand<lb/>
haſt, der immer gleich weiß, was man ſagen<lb/>
will, ſonſt wuͤrd’ ich wahrhaftig mit meinem<lb/>
Briefſchreiben uͤbel ankommen; aber einem Ge-<lb/>
lehrten iſt gut <choice><sic>predigeu</sic><corr>predigen</corr></choice>. Was ich Dir in dem<lb/>
naͤchſten Briefe geſchrieben hatte, iſt hier immer<lb/>
noch wahr und ich kann Dir keine andern be-<lb/>ſondern Neuigkeiten ſchreiben, auſſer daß wir<lb/>
nun bald von Paris abreiſen werden. Der Ita-<lb/>
liaͤner, von dem ich Dir neulich ein Paar Wor-<lb/>
te ſchrieb, reiſt mit uns, und das iſt mir gar<lb/>
nicht ganz lieb, der Mann iſt mir ſehr fatal,<lb/>
aber ich weiß ſelber nicht, warum. Du wirſt<lb/><fwplace="bottom"type="sig">L 2</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[163[161]/0171]
20.
Willy an ſeinen Bruder Thomas.
Paris.
Ich glaube Dir darinn, lieber Bruder, was
Du mir von wegen meiner Briefe ſagſt, ich
weiß es auch, daß ſie bei weitem nicht die
ſchoͤnſten ſind, die einem der Brieftraͤger brin-
gen kann; aber das kannſt Du mir doch auf
mein Wort glauben, daß ſie aus dem allerbe-
ſten Herzen kommen. Und dann weiß ich ja
auch, daß Du Deinen guten redlichen Verſtand
haſt, der immer gleich weiß, was man ſagen
will, ſonſt wuͤrd’ ich wahrhaftig mit meinem
Briefſchreiben uͤbel ankommen; aber einem Ge-
lehrten iſt gut predigen. Was ich Dir in dem
naͤchſten Briefe geſchrieben hatte, iſt hier immer
noch wahr und ich kann Dir keine andern be-
ſondern Neuigkeiten ſchreiben, auſſer daß wir
nun bald von Paris abreiſen werden. Der Ita-
liaͤner, von dem ich Dir neulich ein Paar Wor-
te ſchrieb, reiſt mit uns, und das iſt mir gar
nicht ganz lieb, der Mann iſt mir ſehr fatal,
aber ich weiß ſelber nicht, warum. Du wirſt
L 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 163[161]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/171>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.