Wenn ich einen Hang zur Eifersucht hätte, so würde ihn Ihr Brief wahrlich nicht ver- mindern; ich bemerkte schon neulich, daß Ih- nen Lovell nicht mißfiel. Doch, -- warum ich Sie so lange nicht besucht habe? -- Eine Unpäßlichkeit, -- eine angenehmere Bekannt- schaft, -- sehn Sie, wie ich mich zu rächen verstehe, -- doch, auch davon mündlich.
Wenn Sie den seltsamen Lovell bekehren können, so wünsch' ich Ihnen und ihm Glück; mir scheint es fast unmöglich, denn seine Vor- urtheile sind so tief mit ihm verwachsen, -- doch, was ist den Weibern unmöglich? Sie lösen die schwersten Probleme, und auf die leichteste und einfachste Art von der Welt. -- Ich werde mich freuen, mit dem jungen Eng- länder an einem Siegeswagen zu ziehen; dul- den Sie es nicht, daß er ein so schwerer Ver- brecher an Ihrer Schönheit wird, strafen Sie
10. Roſa an die Comteſſe Blainville.
Paris.
Wenn ich einen Hang zur Eiferſucht haͤtte, ſo wuͤrde ihn Ihr Brief wahrlich nicht ver- mindern; ich bemerkte ſchon neulich, daß Ih- nen Lovell nicht mißfiel. Doch, — warum ich Sie ſo lange nicht beſucht habe? — Eine Unpaͤßlichkeit, — eine angenehmere Bekannt- ſchaft, — ſehn Sie, wie ich mich zu raͤchen verſtehe, — doch, auch davon muͤndlich.
Wenn Sie den ſeltſamen Lovell bekehren koͤnnen, ſo wuͤnſch’ ich Ihnen und ihm Gluͤck; mir ſcheint es faſt unmoͤglich, denn ſeine Vor- urtheile ſind ſo tief mit ihm verwachſen, — doch, was iſt den Weibern unmoͤglich? Sie loͤſen die ſchwerſten Probleme, und auf die leichteſte und einfachſte Art von der Welt. — Ich werde mich freuen, mit dem jungen Eng- laͤnder an einem Siegeswagen zu ziehen; dul- den Sie es nicht, daß er ein ſo ſchwerer Ver- brecher an Ihrer Schoͤnheit wird, ſtrafen Sie
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0127"n="119[117]"/><divn="2"><head>10.<lb/>
Roſa an die Comteſſe Blainville.</head><lb/><dateline><hirendition="#et">Paris.</hi></dateline><lb/><p><hirendition="#in">W</hi>enn ich einen Hang zur Eiferſucht haͤtte,<lb/>ſo wuͤrde ihn Ihr Brief wahrlich nicht ver-<lb/>
mindern; ich bemerkte ſchon neulich, daß Ih-<lb/>
nen <hirendition="#g">Lovell</hi> nicht mißfiel. Doch, — warum<lb/>
ich Sie ſo lange nicht beſucht habe? — Eine<lb/>
Unpaͤßlichkeit, — eine angenehmere Bekannt-<lb/>ſchaft, —ſehn Sie, wie ich mich zu raͤchen<lb/>
verſtehe, — doch, auch davon muͤndlich.</p><lb/><p>Wenn Sie den ſeltſamen <hirendition="#g">Lovell</hi> bekehren<lb/>
koͤnnen, ſo wuͤnſch’ ich Ihnen und ihm Gluͤck;<lb/>
mir ſcheint es faſt unmoͤglich, denn ſeine Vor-<lb/>
urtheile ſind ſo tief mit ihm verwachſen, —<lb/>
doch, was iſt den Weibern unmoͤglich? Sie<lb/>
loͤſen die ſchwerſten Probleme, und auf die<lb/>
leichteſte und einfachſte Art von der Welt. —<lb/>
Ich werde mich freuen, mit dem jungen Eng-<lb/>
laͤnder an <hirendition="#g">einem</hi> Siegeswagen zu ziehen; dul-<lb/>
den Sie es nicht, daß er ein ſo ſchwerer Ver-<lb/>
brecher an Ihrer Schoͤnheit wird, ſtrafen Sie<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[119[117]/0127]
10.
Roſa an die Comteſſe Blainville.
Paris.
Wenn ich einen Hang zur Eiferſucht haͤtte,
ſo wuͤrde ihn Ihr Brief wahrlich nicht ver-
mindern; ich bemerkte ſchon neulich, daß Ih-
nen Lovell nicht mißfiel. Doch, — warum
ich Sie ſo lange nicht beſucht habe? — Eine
Unpaͤßlichkeit, — eine angenehmere Bekannt-
ſchaft, — ſehn Sie, wie ich mich zu raͤchen
verſtehe, — doch, auch davon muͤndlich.
Wenn Sie den ſeltſamen Lovell bekehren
koͤnnen, ſo wuͤnſch’ ich Ihnen und ihm Gluͤck;
mir ſcheint es faſt unmoͤglich, denn ſeine Vor-
urtheile ſind ſo tief mit ihm verwachſen, —
doch, was iſt den Weibern unmoͤglich? Sie
loͤſen die ſchwerſten Probleme, und auf die
leichteſte und einfachſte Art von der Welt. —
Ich werde mich freuen, mit dem jungen Eng-
laͤnder an einem Siegeswagen zu ziehen; dul-
den Sie es nicht, daß er ein ſo ſchwerer Ver-
brecher an Ihrer Schoͤnheit wird, ſtrafen Sie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tieck, Ludwig: William Lovell. Bd. 1. Berlin u. a., 1795, S. 119[117]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_lovell01_1795/127>, abgerufen am 21.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.