Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.Rationes Theologicae. 1) Hierbey muß ich nun anfangs dieses anzeigen, und mich so weit verwahren, daß ich die formulam nicht in totum verwerffe, oder deren Contenta für Unrecht halte, sondern bin vielmehr der Meynung (erklähre mich auch hiermit) daß viel herrlich er guter Ausführungen darinnen, und mir dieselben gar lieb seyn. 2) Weiß ich auch wohl, wie das übrige hin und her wieder explicirt, interpretirt und also mitigiret wird, und daß noch viel Theologi, die sich dazu bekennen, im Verstande nicht einig; da ichs nun darauf stellen, und mir auch eine interpretationem oder Verstand nehmen wolte, so könte vielleicht ich mein juramentum auch auf einen Verstand richten, und mich also des Dicti Gregoriani behelffen. Humanae aures talia verba nostra judicant, ut foris sonant: Judicia vero Dei talia foris audiunt, ut ex intimis proferuntur. Wann aber solches mein Gebrauch nicht, sondern ichs vielmehr mit dem Isidoro in c. quacunque arte c. 22. q. 5. halte. Quacunque arte verborum quisque juret, Dominus tamen, qui conscientiae testis est, ita hoc accipit, sicut ille, cui juratur, intelligit.) So hab ich dessen nicht unbillig Bedenckens. 3) Wenn ich aber ad trutinam formulae kommen soll, so muß ich vor 1) die Personen, welche sie erhoben und dirigiret, und dann 2) den Process, letzlich aber 3) ipsa materialia des Wercks ansehen und betrachten. 4) Die Personen sind auf einer Seiten die Hochlöbl. Chur- und Fürsten, die es anfangs erhoben, auf der andern aber die Herren Theologi, denen es von Ihrer Churfürstlichen und Fürstlichen Gnaden ist anvertrauet worden. 5) Daß die Hochlöbl. Chur- und Fürsten eine recht Christliche Treue und hochrühmliche Intention bey diesem Werck geführet, kan nicht allein niemand verneinen, sondern jederman muß bekennen, daß Ihre Churfürstlichen und Fürstlichen Gnaden in der Gruben hoher Danck, und ewiger Nachruhm dafür gebühre: Auf Ihrer Chur-Fürstlichen und Fürstlichen Gnaden Erklährung in der praefation bezogen. 6) Der Theologen Person betreffend, will ich zwar davon ausser itziger meiner Nothdurfft nicht viel regen, es ist mir auch ausser diesen Paß weder viel oder wenig daran gelegen: Aber gleichwohl mit der protestation sage ich, daß ihrer ein Theil gelehrte und fromme Theologi gewesen, wie mir denn auch etlicher ihre scripta garlieb sind. Dagegen aber ist unleugbar, daß D. Selneccer in seinen scriptis einer grossen inconsideranz und Unbeständigkeit jederzeit beschuldiget worden; Es gebens auch die scripta, man sage gleich, was man wolle, nicht anders: Wie es um D. Jacobum Andreae seinen Wandel und Verhalten geschaffen gewesen, solches wissen noch viel ehrliche Leute, und geben
Rationes Theologicae. 1) Hierbey muß ich nun anfangs dieses anzeigen, und mich so weit verwahren, daß ich die formulam nicht in totum verwerffe, oder deren Contenta für Unrecht halte, sondern bin vielmehr der Meynung (erklähre mich auch hiermit) daß viel herrlich er guter Ausführungen darinnen, und mir dieselben gar lieb seyn. 2) Weiß ich auch wohl, wie das übrige hin und her wieder explicirt, interpretirt und also mitigiret wird, und daß noch viel Theologi, die sich dazu bekennen, im Verstande nicht einig; da ichs nun darauf stellen, und mir auch eine interpretationem oder Verstand nehmen wolte, so könte vielleicht ich mein juramentum auch auf einen Verstand richten, und mich also des Dicti Gregoriani behelffen. Humanae aures talia verba nostra judicant, ut foris sonant: Judicia vero Dei talia foris audiunt, ut ex intimis proferuntur. Wann aber solches mein Gebrauch nicht, sondern ichs vielmehr mit dem Isidoro in c. quacunque arte c. 22. q. 5. halte. Quacunque arte verborum quisque juret, Dominus tamen, qui conscientiae testis est, ita hoc accipit, sicut ille, cui juratur, intelligit.) So hab ich dessen nicht unbillig Bedenckens. 3) Wenn ich aber ad trutinam formulae kommen soll, so muß ich vor 1) die Personen, welche sie erhoben und dirigiret, und dann 2) den Process, letzlich aber 3) ipsa materialia des Wercks ansehen und betrachten. 4) Die Personen sind auf einer Seiten die Hochlöbl. Chur- und Fürsten, die es anfangs erhoben, auf der andern aber die Herren Theologi, denen es von Ihrer Churfürstlichen und Fürstlichen Gnaden ist anvertrauet worden. 5) Daß die Hochlöbl. Chur- und Fürsten eine recht Christliche Treue und hochrühmliche Intention bey diesem Werck geführet, kan nicht allein niemand verneinen, sondern jederman muß bekennen, daß Ihre Churfürstlichen und Fürstlichen Gnaden in der Gruben hoher Danck, und ewiger Nachruhm dafür gebühre: Auf Ihrer Chur-Fürstlichen und Fürstlichen Gnaden Erklährung in der praefation bezogen. 6) Der Theologen Person betreffend, will ich zwar davon ausser itziger meiner Nothdurfft nicht viel regen, es ist mir auch ausser diesen Paß weder viel oder wenig daran gelegen: Aber gleichwohl mit der protestation sage ich, daß ihrer ein Theil gelehrte und fromme Theologi gewesen, wie mir denn auch etlicher ihre scripta garlieb sind. Dagegen aber ist unleugbar, daß D. Selneccer in seinen scriptis einer grossen inconsideranz und Unbeständigkeit jederzeit beschuldiget worden; Es gebens auch die scripta, man sage gleich, was man wolle, nicht anders: Wie es um D. Jacobum Andreae seinen Wandel und Verhalten geschaffen gewesen, solches wissen noch viel ehrliche Leute, und geben
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Rationes Theologicae.
1) Hierbey muß ich nun anfangs dieses anzeigen, und mich so weit verwahren, daß ich die formulam nicht in totum verwerffe, oder deren Contenta für Unrecht halte, sondern bin vielmehr der Meynung (erklähre mich auch hiermit) daß viel herrlich er guter Ausführungen darinnen, und mir dieselben gar lieb seyn. 2) Weiß ich auch wohl, wie das übrige hin und her wieder explicirt, interpretirt und also mitigiret wird, und daß noch viel Theologi, die sich dazu bekennen, im Verstande nicht einig; da ichs nun darauf stellen, und mir auch eine interpretationem oder Verstand nehmen wolte, so könte vielleicht ich mein juramentum auch auf einen Verstand richten, und mich also des Dicti Gregoriani behelffen. Humanae aures talia verba nostra judicant, ut foris sonant: Judicia vero Dei talia foris audiunt, ut ex intimis proferuntur. Wann aber solches mein Gebrauch nicht, sondern ichs vielmehr mit dem Isidoro in c. quacunque arte c. 22. q. 5. halte. Quacunque arte verborum quisque juret, Dominus tamen, qui conscientiae testis est, ita hoc accipit, sicut ille, cui juratur, intelligit.) So hab ich dessen nicht unbillig Bedenckens. 3) Wenn ich aber ad trutinam formulae kommen soll, so muß ich vor 1) die Personen, welche sie erhoben und dirigiret, und dann 2) den Process, letzlich aber 3) ipsa materialia des Wercks ansehen und betrachten. 4) Die Personen sind auf einer Seiten die Hochlöbl. Chur- und Fürsten, die es anfangs erhoben, auf der andern aber die Herren Theologi, denen es von Ihrer Churfürstlichen und Fürstlichen Gnaden ist anvertrauet worden. 5) Daß die Hochlöbl. Chur- und Fürsten eine recht Christliche Treue und hochrühmliche Intention bey diesem Werck geführet, kan nicht allein niemand verneinen, sondern jederman muß bekennen, daß Ihre Churfürstlichen und Fürstlichen Gnaden in der Gruben hoher Danck, und ewiger Nachruhm dafür gebühre: Auf Ihrer Chur-Fürstlichen und Fürstlichen Gnaden Erklährung in der praefation bezogen. 6) Der Theologen Person betreffend, will ich zwar davon ausser itziger meiner Nothdurfft nicht viel regen, es ist mir auch ausser diesen Paß weder viel oder wenig daran gelegen: Aber gleichwohl mit der protestation sage ich, daß ihrer ein Theil gelehrte und fromme Theologi gewesen, wie mir denn auch etlicher ihre scripta garlieb sind. Dagegen aber ist unleugbar, daß D. Selneccer in seinen scriptis einer grossen inconsideranz und Unbeständigkeit jederzeit beschuldiget worden; Es gebens auch die scripta, man sage gleich, was man wolle, nicht anders: Wie es um D. Jacobum Andreae seinen Wandel und Verhalten geschaffen gewesen, solches wissen noch viel ehrliche Leute, und geben
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/221>, abgerufen am 16.07.2024. |