Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.wesen, daß nach Römischen und Päbstlichen Rechten dergleichen Kinder für ebenbürtig zu halten, und daraus Land-übliche Teutsche Rechte, aus Unwissenheit der alten Teutschen Gewohnheiten, gemacht, im übrigen aber ratione successionis nicht gesprochen, noch als Consistoriales über die Lehensfähigkeit directe sprechen können, viel weniger ihre ex falsa persuasione gesprochene Sentenz für ein jus commune Saxonicum zu allegiren sey. Wann aber auch gleich dieses assertum, quod filii ex foemina ignobili nati succedant in feuda nobilium, seine Richtigkeit allenthalben hätte; so kan doch nicht abgesehen werden, mit was für Grunde der Hertzog Mevius schreiben können, daß wenn dieses bey der noblesse angienge, warum solches nicht auf die Fürsten könne appliciret werden? Die gemeinen principia Dialectica pflegen sonst noch auf den ersten trivial-Schulen folgender Weise inculciret zu werden, daß man a minori ad majus zwar negative aber nicht affirmative, argumentiren könne. So viel fället wohl in jedermans Augen, daß wann die Ehe an sich selbst nicht fähig ist, eine bürgerliche Frau, zumahl vom geringen und Handwercks-Stande, Adelich zu machen; so seye sie auch noch vielweniger fähig, eine dergleichen geringe Weibes-Person Fürsten-mäßig zu machen; Aber wenn ich die Sache umkehren und also schliessen will: Die Ehe ist heute in Sachsen und anderswo capable, eine Weibes-Person von Bürger Stande und ihre Kinder Adelich und Lehensfähig zu machen, Ergo macht sie auch dergleichen Weibes-Personen Fürsten-mäßig, so siehet auch ein Ungelehrter, der nur ein wenig natürlichen Urtheils hat, gleich, daß dieses so wenig schliesse, als wann ich argumentiren wolte: Ein Handelsman hätte so viel Geld für sich gebracht / daß er vermittelst desselben Ritter-Güter an sich kauffen, und die zur nobilitirung erforderte Unkosten leichtlich erlegen könte; Ergo könne er auch vermittelst desselben Fürstenthümer erhandeln, und bey S. Käyserlichen Majestät sich den Fürsten-Stand zuwege bringen. Und eben also ist es auch mit der dritten Frage beschaffen. QVAESTIO III. Ob nemlich Hertzog Mevii Ehefrau sowohl als auch die von ihr erzeugte Kinder mit dem tractament des Adelichen oder höchstens Freyherrlichen Standes sich zu vergnügen, nicht minder nach des Hertzogs Mevii in GOttes Händen stehenden Ableiben mit einem bey dergleichen inegalen Verheyrathungen oder matrimoniis ad morganaticam im Reiche nicht ungewöhnlichen billigmäßigen Unterhalt und Abfertigung zufrieden seyn müste. wesen, daß nach Römischen und Päbstlichen Rechten dergleichen Kinder für ebenbürtig zu halten, und daraus Land-übliche Teutsche Rechte, aus Unwissenheit der alten Teutschen Gewohnheiten, gemacht, im übrigen aber ratione successionis nicht gesprochen, noch als Consistoriales über die Lehensfähigkeit directe sprechen können, viel weniger ihre ex falsa persuasione gesprochene Sentenz für ein jus commune Saxonicum zu allegiren sey. Wann aber auch gleich dieses assertum, quod filii ex foemina ignobili nati succedant in feuda nobilium, seine Richtigkeit allenthalben hätte; so kan doch nicht abgesehen werden, mit was für Grunde der Hertzog Mevius schreiben können, daß wenn dieses bey der noblesse angienge, warum solches nicht auf die Fürsten könne appliciret werden? Die gemeinen principia Dialectica pflegen sonst noch auf den ersten trivial-Schulen folgender Weise inculciret zu werden, daß man a minori ad majus zwar negative aber nicht affirmative, argumentiren könne. So viel fället wohl in jedermans Augen, daß wann die Ehe an sich selbst nicht fähig ist, eine bürgerliche Frau, zumahl vom geringen und Handwercks-Stande, Adelich zu machen; so seye sie auch noch vielweniger fähig, eine dergleichen geringe Weibes-Person Fürsten-mäßig zu machen; Aber wenn ich die Sache umkehren und also schliessen will: Die Ehe ist heute in Sachsen und anderswo capable, eine Weibes-Person von Bürger Stande und ihre Kinder Adelich und Lehensfähig zu machen, Ergo macht sie auch dergleichen Weibes-Personen Fürsten-mäßig, so siehet auch ein Ungelehrter, der nur ein wenig natürlichen Urtheils hat, gleich, daß dieses so wenig schliesse, als wann ich argumentiren wolte: Ein Handelsman hätte so viel Geld für sich gebracht / daß er vermittelst desselben Ritter-Güter an sich kauffen, und die zur nobilitirung erforderte Unkosten leichtlich erlegen könte; Ergo könne er auch vermittelst desselben Fürstenthümer erhandeln, und bey S. Käyserlichen Majestät sich den Fürsten-Stand zuwege bringen. Und eben also ist es auch mit der dritten Frage beschaffen. QVAESTIO III. Ob nemlich Hertzog Mevii Ehefrau sowohl als auch die von ihr erzeugte Kinder mit dem tractament des Adelichen oder höchstens Freyherrlichen Standes sich zu vergnügen, nicht minder nach des Hertzogs Mevii in GOttes Händen stehenden Ableiben mit einem bey dergleichen inegalen Verheyrathungen oder matrimoniis ad morganaticam im Reiche nicht ungewöhnlichen billigmäßigen Unterhalt und Abfertigung zufrieden seyn müste. <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0138" n="130"/> wesen, daß nach Römischen und Päbstlichen Rechten dergleichen Kinder für ebenbürtig zu halten, und daraus Land-übliche Teutsche Rechte, aus Unwissenheit der alten Teutschen Gewohnheiten, gemacht, im übrigen aber ratione successionis nicht gesprochen, noch als Consistoriales über die Lehensfähigkeit directe sprechen können, viel weniger ihre ex falsa persuasione gesprochene Sentenz für ein jus commune Saxonicum zu allegiren sey.</p> <note place="left">ACCDERE, QVOD HOC LOCO A NOBILIBUS AD PRINCIPES PARUM APTE CONCLUDATUR.</note> <p>Wann aber auch gleich dieses assertum, quod filii ex foemina ignobili nati succedant in feuda nobilium, seine Richtigkeit allenthalben hätte; so kan doch nicht abgesehen werden, mit was für Grunde der Hertzog Mevius schreiben können, daß wenn dieses bey der noblesse angienge, warum solches nicht auf die Fürsten könne appliciret werden? Die gemeinen principia Dialectica pflegen sonst noch auf den ersten trivial-Schulen folgender Weise inculciret zu werden, daß man a minori ad majus zwar negative aber nicht affirmative, argumentiren könne. So viel fället wohl in jedermans Augen, daß wann die Ehe an sich selbst nicht fähig ist, eine bürgerliche Frau, zumahl vom geringen und Handwercks-Stande, Adelich zu machen; so seye sie auch noch vielweniger fähig, eine dergleichen geringe Weibes-Person Fürsten-mäßig zu machen; Aber wenn ich die Sache umkehren und also schliessen will: Die Ehe ist heute in Sachsen und anderswo capable, eine Weibes-Person von Bürger Stande und ihre Kinder Adelich und Lehensfähig zu machen, Ergo macht sie auch dergleichen Weibes-Personen Fürsten-mäßig, so siehet auch ein Ungelehrter, der nur ein wenig natürlichen Urtheils hat, gleich, daß dieses so wenig schliesse, als wann ich argumentiren wolte: Ein Handelsman hätte so viel Geld für sich gebracht / daß er vermittelst desselben Ritter-Güter an sich kauffen, und die zur nobilitirung erforderte Unkosten leichtlich erlegen könte; Ergo könne er auch vermittelst desselben Fürstenthümer erhandeln, und bey S. 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wesen, daß nach Römischen und Päbstlichen Rechten dergleichen Kinder für ebenbürtig zu halten, und daraus Land-übliche Teutsche Rechte, aus Unwissenheit der alten Teutschen Gewohnheiten, gemacht, im übrigen aber ratione successionis nicht gesprochen, noch als Consistoriales über die Lehensfähigkeit directe sprechen können, viel weniger ihre ex falsa persuasione gesprochene Sentenz für ein jus commune Saxonicum zu allegiren sey.
Wann aber auch gleich dieses assertum, quod filii ex foemina ignobili nati succedant in feuda nobilium, seine Richtigkeit allenthalben hätte; so kan doch nicht abgesehen werden, mit was für Grunde der Hertzog Mevius schreiben können, daß wenn dieses bey der noblesse angienge, warum solches nicht auf die Fürsten könne appliciret werden? Die gemeinen principia Dialectica pflegen sonst noch auf den ersten trivial-Schulen folgender Weise inculciret zu werden, daß man a minori ad majus zwar negative aber nicht affirmative, argumentiren könne. So viel fället wohl in jedermans Augen, daß wann die Ehe an sich selbst nicht fähig ist, eine bürgerliche Frau, zumahl vom geringen und Handwercks-Stande, Adelich zu machen; so seye sie auch noch vielweniger fähig, eine dergleichen geringe Weibes-Person Fürsten-mäßig zu machen; Aber wenn ich die Sache umkehren und also schliessen will: Die Ehe ist heute in Sachsen und anderswo capable, eine Weibes-Person von Bürger Stande und ihre Kinder Adelich und Lehensfähig zu machen, Ergo macht sie auch dergleichen Weibes-Personen Fürsten-mäßig, so siehet auch ein Ungelehrter, der nur ein wenig natürlichen Urtheils hat, gleich, daß dieses so wenig schliesse, als wann ich argumentiren wolte: Ein Handelsman hätte so viel Geld für sich gebracht / daß er vermittelst desselben Ritter-Güter an sich kauffen, und die zur nobilitirung erforderte Unkosten leichtlich erlegen könte; Ergo könne er auch vermittelst desselben Fürstenthümer erhandeln, und bey S. Käyserlichen Majestät sich den Fürsten-Stand zuwege bringen.
Und eben also ist es auch mit der dritten Frage beschaffen.
Ob nemlich Hertzog Mevii Ehefrau sowohl als auch die von ihr erzeugte Kinder mit dem tractament des Adelichen oder höchstens Freyherrlichen Standes sich zu vergnügen, nicht minder nach des Hertzogs Mevii in GOttes Händen stehenden Ableiben mit einem bey dergleichen inegalen Verheyrathungen oder matrimoniis ad morganaticam im Reiche nicht ungewöhnlichen billigmäßigen Unterhalt und Abfertigung zufrieden seyn müste.
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_ernsthaffte02_1724/138>, abgerufen am 21.02.2025. |