Thomasius, Christian: Ernsthaffte, aber doch Muntere und Vernünfftige Thomasische Gedancken und Errinnerungen über allerhand außerlesene Juristische Händel. Zweyter Theil. Halle, 1724.III. Handel. Allerhand Rechts-Fragen von ungleicher Heyrath zwischen Reichs-Fürsten / und Weibs-Personen von geringem Bürger-Stand. §. I. AM 8. Novembr. 1717. wurde durch einen absonderlich deßhalbDie proponirten vier Fragen hieher geschickten Bothen ein gnädigstes Schreiben von einem Durchlauchtigsten Reichs-Fürsten mir eingehändiget, in welchem an mich begehret wurde, über die beygefügte speciem facti und die darinnen enthaltene vier Fragen ein Responsum zu verfertigen. Es finden sich drey Fürstliche Herren Brüdere, Cajus, Titius und Mevius welche vermöge Fürstlich-Väterlichen Testaments und darüber unter sich errichteten Recesse die angefallene Landes-Portion dergestalt in Gemeinschafft besitzen, daß der älteste Fürstliche Herr Bruder, als Cajus, communi nomine die Landes-Regierung führet. Wenige Jahre nach des Herrn Vatern Ableiben, lässet sich der dritte Fürstliche Herr Bruder durch eine Weibs-Persohn, bürgerlichen Standes, welche als Cammer-Mädgen bey seiner Prinzeßin Schwester in Diensten gestanden, dahin verleiten, daß er sich mit selbiger ohne seiner noch lebenden Fürstlichen Frau Mutter Vorwissen und Consens, auch ohne die geringste vor oder nach her gepflogener Communication mit dero Fürstlichen Herren Brüdern in höchster Stille und Geheim ausserhalb Landes trauen lassen, von welcher Zeit an er auch beständig ausserhalb Landes sich mit selbiger aufgehalten, und einen Sohn nebst verschiedenen Töchtern, dem Vernehmen nach, mit ihr erzeuget, ohne dißfalls seiner Frau Mutter, noch dero Herrn Gebrüdern die geringste Notification davon zu thun. Als nun inzwischen sich gefüget, daß occasione der von des Herrn Erb-Printzen zu Anhalt-Bernburg Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit getroffenen gleichmäßigen inegalen, auf dero Herrn Vaters Hochfürstl. Durchlauchtigkeit beschehenen hefftigen Wiederspruch aber von Kayserl. Majestät praecedente causae cognitione pro matrimonio ad morganaticam declarirten Vermählung, sich verschiedene regierende Herren dieses uhralten Fürstlichen Hauses zusammen gethan, und nach ergangener reiffen deliberation, wie dergleichen denen alten Reichs-Fürstlichen Häusern höchst despectirlich und fast gemein werden wollenden ungleichen Vermählungen III. Handel. Allerhand Rechts-Fragen von ungleicher Heyrath zwischen Reichs-Fürsten / und Weibs-Personen von geringem Bürger-Stand. §. I. AM 8. Novembr. 1717. wurde durch einen absonderlich deßhalbDie proponirten vier Fragen hieher geschickten Bothen ein gnädigstes Schreiben von einem Durchlauchtigsten Reichs-Fürsten mir eingehändiget, in welchem an mich begehret wurde, über die beygefügte speciem facti und die darinnen enthaltene vier Fragen ein Responsum zu verfertigen. Es finden sich drey Fürstliche Herren Brüdere, Cajus, Titius und Mevius welche vermöge Fürstlich-Väterlichen Testaments und darüber unter sich errichteten Recesse die angefallene Landes-Portion dergestalt in Gemeinschafft besitzen, daß der älteste Fürstliche Herr Bruder, als Cajus, communi nomine die Landes-Regierung führet. Wenige Jahre nach des Herrn Vatern Ableiben, lässet sich der dritte Fürstliche Herr Bruder durch eine Weibs-Persohn, bürgerlichen Standes, welche als Cammer-Mädgen bey seiner Prinzeßin Schwester in Diensten gestanden, dahin verleiten, daß er sich mit selbiger ohne seiner noch lebenden Fürstlichen Frau Mutter Vorwissen und Consens, auch ohne die geringste vor oder nach her gepflogener Communication mit dero Fürstlichen Herren Brüdern in höchster Stille und Geheim ausserhalb Landes trauen lassen, von welcher Zeit an er auch beständig ausserhalb Landes sich mit selbiger aufgehalten, und einen Sohn nebst verschiedenen Töchtern, dem Vernehmen nach, mit ihr erzeuget, ohne dißfalls seiner Frau Mutter, noch dero Herrn Gebrüdern die geringste Notification davon zu thun. Als nun inzwischen sich gefüget, daß occasione der von des Herrn Erb-Printzen zu Anhalt-Bernburg Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit getroffenen gleichmäßigen inegalen, auf dero Herrn Vaters Hochfürstl. Durchlauchtigkeit beschehenen hefftigen Wiederspruch aber von Kayserl. Majestät praecedente causae cognitione pro matrimonio ad morganaticam declarirten Vermählung, sich verschiedene regierende Herren dieses uhralten Fürstlichen Hauses zusammen gethan, und nach ergangener reiffen deliberation, wie dergleichen denen alten Reichs-Fürstlichen Häusern höchst despectirlich und fast gemein werden wollenden ungleichen Vermählungen <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0115" n="107"/> </div> <div> <head>III. Handel. Allerhand Rechts-Fragen von ungleicher Heyrath zwischen Reichs-Fürsten / und Weibs-Personen von geringem Bürger-Stand.</head><lb/> </div> <div> <head>§. I.</head><lb/> <p>AM 8. 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Wenige Jahre nach des Herrn Vatern Ableiben, lässet sich der dritte Fürstliche Herr Bruder durch eine Weibs-Persohn, bürgerlichen Standes, welche als Cammer-Mädgen bey seiner Prinzeßin Schwester in Diensten gestanden, dahin verleiten, daß er sich mit selbiger ohne seiner noch lebenden Fürstlichen Frau Mutter Vorwissen und Consens, auch ohne die geringste vor oder nach her gepflogener Communication mit dero Fürstlichen Herren Brüdern in höchster Stille und Geheim ausserhalb Landes trauen lassen, von welcher Zeit an er auch beständig ausserhalb Landes sich mit selbiger aufgehalten, und einen Sohn nebst verschiedenen Töchtern, dem Vernehmen nach, mit ihr erzeuget, ohne dißfalls seiner Frau Mutter, noch dero Herrn Gebrüdern die geringste Notification davon zu thun. Als nun inzwischen sich gefüget, daß occasione der von des Herrn Erb-Printzen zu Anhalt-Bernburg Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit getroffenen gleichmäßigen inegalen, auf dero Herrn Vaters Hochfürstl. Durchlauchtigkeit beschehenen hefftigen Wiederspruch aber von Kayserl. Majestät praecedente causae cognitione pro matrimonio ad morganaticam declarirten Vermählung, sich verschiedene regierende Herren dieses uhralten Fürstlichen Hauses zusammen gethan, und nach ergangener reiffen deliberation, wie dergleichen denen alten Reichs-Fürstlichen Häusern höchst despectirlich und fast gemein werden wollenden ungleichen Vermählungen </p> </div> </body> </text> </TEI> [107/0115]
III. Handel. Allerhand Rechts-Fragen von ungleicher Heyrath zwischen Reichs-Fürsten / und Weibs-Personen von geringem Bürger-Stand.
§. I.
AM 8. Novembr. 1717. wurde durch einen absonderlich deßhalb hieher geschickten Bothen ein gnädigstes Schreiben von einem Durchlauchtigsten Reichs-Fürsten mir eingehändiget, in welchem an mich begehret wurde, über die beygefügte speciem facti und die darinnen enthaltene vier Fragen ein Responsum zu verfertigen.
Die proponirten vier Fragen Es finden sich drey Fürstliche Herren Brüdere, Cajus, Titius und Mevius welche vermöge Fürstlich-Väterlichen Testaments und darüber unter sich errichteten Recesse die angefallene Landes-Portion dergestalt in Gemeinschafft besitzen, daß der älteste Fürstliche Herr Bruder, als Cajus, communi nomine die Landes-Regierung führet. Wenige Jahre nach des Herrn Vatern Ableiben, lässet sich der dritte Fürstliche Herr Bruder durch eine Weibs-Persohn, bürgerlichen Standes, welche als Cammer-Mädgen bey seiner Prinzeßin Schwester in Diensten gestanden, dahin verleiten, daß er sich mit selbiger ohne seiner noch lebenden Fürstlichen Frau Mutter Vorwissen und Consens, auch ohne die geringste vor oder nach her gepflogener Communication mit dero Fürstlichen Herren Brüdern in höchster Stille und Geheim ausserhalb Landes trauen lassen, von welcher Zeit an er auch beständig ausserhalb Landes sich mit selbiger aufgehalten, und einen Sohn nebst verschiedenen Töchtern, dem Vernehmen nach, mit ihr erzeuget, ohne dißfalls seiner Frau Mutter, noch dero Herrn Gebrüdern die geringste Notification davon zu thun. Als nun inzwischen sich gefüget, daß occasione der von des Herrn Erb-Printzen zu Anhalt-Bernburg Hochfürstlichen Durchlauchtigkeit getroffenen gleichmäßigen inegalen, auf dero Herrn Vaters Hochfürstl. Durchlauchtigkeit beschehenen hefftigen Wiederspruch aber von Kayserl. Majestät praecedente causae cognitione pro matrimonio ad morganaticam declarirten Vermählung, sich verschiedene regierende Herren dieses uhralten Fürstlichen Hauses zusammen gethan, und nach ergangener reiffen deliberation, wie dergleichen denen alten Reichs-Fürstlichen Häusern höchst despectirlich und fast gemein werden wollenden ungleichen Vermählungen
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