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Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691.

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Das 10. Hauptst. von wahrscheinl.

1.

DAs Wahrscheinliche und Unwahr-
scheinliche wird entweder von wahren
oder falschen Sachen/ oder von solchen/ die
Zwischen den Wahren und Falschen in Mit-
[t]el sind/ gesagt.

2. Denn weil die Menschen sich nicht alle
[b]efleißigen das Wahre von dem Wahrschein-
lichen und Falschen zu unterscheiden/ kan es
leichte geschehen/ daß man wahre Dinge nur
für wahrscheinlich oder falsch/ Wahrscheinli-
che
für wahr oder falsch/ und falsch für wahr-
scheinlich oder wahr hält.

3. Z. e. wenn man seinen praeceptoribus
zugefallen glaubet/ daß die drey Winckel des
Trinangels zwey gleiche Winckel austragen/
wenn man sich beredet/ der Mensch könne
nicht in sich selbst das gröste Vergnügen fin-
den/ wenn man behauptet/ es sey unstreitig/ o-
der es sey unmöglich/ daß die Erde sich bewege/
und die Sonne stille stehe/ wenn man glaubet
daß die Bestien innerliche Sinne hätten/
wenn man sich beredet/ man müsse die Welt-
weißheit und die heilige Schrifft unter ein-
ander mischen.

4. Und
Das 10. Hauptſt. von wahrſcheinl.

1.

DAs Wahrſcheinliche und Unwahr-
ſcheinliche wird entweder von wahren
oder falſchen Sachen/ oder von ſolchen/ die
Zwiſchen den Wahren und Falſchen in Mit-
[t]el ſind/ geſagt.

2. Denn weil die Menſchen ſich nicht alle
[b]efleißigen das Wahre von dem Wahrſchein-
lichen und Falſchen zu unterſcheiden/ kan es
leichte geſchehen/ daß man wahre Dinge nur
fuͤr wahrſcheinlich oder falſch/ Wahrſcheinli-
che
fuͤr wahr oder falſch/ und falſch fuͤr wahr-
ſcheinlich oder wahr haͤlt.

3. Z. e. wenn man ſeinen præceptoribus
zugefallen glaubet/ daß die drey Winckel des
Trinangels zwey gleiche Winckel austragen/
wenn man ſich beredet/ der Menſch koͤnne
nicht in ſich ſelbſt das groͤſte Vergnuͤgen fin-
den/ wenn man behauptet/ es ſey unſtreitig/ o-
der es ſey unmoͤglich/ daß die Erde ſich bewege/
und die Sonne ſtille ſtehe/ wenn man glaubet
daß die Beſtien innerliche Sinne haͤtten/
wenn man ſich beredet/ man muͤſſe die Welt-
weißheit und die heilige Schrifft unter ein-
ander miſchen.

4. Und
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[220/0238] Das 10. Hauptſt. von wahrſcheinl. 1. DAs Wahrſcheinliche und Unwahr- ſcheinliche wird entweder von wahren oder falſchen Sachen/ oder von ſolchen/ die Zwiſchen den Wahren und Falſchen in Mit- tel ſind/ geſagt. 2. Denn weil die Menſchen ſich nicht alle befleißigen das Wahre von dem Wahrſchein- lichen und Falſchen zu unterſcheiden/ kan es leichte geſchehen/ daß man wahre Dinge nur fuͤr wahrſcheinlich oder falſch/ Wahrſcheinli- che fuͤr wahr oder falſch/ und falſch fuͤr wahr- ſcheinlich oder wahr haͤlt. 3. Z. e. wenn man ſeinen præceptoribus zugefallen glaubet/ daß die drey Winckel des Trinangels zwey gleiche Winckel austragen/ wenn man ſich beredet/ der Menſch koͤnne nicht in ſich ſelbſt das groͤſte Vergnuͤgen fin- den/ wenn man behauptet/ es ſey unſtreitig/ o- der es ſey unmoͤglich/ daß die Erde ſich bewege/ und die Sonne ſtille ſtehe/ wenn man glaubet daß die Beſtien innerliche Sinne haͤtten/ wenn man ſich beredet/ man muͤſſe die Welt- weißheit und die heilige Schrifft unter ein- ander miſchen. 4. Und

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Einleitung zu der Vernunfft-Lehre. Halle (Saale), 1691, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungvernufftlehre_1691/238>, abgerufen am 21.11.2024.