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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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Das 2. Huptst. von der grösten
(das wir allhier/ wie erwehnet/ nicht betrachten)
tod/ ob er schon in der grösten Freyheit lebet.

18.

So zieret auch hiernechst zwar das de-
corum
einen Menschen überaus sehr/ ja es ste-
het auch dasselbige in des Menschen seiner Will-
kühr/ oder es kan doch zum wenigsten von allen
und jeden/ in was Stande sie seyn/ ohne Mühe
und Kosten erhalten werden. Aber es macht
doch deswegen das decorum einen ungesunden
in Jrrthümern und Lastern steckenden Men-
schen nicht glücklich/ ja der Mangel des deco-
ri
(wenn wir denselben nur von dem indecoro
oder der Unverschamheit recht entscheiden)
macht den Menschen so wenig Elend/ als we-
nig der Mangel schönen Haares den menschli-
chen Leib verstimmelt.

19.

Aber nun müssen wir die jenigen Güter
betrachten/ die wir oben als edele und noth-
wendige
angegeben/ aus denen nemlich des
Menschen sein Wesen bestehet/ nemlich die
Göter des Leibes und der Seelen. Allwo
wir zuförderst die gemeinen Jrrthümer vermei-
den müssen/ welche diese Güter ein ander ent-
gegen setzen/
als wenn eines ohne dem an-
dern seyn
und der Vernunfft nach erhalten
werden könte/ oder als ob er nur des Menschen
Wesen in der Seele alleine bestände.

20.

Hieher gehöret/ wenn man fast insge-
mein zum Leibe die Gesundheit und Gantz-
heit der Glieder/
zur Seele aber erstlich das

Leben

Das 2. Huptſt. von der groͤſten
(das wir allhier/ wie erwehnet/ nicht betrachten)
tod/ ob er ſchon in der groͤſten Freyheit lebet.

18.

So zieret auch hiernechſt zwar das de-
corum
einen Menſchen uͤberaus ſehr/ ja es ſte-
het auch daſſelbige in des Menſchen ſeiner Will-
kuͤhr/ oder es kan doch zum wenigſten von allen
und jeden/ in was Stande ſie ſeyn/ ohne Muͤhe
und Koſten erhalten werden. Aber es macht
doch deswegen das decorum einen ungeſunden
in Jrrthuͤmern und Laſtern ſteckenden Men-
ſchen nicht gluͤcklich/ ja der Mangel des deco-
ri
(wenn wir denſelben nur von dem indecoro
oder der Unverſchamheit recht entſcheiden)
macht den Menſchen ſo wenig Elend/ als we-
nig der Mangel ſchoͤnen Haares den menſchli-
chen Leib verſtimmelt.

19.

Aber nun muͤſſen wir die jenigen Guͤter
betrachten/ die wir oben als edele und noth-
wendige
angegeben/ aus denen nemlich des
Menſchen ſein Weſen beſtehet/ nemlich die
Goͤter des Leibes und der Seelen. Allwo
wir zufoͤrderſt die gemeinen Jrrthuͤmer vermei-
den muͤſſen/ welche dieſe Guͤter ein ander ent-
gegen ſetzen/
als wenn eines ohne dem an-
dern ſeyn
und der Vernunfft nach erhalten
werden koͤnte/ oder als ob er nur des Menſchen
Weſen in der Seele alleine beſtaͤnde.

20.

Hieher gehoͤret/ wenn man faſt insge-
mein zum Leibe die Geſundheit und Gantz-
heit der Glieder/
zur Seele aber erſtlich das

Leben
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[64/0096] Das 2. Huptſt. von der groͤſten (das wir allhier/ wie erwehnet/ nicht betrachten) tod/ ob er ſchon in der groͤſten Freyheit lebet. 18. So zieret auch hiernechſt zwar das de- corum einen Menſchen uͤberaus ſehr/ ja es ſte- het auch daſſelbige in des Menſchen ſeiner Will- kuͤhr/ oder es kan doch zum wenigſten von allen und jeden/ in was Stande ſie ſeyn/ ohne Muͤhe und Koſten erhalten werden. Aber es macht doch deswegen das decorum einen ungeſunden in Jrrthuͤmern und Laſtern ſteckenden Men- ſchen nicht gluͤcklich/ ja der Mangel des deco- ri (wenn wir denſelben nur von dem indecoro oder der Unverſchamheit recht entſcheiden) macht den Menſchen ſo wenig Elend/ als we- nig der Mangel ſchoͤnen Haares den menſchli- chen Leib verſtimmelt. 19. Aber nun muͤſſen wir die jenigen Guͤter betrachten/ die wir oben als edele und noth- wendige angegeben/ aus denen nemlich des Menſchen ſein Weſen beſtehet/ nemlich die Goͤter des Leibes und der Seelen. Allwo wir zufoͤrderſt die gemeinen Jrrthuͤmer vermei- den muͤſſen/ welche dieſe Guͤter ein ander ent- gegen ſetzen/ als wenn eines ohne dem an- dern ſeyn und der Vernunfft nach erhalten werden koͤnte/ oder als ob er nur des Menſchen Weſen in der Seele alleine beſtaͤnde. 20. Hieher gehoͤret/ wenn man faſt insge- mein zum Leibe die Geſundheit und Gantz- heit der Glieder/ zur Seele aber erſtlich das Leben

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/96>, abgerufen am 21.11.2024.