Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 1. Hauptst. von der Gelahrheit
wie sie seyn solte und könte (necessaria ex hypo-
thesi status corrupti societatis civilis.
)

128.

Hiernechst ist auch das Gute entwe-
der ein unmittelbares Gut/ das des Men-
schen Dauerung und Wesen für sich erhält;
als Leben/ Gesundheit/ Weisheit/ Tugend;
oder ein mittelbahres Gut/ welches zu Erlan-
gung und Vermehrung besagten unmittelbaren
Güter dienet/ als Geld/ Speise/ und Tranck/
studiren/ Ubung in tugendhafften Thaten; Je-
nes ist der Zweck des menschlichen Thun und
Lassens/ dieses die Mittel darzu. Und je ent-
ferneter diese Mittel seyn/ oder je leichter der
Mensche derselben entbehren kan/ je in gerin-
gern grad des guten verdienen sie auch gesetzet zu
werden.

129.

Endlich/ weil so wohl das Gute als
Böse unterschiedene Grade haben/ und wir all-
bereit oben erinnert/ daß das dauerhaffteste Gute
und Böse die andern allezeit überwäge/ so wird
auch in Ansehen dieser Anmerckung das Gute
entweder vor ein würckliches Gut gebraucht/
als Leben/ Gesundheit/ Weisheit/ Tugend/ oder
vor ein kleiner Ubel/ als Verlierung seines
Vermögens das Leben zu erhalten/ sterben für
seine Freunde u. s. w. Gleichergestalt wird auch
das Ubel entweder für ein würcklich Ubel ge-
nommen/ als Ungesundheit/ Jrrthum/ liederlich
Leben/ oder für ein kleineres Gut; als Erlan-
gung Reichthums mit Verlust der Gesundheit;

gut

Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit
wie ſie ſeyn ſolte und koͤnte (neceſſaria ex hypo-
theſi ſtatus corrupti ſocietatis civilis.
)

128.

Hiernechſt iſt auch das Gute entwe-
der ein unmittelbares Gut/ das des Men-
ſchen Dauerung und Weſen fuͤr ſich erhaͤlt;
als Leben/ Geſundheit/ Weisheit/ Tugend;
oder ein mittelbahres Gut/ welches zu Erlan-
gung und Vermehrung beſagten unmittelbaren
Guͤter dienet/ als Geld/ Speiſe/ und Tranck/
ſtudiren/ Ubung in tugendhafften Thaten; Je-
nes iſt der Zweck des menſchlichen Thun und
Laſſens/ dieſes die Mittel darzu. Und je ent-
ferneter dieſe Mittel ſeyn/ oder je leichter der
Menſche derſelben entbehren kan/ je in gerin-
gern grad des guten verdienen ſie auch geſetzet zu
werden.

129.

Endlich/ weil ſo wohl das Gute als
Boͤſe unterſchiedene Grade haben/ und wir all-
bereit oben erinnert/ daß das dauerhaffteſte Gute
und Boͤſe die andern allezeit uͤberwaͤge/ ſo wird
auch in Anſehen dieſer Anmerckung das Gute
entweder vor ein wuͤrckliches Gut gebraucht/
als Leben/ Geſundheit/ Weisheit/ Tugend/ oder
vor ein kleiner Ubel/ als Verlierung ſeines
Vermoͤgens das Leben zu erhalten/ ſterben fuͤr
ſeine Freunde u. ſ. w. Gleichergeſtalt wird auch
das Ubel entweder fuͤr ein wuͤrcklich Ubel ge-
nommen/ als Ungeſundheit/ Jrrthum/ liederlich
Leben/ oder fuͤr ein kleineres Gut; als Erlan-
gung Reichthums mit Verluſt der Geſundheit;

gut
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0080" n="48"/><fw place="top" type="header">Das 1. Haupt&#x017F;t. von der Gelahrheit</fw><lb/>
wie &#x017F;ie &#x017F;eyn &#x017F;olte und ko&#x0364;nte (<hi rendition="#aq">nece&#x017F;&#x017F;aria ex hypo-<lb/>
the&#x017F;i &#x017F;tatus corrupti &#x017F;ocietatis civilis.</hi>)</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>128.</head>
          <p>Hiernech&#x017F;t i&#x017F;t auch das Gute entwe-<lb/>
der ein <hi rendition="#fr">unmittelbares</hi> Gut/ das des Men-<lb/>
&#x017F;chen Dauerung und We&#x017F;en fu&#x0364;r &#x017F;ich erha&#x0364;lt;<lb/>
als <hi rendition="#fr">Leben/ Ge&#x017F;undheit/ Weisheit/ Tugend;</hi><lb/>
oder ein <hi rendition="#fr">mittelbahres</hi> Gut/ welches zu Erlan-<lb/>
gung und Vermehrung be&#x017F;agten unmittelbaren<lb/>
Gu&#x0364;ter dienet/ als <hi rendition="#fr">Geld/ Spei&#x017F;e/</hi> und <hi rendition="#fr">Tranck/</hi><lb/><hi rendition="#aq">&#x017F;tudir</hi><hi rendition="#fr">en/ Ubung</hi> in tugendhafften Thaten; Je-<lb/>
nes i&#x017F;t der <hi rendition="#fr">Zweck</hi> des men&#x017F;chlichen Thun und<lb/>
La&#x017F;&#x017F;ens/ die&#x017F;es die <hi rendition="#fr">Mittel</hi> darzu. Und je ent-<lb/>
ferneter die&#x017F;e Mittel &#x017F;eyn/ oder je leichter der<lb/>
Men&#x017F;che der&#x017F;elben entbehren kan/ je in gerin-<lb/>
gern <hi rendition="#aq">grad</hi> des guten verdienen &#x017F;ie auch ge&#x017F;etzet zu<lb/>
werden.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>129.</head>
          <p>Endlich/ weil &#x017F;o wohl das Gute als<lb/>
Bo&#x0364;&#x017F;e unter&#x017F;chiedene Grade haben/ und wir all-<lb/>
bereit oben erinnert/ daß das dauerhaffte&#x017F;te Gute<lb/>
und Bo&#x0364;&#x017F;e die andern allezeit u&#x0364;berwa&#x0364;ge/ &#x017F;o wird<lb/>
auch in An&#x017F;ehen die&#x017F;er Anmerckung das <hi rendition="#fr">Gute</hi><lb/>
entweder vor ein <hi rendition="#fr">wu&#x0364;rckliches</hi> Gut gebraucht/<lb/>
als Leben/ Ge&#x017F;undheit/ Weisheit/ Tugend/ oder<lb/>
vor ein <hi rendition="#fr">kleiner Ubel/</hi> als Verlierung &#x017F;eines<lb/>
Vermo&#x0364;gens das Leben zu erhalten/ &#x017F;terben fu&#x0364;r<lb/>
&#x017F;eine Freunde u. &#x017F;. w. Gleicherge&#x017F;talt wird auch<lb/><hi rendition="#fr">das Ubel</hi> entweder fu&#x0364;r ein <hi rendition="#fr">wu&#x0364;rcklich Ubel</hi> ge-<lb/>
nommen/ als Unge&#x017F;undheit/ Jrrthum/ liederlich<lb/>
Leben/ oder fu&#x0364;r ein <hi rendition="#fr">kleineres Gut;</hi> als Erlan-<lb/>
gung Reichthums mit Verlu&#x017F;t der Ge&#x017F;undheit;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gut</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0080] Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit wie ſie ſeyn ſolte und koͤnte (neceſſaria ex hypo- theſi ſtatus corrupti ſocietatis civilis.) 128. Hiernechſt iſt auch das Gute entwe- der ein unmittelbares Gut/ das des Men- ſchen Dauerung und Weſen fuͤr ſich erhaͤlt; als Leben/ Geſundheit/ Weisheit/ Tugend; oder ein mittelbahres Gut/ welches zu Erlan- gung und Vermehrung beſagten unmittelbaren Guͤter dienet/ als Geld/ Speiſe/ und Tranck/ ſtudiren/ Ubung in tugendhafften Thaten; Je- nes iſt der Zweck des menſchlichen Thun und Laſſens/ dieſes die Mittel darzu. Und je ent- ferneter dieſe Mittel ſeyn/ oder je leichter der Menſche derſelben entbehren kan/ je in gerin- gern grad des guten verdienen ſie auch geſetzet zu werden. 129. Endlich/ weil ſo wohl das Gute als Boͤſe unterſchiedene Grade haben/ und wir all- bereit oben erinnert/ daß das dauerhaffteſte Gute und Boͤſe die andern allezeit uͤberwaͤge/ ſo wird auch in Anſehen dieſer Anmerckung das Gute entweder vor ein wuͤrckliches Gut gebraucht/ als Leben/ Geſundheit/ Weisheit/ Tugend/ oder vor ein kleiner Ubel/ als Verlierung ſeines Vermoͤgens das Leben zu erhalten/ ſterben fuͤr ſeine Freunde u. ſ. w. Gleichergeſtalt wird auch das Ubel entweder fuͤr ein wuͤrcklich Ubel ge- nommen/ als Ungeſundheit/ Jrrthum/ liederlich Leben/ oder fuͤr ein kleineres Gut; als Erlan- gung Reichthums mit Verluſt der Geſundheit; gut

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/80
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/80>, abgerufen am 21.12.2024.