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Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

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das Gute und Böse zu erkennen überh.
126.

Daraus wird aber leicht zu begreiffen
seyn die doppelte Art des Bösen/ deren eines
dem nothwendigen
Guten entgegen gesetzet
wird/ als Kranckheit/ Unwissenheit/ Jrr-
thum
und Laster; das andere aber ist nicht so
wohl böse als indifferent, weil das ihm entgegen
getzte Gut nicht nothwendig ist/ als Beraubung
oder Mangel der Freyheit/ der Ehre und des
Reichthums/
worzu wir auch die Unwissen-
heit
des decori rechnen.

127.

Und zwar so habe ich in dieser Einthei-
lung auff die natürliche Gleichheit des mensch-
lichen Wesens mein Absehen gerichtet/ wenn
man aber auff die durch die Bürgerliche Gesell-
schafft eingeführte Ungleichheit reflectiret/ so ist
nicht zu läugnen/ wie wir auch allbereit oben er-
wehnet/ daß das decorum unter die nothwen-
digen Güter
gerechnet werden müsse/ so ferne
ohne dieselbige kein Mensche in der Bürgerli-
chen Gesellschafft sich empor heben kan/ in wel-
ther Betrachtung aber auch die Freyheit/ Ehre
und Reichthum unter die nothwendigen Güter
gerechnet werden müssen. Solcher gestalt kön-
te man/ damit man diese beyderley Benennun-
gen nicht vermische/ sagen/ die nothwendigen
Güter
seyn/ entweder solche in Ansehung des
menschlichen Wesens/ (necessaria absolute) oder
in Betrachtung der menschlichen Gesellschafft/
in der wir leben/ und die nicht so vollkommen ist/

wie
das Gute und Boͤſe zu erkennen uͤberh.
126.

Daraus wird aber leicht zu begreiffen
ſeyn die doppelte Art des Boͤſen/ deren eines
dem nothwendigen
Guten entgegen geſetzet
wird/ als Kranckheit/ Unwiſſenheit/ Jrr-
thum
und Laſter; das andere aber iſt nicht ſo
wohl boͤſe als indifferent, weil das ihm entgegen
getzte Gut nicht nothwendig iſt/ als Beraubung
oder Mangel der Freyheit/ der Ehre und des
Reichthums/
worzu wir auch die Unwiſſen-
heit
des decori rechnen.

127.

Und zwar ſo habe ich in dieſer Einthei-
lung auff die natuͤrliche Gleichheit des menſch-
lichen Weſens mein Abſehen gerichtet/ wenn
man aber auff die durch die Buͤrgerliche Geſell-
ſchafft eingefuͤhrte Ungleichheit reflectiret/ ſo iſt
nicht zu laͤugnen/ wie wir auch allbereit oben er-
wehnet/ daß das decorum unter die nothwen-
digen Guͤter
gerechnet werden muͤſſe/ ſo ferne
ohne dieſelbige kein Menſche in der Buͤrgerli-
chen Geſellſchafft ſich empor heben kan/ in wel-
ther Betrachtung aber auch die Freyheit/ Ehre
und Reichthum unter die nothwendigen Guͤter
gerechnet werden muͤſſen. Solcher geſtalt koͤn-
te man/ damit man dieſe beyderley Benennun-
gen nicht vermiſche/ ſagen/ die nothwendigen
Guͤter
ſeyn/ entweder ſolche in Anſehung des
menſchlichen Weſens/ (neceſſaria abſolutè) oder
in Betrachtung der menſchlichen Geſellſchafft/
in der wir leben/ und die nicht ſo vollkommen iſt/

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[47/0079] das Gute und Boͤſe zu erkennen uͤberh. 126. Daraus wird aber leicht zu begreiffen ſeyn die doppelte Art des Boͤſen/ deren eines dem nothwendigen Guten entgegen geſetzet wird/ als Kranckheit/ Unwiſſenheit/ Jrr- thum und Laſter; das andere aber iſt nicht ſo wohl boͤſe als indifferent, weil das ihm entgegen getzte Gut nicht nothwendig iſt/ als Beraubung oder Mangel der Freyheit/ der Ehre und des Reichthums/ worzu wir auch die Unwiſſen- heitdes decori rechnen. 127. Und zwar ſo habe ich in dieſer Einthei- lung auff die natuͤrliche Gleichheit des menſch- lichen Weſens mein Abſehen gerichtet/ wenn man aber auff die durch die Buͤrgerliche Geſell- ſchafft eingefuͤhrte Ungleichheit reflectiret/ ſo iſt nicht zu laͤugnen/ wie wir auch allbereit oben er- wehnet/ daß das decorum unter die nothwen- digen Guͤter gerechnet werden muͤſſe/ ſo ferne ohne dieſelbige kein Menſche in der Buͤrgerli- chen Geſellſchafft ſich empor heben kan/ in wel- ther Betrachtung aber auch die Freyheit/ Ehre und Reichthum unter die nothwendigen Guͤter gerechnet werden muͤſſen. Solcher geſtalt koͤn- te man/ damit man dieſe beyderley Benennun- gen nicht vermiſche/ ſagen/ die nothwendigen Guͤter ſeyn/ entweder ſolche in Anſehung des menſchlichen Weſens/ (neceſſaria abſolutè) oder in Betrachtung der menſchlichen Geſellſchafft/ in der wir leben/ und die nicht ſo vollkommen iſt/ wie

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Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/79>, abgerufen am 03.12.2024.