Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.das Gute und Böse zu erkennen überh. bildet/ vielfältigen ja unzehligen Verdrießlichkei-ten unterworffen sey. 93. Es krieget aber dieses eintzige Gute unter- 94. Betrachte ich aber das Gute in Ansehen 95. Endlich wenn ich seine Würckung be- 96. Und also ist kein anderer Unterschied un- 97. Woltest du gleich sagen/ daß man sich gegen- C 2
das Gute und Boͤſe zu erkennen uͤberh. bildet/ vielfaͤltigen ja unzehligen Verdrießlichkei-ten unterworffen ſey. 93. Es krieget aber dieſes eintzige Gute unter- 94. Betrachte ich aber das Gute in Anſehen 95. Endlich wenn ich ſeine Wuͤrckung be- 96. Und alſo iſt kein anderer Unterſchied un- 97. Wolteſt du gleich ſagen/ daß man ſich gegen- C 2
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das Gute und Boͤſe zu erkennen uͤberh.
bildet/ vielfaͤltigen ja unzehligen Verdrießlichkei-
ten unterworffen ſey.
93. Es krieget aber dieſes eintzige Gute unter-
ſchiedene Nahmen/ nachdem man es auff unter-
ſchiedene weiſe betrachtet. Wenn man ſeinen
Urſprung anſiehet/ daß es von GOtt herkomme/
und daß es von GOtt oder ſolchen Menſchen/ die
an GOttes Stelle auff dieſer Welt das Regi-
ment fuͤhren/ als eine Richtſchnur des menſchli-
chen Thun und und laſſens vorgeſchrieben ſey/ ſo
heiſt es ein ehrbares Gut/ wiewohl es auch
manchmahl dieſe Benennung erlanget/ wenn es
nicht unehrbar/ oder dieſer Richtſchnur nicht zu
wieder iſt.
94. Betrachte ich aber das Gute in Anſehen
ſeiner ſelbſt und ſeiner Gegenwaͤrtigkeit/ ſo
heiſſet es ein beluſtigendes Gut.
95. Endlich wenn ich ſeine Wuͤrckung be-
trachte/ ſo heiſſet es nutzlich/ nemlich ſo ferne es
ein neues Gute zuwegen bringet/ oder das ge-
genwaͤrtige continuiret.
96. Und alſo iſt kein anderer Unterſchied un-
ter dem nuͤtzlichen und beluſtigenden Guten/
als daß jenes auff zukuͤnfftige Dinge/ dieſes
aber auff gegenwaͤrtige ſein Abſehen hat.
97. Wolteſt du gleich ſagen/ daß man ſich
auch an vergangenen und zukuͤnfftigen Din-
gen beluſtige/ ja daß man mehr Vergnuͤgen an
Betrachtung vergangener und zukuͤnfftiger
Dinge/ wo nicht allemahl doch oͤffters/ als an
gegen-
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Zitationshilfe: | Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/67>, abgerufen am 04.03.2025. |