Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 1. Hauptst. von der Gelahrheit
ist die Tugend und Gelahrheit/ absonderlich aber
(wie wir allbereit in der Ausübung der Vernunfft-
Lehre erwiesen) die Erkäntniß seiner selbst was
gutes/ und hingegentheil das Laster/ die Unwis-
senheit/ und der Jrrthum/ so wohl auch die Ge-
lahrheit/ die man mit Unterlassung der Erkäntniß
seiner selbst in denen andern Geschöpffen sucht/
was böses.

87.

Aus dem/ was wir bisher gesagt/ werden
wir gar deutlich die gemeinen Eintheilungen
des guten verstehen können/ die sonst ziemlich
schwer und dunckel von denen/ die sich derselben
bedienen fürgebracht werden. Jnsgemein sagt
man/ daß dreyerley Güter der Menschen seyn/ die
Güter seiner Seelen/ die Güter des Leibes/ und
die Güter des Glücks.

88.

Die Güter seiner Seelen sind der rechte
Gebrauch des Verstandes und Willens/ nemlich
Weißheit und Tugend. Die Güter des Leibes
sind sein Leben/ seine Sinnlichkeiten und Bewe-
gungs-Krafft/ die Gantzheit seiner äußerlichen und
innerlichen Gliedmassen/ u. die rechte disposition
seines Gehirnes/ weil von derselben die Ver-
nunfft dependiret/ in Ansehen sie durch die altera-
tion
des Leibes und absonderlich des Gehirnes
selber alteriret wird/ und durch die Kranckheit des
Leibes verringert oder turbiret werden kan/ wel-
ches alles zusammen mit einem Worte die Ge-
sundheit des Leibes heist. Die Güter des Glücks
sind Reichthum/ Ehre/ Freyheit und Freunde.

89. Also

Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit
iſt die Tugend und Gelahrheit/ abſonderlich aber
(wie wir allbereit in der Ausuͤbung der Veꝛnunfft-
Lehre erwieſen) die Erkaͤntniß ſeiner ſelbſt was
gutes/ und hingegentheil das Laſter/ die Unwiſ-
ſenheit/ und der Jrrthum/ ſo wohl auch die Ge-
lahrheit/ die man mit Unterlaſſung der Erkaͤntniß
ſeiner ſelbſt in denen andern Geſchoͤpffen ſucht/
was boͤſes.

87.

Aus dem/ was wir bisher geſagt/ werden
wir gar deutlich die gemeinen Eintheilungen
des guten verſtehen koͤnnen/ die ſonſt ziemlich
ſchwer und dunckel von denen/ die ſich derſelben
bedienen fuͤrgebracht werden. Jnsgemein ſagt
man/ daß dreyerley Guͤter der Menſchen ſeyn/ die
Guͤter ſeiner Seelen/ die Guͤter des Leibes/ und
die Guͤter des Gluͤcks.

88.

Die Guͤter ſeiner Seelen ſind der rechte
Gebrauch des Verſtandes und Willens/ nemlich
Weißheit und Tugend. Die Guͤter des Leibes
ſind ſein Leben/ ſeine Sinnlichkeiten und Bewe-
gungs-Krafft/ die Gantzheit ſeiner aͤußerlichen uñ
innerlichen Gliedmaſſen/ u. die rechte diſpoſition
ſeines Gehirnes/ weil von derſelben die Ver-
nunfft dependiret/ in Anſehen ſie durch die altera-
tion
des Leibes und abſonderlich des Gehirnes
ſelber alteriret wird/ und durch die Kranckheit des
Leibes verringert oder turbiret werden kan/ wel-
ches alles zuſammen mit einem Worte die Ge-
ſundheit des Leibes heiſt. Die Güter des Gluͤcks
ſind Reichthum/ Ehre/ Freyheit und Freunde.

89. Alſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0064" n="32"/><fw place="top" type="header">Das 1. Haupt&#x017F;t. von der Gelahrheit</fw><lb/>
i&#x017F;t die Tugend und Gelahrheit/ ab&#x017F;onderlich aber<lb/>
(wie wir allbereit in der Ausu&#x0364;bung der Ve&#xA75B;nunfft-<lb/>
Lehre erwie&#x017F;en) die <hi rendition="#fr">Erka&#x0364;ntniß &#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;t</hi> was<lb/><hi rendition="#fr">gutes/</hi> und hingegentheil das La&#x017F;ter/ die Unwi&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enheit/ und der Jrrthum/ &#x017F;o wohl auch die Ge-<lb/>
lahrheit/ die man mit Unterla&#x017F;&#x017F;ung der Erka&#x0364;ntniß<lb/>
&#x017F;einer &#x017F;elb&#x017F;t in denen andern Ge&#x017F;cho&#x0364;pffen &#x017F;ucht/<lb/>
was bo&#x0364;&#x017F;es.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>87.</head>
          <p>Aus dem/ was wir bisher ge&#x017F;agt/ werden<lb/>
wir gar deutlich die <hi rendition="#fr">gemeinen Eintheilungen</hi><lb/>
des guten ver&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen/ die &#x017F;on&#x017F;t ziemlich<lb/>
&#x017F;chwer und dunckel von denen/ die &#x017F;ich der&#x017F;elben<lb/>
bedienen fu&#x0364;rgebracht werden. Jnsgemein &#x017F;agt<lb/>
man/ daß dreyerley Gu&#x0364;ter der Men&#x017F;chen &#x017F;eyn/ die<lb/>
Gu&#x0364;ter &#x017F;einer <hi rendition="#fr">Seelen/</hi> die Gu&#x0364;ter des <hi rendition="#fr">Leibes/</hi> und<lb/>
die Gu&#x0364;ter des <hi rendition="#fr">Glu&#x0364;cks.</hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>88.</head>
          <p>Die Gu&#x0364;ter &#x017F;einer <hi rendition="#fr">Seelen</hi> &#x017F;ind der rechte<lb/>
Gebrauch des Ver&#x017F;tandes und Willens/ nemlich<lb/>
Weißheit und Tugend. Die Gu&#x0364;ter des <hi rendition="#fr">Leibes</hi><lb/>
&#x017F;ind &#x017F;ein Leben/ &#x017F;eine Sinnlichkeiten und Bewe-<lb/>
gungs-Krafft/ die Gantzheit &#x017F;einer a&#x0364;ußerlichen un&#x0303;<lb/>
innerlichen Gliedma&#x017F;&#x017F;en/ u. die rechte <hi rendition="#aq">di&#x017F;po&#x017F;ition</hi><lb/>
&#x017F;eines Gehirnes/ weil von der&#x017F;elben die Ver-<lb/>
nunfft <hi rendition="#aq">dependi</hi>ret/ in An&#x017F;ehen &#x017F;ie durch die <hi rendition="#aq">altera-<lb/>
tion</hi> des Leibes und ab&#x017F;onderlich des Gehirnes<lb/>
&#x017F;elber <hi rendition="#aq">alteri</hi>ret wird/ und durch die Kranckheit des<lb/>
Leibes verringert oder <hi rendition="#aq">turbi</hi>ret werden kan/ wel-<lb/>
ches alles zu&#x017F;ammen mit einem Worte die Ge-<lb/>
&#x017F;undheit des Leibes hei&#x017F;t. Die Güter des Glu&#x0364;cks<lb/>
&#x017F;ind Reichthum/ Ehre/ Freyheit und Freunde.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">89. Al&#x017F;o</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0064] Das 1. Hauptſt. von der Gelahrheit iſt die Tugend und Gelahrheit/ abſonderlich aber (wie wir allbereit in der Ausuͤbung der Veꝛnunfft- Lehre erwieſen) die Erkaͤntniß ſeiner ſelbſt was gutes/ und hingegentheil das Laſter/ die Unwiſ- ſenheit/ und der Jrrthum/ ſo wohl auch die Ge- lahrheit/ die man mit Unterlaſſung der Erkaͤntniß ſeiner ſelbſt in denen andern Geſchoͤpffen ſucht/ was boͤſes. 87. Aus dem/ was wir bisher geſagt/ werden wir gar deutlich die gemeinen Eintheilungen des guten verſtehen koͤnnen/ die ſonſt ziemlich ſchwer und dunckel von denen/ die ſich derſelben bedienen fuͤrgebracht werden. Jnsgemein ſagt man/ daß dreyerley Guͤter der Menſchen ſeyn/ die Guͤter ſeiner Seelen/ die Guͤter des Leibes/ und die Guͤter des Gluͤcks. 88. Die Guͤter ſeiner Seelen ſind der rechte Gebrauch des Verſtandes und Willens/ nemlich Weißheit und Tugend. Die Guͤter des Leibes ſind ſein Leben/ ſeine Sinnlichkeiten und Bewe- gungs-Krafft/ die Gantzheit ſeiner aͤußerlichen uñ innerlichen Gliedmaſſen/ u. die rechte diſpoſition ſeines Gehirnes/ weil von derſelben die Ver- nunfft dependiret/ in Anſehen ſie durch die altera- tion des Leibes und abſonderlich des Gehirnes ſelber alteriret wird/ und durch die Kranckheit des Leibes verringert oder turbiret werden kan/ wel- ches alles zuſammen mit einem Worte die Ge- ſundheit des Leibes heiſt. Die Güter des Gluͤcks ſind Reichthum/ Ehre/ Freyheit und Freunde. 89. Alſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/64
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/64>, abgerufen am 13.11.2024.