Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

Das 1. Huptst. von der Gelahrheit
sich in diesen Mitteln gründet/ weil der Mensch
dabey niemahls seinen Schaden oder Ubel leiden
kan.

74.

So ferne sie sich aber auff etwas anders
gründet/ ist sie böse/ weil sie nicht dauerhafftig
seyn kan.

75.

Ja wenn der Mensch seine Vernunfft
recht gebrauchet/ wird er auch die Ehrbegierde der
ersten Art mehr für indifferent als für was gu-
tes achten/ weil auch ohne die äußerliche Gleich-
achtung der Vorziehung weder seinem Leben/
noch seinen Sinnligkeiten/ noch dem Gebrauch
seiner Vernunfft etwas abgehet.

76.

Aus der obangeführten Ungleichheit/ der
Stände der Menschen ist ferner die Einführung
des Eigenthums der Güter in dem menschli-
chen Geschlecht entstanden/ daraus ist hernach-
mahls nothwendig eine Ungleichheit des Vermö-
gens erwachsen/ und folglich auch ein Mangel
derselben oder Dürfftigkeit. Diese hat die
Menschen genöthiget das Geld einzuführen/
durch welches man alles/ wessen man bedürfftig
ist/ anschaffen kan. Dannenhero ist die gemeine
Begierde anderen gleich geachtet oder ihnen vor
gezogen zu werden/ ordentlich mit der Be-
gierde uach Gelde oder Reichthum
verge-
sellschafftet.

77.

Diese ist für gut zu achten/ so ferne sie
nach den Regeln der gesunden Vernunfft einge-
richtet ist/ und das erworbene Gut recht gebrau-

chet/

Das 1. Huptſt. von der Gelahrheit
ſich in dieſen Mitteln gruͤndet/ weil der Menſch
dabey niemahls ſeinen Schaden oder Ubel leiden
kan.

74.

So ferne ſie ſich aber auff etwas anders
gruͤndet/ iſt ſie boͤſe/ weil ſie nicht dauerhafftig
ſeyn kan.

75.

Ja wenn der Menſch ſeine Vernunfft
recht gebrauchet/ wird er auch die Ehrbegierde der
erſten Art mehr fuͤr indifferent als fuͤr was gu-
tes achten/ weil auch ohne die aͤußerliche Gleich-
achtung der Vorziehung weder ſeinem Leben/
noch ſeinen Sinnligkeiten/ noch dem Gebrauch
ſeiner Vernunfft etwas abgehet.

76.

Aus der obangefuͤhrten Ungleichheit/ der
Staͤnde der Menſchen iſt ferner die Einfuͤhrung
des Eigenthums der Guͤter in dem menſchli-
chen Geſchlecht entſtanden/ daraus iſt hernach-
mahls nothwendig eine Ungleichheit des Vermoͤ-
gens erwachſen/ und folglich auch ein Mangel
derſelben oder Duͤrfftigkeit. Dieſe hat die
Menſchen genoͤthiget das Geld einzufuͤhren/
durch welches man alles/ weſſen man beduͤrfftig
iſt/ anſchaffen kan. Dannenhero iſt die gemeine
Begierde anderen gleich geachtet oder ihnen vor
gezogen zu werden/ ordentlich mit der Be-
gierde uach Gelde oder Reichthum
verge-
ſellſchafftet.

77.

Dieſe iſt fuͤr gut zu achten/ ſo ferne ſie
nach den Regeln der geſunden Vernunfft einge-
richtet iſt/ und das erworbene Gut recht gebrau-

chet/
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="28"/><fw place="top" type="header">Das 1. Hupt&#x017F;t. von der Gelahrheit</fw><lb/>
&#x017F;ich in die&#x017F;en Mitteln gru&#x0364;ndet/ weil der Men&#x017F;ch<lb/>
dabey niemahls &#x017F;einen Schaden oder Ubel leiden<lb/>
kan.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>74.</head>
          <p>So ferne &#x017F;ie &#x017F;ich aber auff etwas anders<lb/>
gru&#x0364;ndet/ i&#x017F;t &#x017F;ie bo&#x0364;&#x017F;e/ weil &#x017F;ie nicht dauerhafftig<lb/>
&#x017F;eyn kan.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>75.</head>
          <p>Ja wenn der Men&#x017F;ch &#x017F;eine Vernunfft<lb/>
recht gebrauchet/ wird er auch die Ehrbegierde der<lb/>
er&#x017F;ten Art mehr fu&#x0364;r <hi rendition="#aq">indifferent</hi> als fu&#x0364;r was gu-<lb/>
tes achten/ weil auch ohne die a&#x0364;ußerliche Gleich-<lb/>
achtung der Vorziehung weder &#x017F;einem Leben/<lb/>
noch &#x017F;einen Sinnligkeiten/ noch dem Gebrauch<lb/>
&#x017F;einer Vernunfft etwas abgehet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>76.</head>
          <p>Aus der obangefu&#x0364;hrten Ungleichheit/ der<lb/>
Sta&#x0364;nde der Men&#x017F;chen i&#x017F;t ferner die Einfu&#x0364;hrung<lb/>
des <hi rendition="#fr">Eigenthums der Gu&#x0364;ter</hi> in dem men&#x017F;chli-<lb/>
chen Ge&#x017F;chlecht ent&#x017F;tanden/ daraus i&#x017F;t hernach-<lb/>
mahls nothwendig eine Ungleichheit des Vermo&#x0364;-<lb/>
gens erwach&#x017F;en/ und folglich auch ein Mangel<lb/>
der&#x017F;elben oder Du&#x0364;rfftigkeit. Die&#x017F;e hat die<lb/>
Men&#x017F;chen geno&#x0364;thiget das <hi rendition="#fr">Geld</hi> einzufu&#x0364;hren/<lb/>
durch welches man alles/ we&#x017F;&#x017F;en man bedu&#x0364;rfftig<lb/>
i&#x017F;t/ an&#x017F;chaffen kan. Dannenhero i&#x017F;t die gemeine<lb/>
Begierde anderen gleich geachtet oder ihnen vor<lb/>
gezogen zu werden/ ordentlich mit <hi rendition="#fr">der Be-<lb/>
gierde uach Gelde oder Reichthum</hi> verge-<lb/>
&#x017F;ell&#x017F;chafftet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>77.</head>
          <p>Die&#x017F;e i&#x017F;t fu&#x0364;r gut zu achten/ &#x017F;o ferne &#x017F;ie<lb/>
nach den Regeln der ge&#x017F;unden Vernunfft einge-<lb/>
richtet i&#x017F;t/ und das erworbene Gut recht gebrau-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chet/</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0060] Das 1. Huptſt. von der Gelahrheit ſich in dieſen Mitteln gruͤndet/ weil der Menſch dabey niemahls ſeinen Schaden oder Ubel leiden kan. 74. So ferne ſie ſich aber auff etwas anders gruͤndet/ iſt ſie boͤſe/ weil ſie nicht dauerhafftig ſeyn kan. 75. Ja wenn der Menſch ſeine Vernunfft recht gebrauchet/ wird er auch die Ehrbegierde der erſten Art mehr fuͤr indifferent als fuͤr was gu- tes achten/ weil auch ohne die aͤußerliche Gleich- achtung der Vorziehung weder ſeinem Leben/ noch ſeinen Sinnligkeiten/ noch dem Gebrauch ſeiner Vernunfft etwas abgehet. 76. Aus der obangefuͤhrten Ungleichheit/ der Staͤnde der Menſchen iſt ferner die Einfuͤhrung des Eigenthums der Guͤter in dem menſchli- chen Geſchlecht entſtanden/ daraus iſt hernach- mahls nothwendig eine Ungleichheit des Vermoͤ- gens erwachſen/ und folglich auch ein Mangel derſelben oder Duͤrfftigkeit. Dieſe hat die Menſchen genoͤthiget das Geld einzufuͤhren/ durch welches man alles/ weſſen man beduͤrfftig iſt/ anſchaffen kan. Dannenhero iſt die gemeine Begierde anderen gleich geachtet oder ihnen vor gezogen zu werden/ ordentlich mit der Be- gierde uach Gelde oder Reichthum verge- ſellſchafftet. 77. Dieſe iſt fuͤr gut zu achten/ ſo ferne ſie nach den Regeln der geſunden Vernunfft einge- richtet iſt/ und das erworbene Gut recht gebrau- chet/

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/60
Zitationshilfe: Thomasius, Christian: Von der Kunst Vernünfftig und Tugendhafft zu lieben. Halle (Saale), 1692, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thomasius_einleitungsittenlehre_1692/60>, abgerufen am 21.11.2024.